2009-01-07 12:44:22

Gaza: Chance auf Waffenstillstand


Im Gaza-Konflikt zeichnet sich ein Waffenstillstand ab. Israel will auf einen ägyptischen Friedensplan eingehen. Dieser sieht zunächst eine Waffenruhe und später Gespräche der Konfliktparteien vor. Schon zuvor war das israelische Militär auf die wichtigste Forderung humanitärer Verbände eingegangen: Es hielt eine Feuerpause ein, um Hilfsgüter zu den eingeschlossenen anderthalb Millionen Palästinensern gelangen zu lassen.
Ein Armeesprecher teilte am Mittwoch Mittag mit, Israel unterbreche seine Bombardements für drei Stunden – aus „humanitären Gründen“. Nach Berichten aus dem Gaza-Streifen sind alle Krankenhäuser dort überfüllt; es fehlt an Betten und Medikamenten, und Grundnahrungsmittel werden knapp. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, der innenpolitisch unter starkem Druck durch Islamisten steht, hat eine sofortige befristete Waffenruhe gefordert, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Danach sollten Israel und die Hamas direkte Gespräche aufnehmen. Israel will auf den Vorschlag eingehen; ein Ende der Kämpfe rückt damit anscheinend in Reichweite.
Papst Benedikt hat in den letzten Tagen mehrfach zum Frieden und zu Gesprächen zwischen beiden Konfliktparteien aufgerufen. Die tragischen Ereignisse von Gaza seien ein Ergebnis der bisherigen Dialogverweigerung, so der Papst. Bei seiner Generalaudienz an diesem Mittwoch ging er auf das Thema nicht ein; Beobachter rechnen aber damit, dass er am Donnerstag ausführlich seine Sicht des Gaza-Konflikts darlegen wird. Am Donnerstag empfängt Benedikt Diplomaten, die beim Vatikan akkreditiert sind, in Neujahrs-Audienz.

Benedikts Rufe nach einer Waffenruhe „bedeuten keine Parteinahme für die Hamas oder ein Zurückweichen vor Extremisten“: Darauf weist die Tageszeitung der italienischen Bischofskonferenz hin. Der Papst trete auch für ein Ende des Raketenbeschusses israelischer Städte durch die Hamas ein, so der Leitartikel von „Avvenire“.

„Gaza ähnelt immer mehr einem großen Konzentrationslager.“ Diese drastische Formulierung gebraucht Kardinal Renato Raffaele Martino in einem Internet-Interview. An der Wurzel des Konflikts im Nahen Osten stehe die Tatsache, „dass keiner das Interesse des anderen wahrnimmt, sondern nur sein eigenes“. Der Erzbischof leitet den Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden.

„Die Hamas ist kein Monster, sondern eine Bewegung des Widerstands gegen die israelische Okkupation der palästinensischen Gebiete.“ Das sagt der frühere Sprecher des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Raed Abushalia. Der jetzige palästinensische Pfarrer von Taybeh betont, er wolle keineswegs die Gewalt der Hamas rechtfertigen; doch sei ein Dialog mit ihr überfällig. Taybeh ist der einzige Ort im Westjordanland, in dem auch heute noch fast ausschließlich Christen leben. In den Räumen der Pfarrei ist auch das erste christliche Radio des Heiligen Landes, nämlich das „Holy Land Radio“, untergebracht. Der von Israel und den palästinensischen Behörden genehmigte Sender, der erst an Weihnachten seinen Betrieb aufnahm, wird vor allem von der italienischen Bischofskonferenz finanziert; er übernimmt u.a. das arabische Programm von Radio Vatikan.

Die Bischöfe des Libanon warnen vor einem Übergreifen des Krieges in ihr Land. Das sei aus ihrer Sicht „einer der gefährlichsten Aspekte der derzeitigen Kämpfe von Gaza“, schreiben die maronitsch-katholischen Bischöfe in einem gemeinsamen Statement. Die Libanesen sollten jetzt besonders geeint bleiben, „sonst brennt nicht nur das Haus des Nachbarn, sondern auf einmal das ganze Viertel“.

Mit besonderer Aufmerksamkeit schauen Bischöfe aus Europa und Nordamerika nach Gaza. Sie sind seit zehn Jahren zu einem Verband namens „Holy Land Coordination“ zusammengeschlossen, der die Christen im Heiligen Land unterstützen soll. Eine Bischofsgruppe bricht am Freitag zu einem schon länger geplanten, einwöchigen Besuch nach Israel und in die Palästinensergebiete auf. Die Delegation, zu der auch Bischöfe aus Deutschland und der Schweiz zählen, wird geleitet vom britischen Erzbischof Patrick Kelly. Schwerpunkt ihrer Visite wird Betlehem sein; auch Gespräche mit israelischen und palästinensischen Politikern stehen auf dem Programm.

Die Kinderhilfe Bethlehem bereitet sich auf Hilfe für Kinder im Gaza-Streifen vor. Nach ihrer Einschätzung wird die „herkömmliche Katastrophenhilfe allein“ dort „nicht ausreichen“. Mit einer Soforthilfe in Höhe von 30.000 Euro unterstützt das deutsche katholische Hilfswerk Misereor Krankenhäuser im Gazastreifen. Das Geld dient für Medikamente und Krankenhausbedarf.

(rv 07.01.2008 sk)







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