„Unsere Zukunft und
das Schicksal unseres Planeten sind in Gefahr!” Das sagte Papst Benedikt XVI. an diesem
Donnerstag in der politischen Ansprache beim traditionellen Neujahrsempfang für das
Diplomatische Korps. Das Kirchenoberhaupt forderte einen Waffenstillstand im Gazastreifen
und internationale Unterstützung für einen Dialog zwischen Israel und Syrien und für
den Libanon. Die Weltgemeinschaft dürfe sich von der Vielzahl immer wieder aufbrechender
Konflikte – u.a. in Georgien oder zwischen Serben und Kosovaren – nicht entmutigen
lassen, sondern solle ihre Friedens-Bemühungen verdoppeln. Ein Beitrag von Birgit
Pottler:
Vor den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschaftern und weiteren
Diplomaten sagte der Papst: „Zu Beginn dieses Jahres 2009 denke ich mit großer
Verbundenheit an alle, die unter schweren Naturkatastrophen gelitten haben, vor allem
in Vietnam, in Burma, in China und auf den Philippinen, in Mittelamerika, in der Karibik,
in Kolumbien und in Brasilien, oder an alle, die unter blutigen nationalen und regionalen
Konflikten oder unter terroristischen Anschlägen leiden, die Tod und Zerstörung in
Ländern wie Afghanistan, Indien, Pakistan und Algerien gesät habe. Trotz zahlreicher
Bemühungen liegt der ersehnte Frieden noch in weiter Ferne. Angesichts dessen darf
man sich weder entmutigen lassen, noch die Anstrengungen um eine Kultur echten Friedens
vermindern. Vielmehr muss der Einsatz für Sicherheit und Entwicklung verdoppelt werden.“
Mit
Sorge kommentierte der Papst den Hunger in der Welt und forderte eine „effiziente
Strategie“ dagegen. Nur so sei dauerhafter Frieden möglich. Mit Verweis auf die weltweite
Unsicherheit und die Schwierigkeiten durch die Finanz- wie Nahrungsmittelkrise mahnte
Benedikt: „Um Frieden zu schaffen, muss man den Armen wieder Hoffnung geben.
Um den Hunger zu bekämpfen und die regionale Landwirtschaft zu fördern, braucht es
dringend eine effiziente Strategie, zumal es auch in den reichen Ländern immer mehr
Arme gibt. … Für eine gesündere Wirtschaft muss man neues Vertrauen schaffen. Das
gelingt nur mit einer Ethik, die auf der Menschenwürde gründet. Ich weiß, welche Anstrengungen
das kostet, aber es ist keine Utopie! Unsere Zukunft steht heute mehr denn je auf
dem Spiel, ebenso das Schicksal unseres Planeten und seiner Bewohner, an erster Stelle
das der jungen Generationen, die Erben eines maroden Wirtschaftssystems und sozialen
Gefüges sind.“
Kampf gegen die Armut bedeute vor allem, in die Jugend zu
investieren, unterstrich der Papst. Sie müsse zu einem brüderlichen Miteinander angehalten
und in diesem Geist erzogen werden. Der Kirche und ihrem sozialen Engagement komme
hier besondere Bedeutung zu: „In dieser schwierigen Phase der Geschichte der
Menschheit, die von Unsicherheit und Fragen gekennzeichnet ist, erwarten viele, dass
die Kirche mit Mut und Klarheit ihren Auftrag zur Evangelisierung und ihren Beitrag
zur Entwicklung des Menschen erfüllt.“ Weiter verwies der Papst
auf die zunehmende Christenverfolgung in Ländern wie Irak oder Indien. „Die
Diskriminierung und die schweren Anschläge gegen tausende Christen im vergangenen
Jahr zeigen, dass nicht nur die materielle, sondern auch die moralische Armut den
Frieden bedroht.“
Der offensichtlichen Angst vor dem Christentum stellte
Benedikt die These gegenüber, dass die Religionen vielmehr zum Aufbau des Friedens
beitragen könnten. „Das Christentum ist eine Religion der Freiheit und des Friedens,
und es steht im Dienst am Wohl der Menschheit. … Ich rufe zivile Autoritäten und Politiker
dazu auf, all ihre Energie darauf zu verwenden, der Intoleranz und den Schikanen gegen
Christen ein Ende zu setzen, und ihre zerstörten Gotteshäuser und Einrichtungen wieder
herzustellen. Mit allen Mitteln sollen sie sich für den Respekt vor jeder Religion
einsetzen und Formen von Hass und Missachtung unterbinden. Auch in der westlichen
Welt dürfen keine Vorurteile und keine Feindschaft gegen Christen geschürt werden,
nur weil ihre Aussagen zu bestimmten Themen mitunter nicht gefallen.“
Mit
Blick auf den Konflikt im Heiligen Land erneuerte Benedikt XVI. seinen Ruf nach einem
Waffenstillstand, um die Situation für die Zivilbevölkerung erträglich zu machen.
