Wir werden immer älter, doch auch immer ärmer. Das sagen zumindest die Prognosen für
unsere Rente. Auch in einem so reichen Land wie der Schweiz befindet sich das aktuelle
Rentensystem in der Krise: weniger Kinder, mehr alte Pensionäre, ungerechte Verteilung.
Wie kann die Last der Rente gerechter verteilt werden? Darüber hat sich die Katholische
Nationalkommission „Justitia et Pax“ gründlich den Kopf zerbrochen.
Das Schweizer
Modell zur Altersvorsorge gilt eigentlich als Vorzeigemodell. Es beruht auf der Kombination
staatlicher, beruflicher und privater Vorsorge. Doch immer mehr Menschen fallen durch
das Raster, beobachtet „Justitia et Pax“. Was tun? Zunächst einmal will die Schweizer
Nationalkommission die Menschen ermutigen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Zu diesen
gehört in der Schweiz eine garantierte staatliche Minimalrente, die Alters- und Hinterlassenenversicherung
AHV, die für eine menschenwürdige Existenz im Ruhestand sorgen soll. Dazu Schwester
Nadja Bühlmann, Präsidentin von „Justitia et Pax“:
"Wir plädieren insbesondere
dafür, dass die Minimalrente angehoben wird, denn bei uns gilt ja, dass wer zuwenig
Rente hat, eine Ergänzungsleistung bekommt. Das wird sehr oft falsch verstanden, als
ob das ein Almosen oder eine Sozialhilfe sei. Es ist aber ein garantierter Rechtsanspruch,
in der Bundesverfassung festgelegt. Und damit die Leute auch wagen, Ergänzungen zu
beantragen, müsste dieser Rechtsanspruch anders transparent gemacht werden."
Die
Schweiz könnte es ihren Arbeitnehmern auch freistellen, wann sie in Rente gehen möchten,
schlägt „Justitia et Pax“ vor. Denn auch mehr Flexibilität kann mehr Gerechtigkeit
schaffen.
"Wir wollen, dass wer die AHV wirklich benötigt, also auch gesundheitsmäßig
nicht mehr arbeiten kann, der soll unseres Erachtens auch mit 65 in Rente gehen können,
aber wenn jemand dann länger arbeiten möchte, kann er das tun. Also einfach flexibel
in beide Richtungen."
Wer soll das alles bezahlen? Eine Frage, die in jeder
Rentendebatte auftaucht. „Justitia et Pax“ denkt an so tiefgreifende Maßnahmen wie
die Anhebung der Mehrwertsteuer und die Einführung einer Erbschaftssteuer. Dagegen
hört sich ihr dritter Vorschlag fast milde an: Durch die bloße Umverteilung von Mitteln
aus Beiträgen kann mehr Gerechtigkeit im Rentensystem geschaffen werden, betont Schwester
Bühlmann: "Um gerecht diese drei Säulen auch nutzen zu
können, so wie es vielleicht gedacht wäre, schlagen wir jetzt vor -und das ist eben
neu, dass das Rentenalter der zweiten Säule, also der Berufsvorsorge heraufgesetzt
wird. Und zwar heißt das, man würde die Anreize für den Vorruhestand der Besserverdienenden
reduzieren."
Was sich für manche zunächst unpopulär anhören mag, ist durchdacht:
Es sammelt sich Geld an, wenn Berufstätige erst später in Rente gehen und unterdessen
weiter ihre Beiträge einzahlen. Dieses Geld könnte in die Finanzierung der staatlichen
Rentenversicherung fließen und wiederum Bedürftigeren zugute kommen: Gerechtigkeit
durch Umverteilung und Sparen durch flexiblere Gesetze. Auch wenn in der Diskussion
zum Schweizer Rentensystem noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde, sind dies
schon wichtige Eckpunkte.