„Einmal mehr“, betonte das Kirchenoberhaupt: „Der militärische Weg ist keine Lösung.
Gewalt, egal von welcher Seite und in welcher Form sie verübt wird, ist scharf zu
verurteilen.“ Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft sei hier entscheidend,
so Benedikt. „Mit dem Ablauf der Legislaturperioden in den kommenden Monaten
ist es sehr wichtig, dass Führungspersonen auf den Plan treten, die fähig sind, den
Friedensprozess entschieden voranzutreiben und ihre Völker zu einer schwierigen, aber
unverzichtbaren Versöhnung führen.“
Neben der internationalen Unterstützung
für einen Dialog zwischen Israel und Syrien und für den Libanon sprach der Papst auch
den Iran an. Auf Verhandlungen bezüglich des Atomprogramms dürfe nicht verzichtet
werden. Es müsse Wege geben, die legitimen Interessen des Landes und der internationalen
Gemeinschaft gleichermaßen zufrieden zu stellen. Eine solche Lösung würde zur Entspannung
der Lage in der Region wie in der Welt beitragen.
Ausführlich ging Benedikt
XVI. auf die Lage in Afrika ein, wohin ihn im März seine nächste Pastoralreise führt.
Er bete für Frieden in Somalia, Sudan, dem Kongo und Simbabwe. Besonderes Augenmerk
richtete der Papst auf die Situation der Kinder und der Flüchtlinge. „Jene,
die auf internationaler wie nationaler Ebene Verantwortung tragen, rufe ich dazu auf,
die notwendigen Maßnahmen zur Lösung der schwelenden Konflikte zu ergreifen und den
Ungerechtigkeiten, die sie hervorgerufen haben, ein Ende zu setzen. … Der Heilige
Stuhl verfolgt den afrikanischen Kontinent mit besonderer Aufmerksamkeit. Er begrüßt,
dass im vergangenen Jahr auch diplomatische Beziehungen zu Botswana aufgebaut werden
konnten.“
Mit Blick auf Lateinamerika lobte der Papst den neuen Grundlagenvertrag
des Vatikans mit Brasilien, der „den Evangelisierungsauftrag der Kirche erleichtern“
werde. Brasilien ist mit 137 Millionen Katholiken das weitaus größte katholische Land
der Welt. „Seine Hirten wissen, dass sie für einen echten Fortschritt der Gesellschaft
die Gewissen erleuchten und Laien dazu heranbilden müssen, sich mit Mut einzumischen
und sich in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen.“ Die Regierungen in Lateinamerika
sollten alles tun, Armut und Ungerechtigkeit und vor allem Drogenhandel und Korruption
zu bekämpfen.
Die Wünsche für das Jahr 2009 stellte das Kirchenoberhaupt auch
vor dem Diplomatischen Korps in das Licht der Weihnachtsbotschaft: „Das Licht
Seiner Liebe erleuchte alle Regierenden und die ganze Menschheit! Es führe uns durch
dieses so eben begonnene Jahr. Allen ein gutes Neues Jahr!”