Im Gaza-Konflikt zeichnet sich ein Waffenstillstand ab. Israel will auf einen ägyptischen
Friedensplan eingehen. Dieser sieht zunächst eine Waffenruhe und später Gespräche
der Konfliktparteien vor. Schon zuvor war das israelische Militär auf die wichtigste
Forderung humanitärer Verbände eingegangen: Es hielt eine Feuerpause ein, um Hilfsgüter
zu den eingeschlossenen anderthalb Millionen Palästinensern gelangen zu lassen. Ein
Armeesprecher teilte am Mittwoch Mittag mit, Israel unterbreche seine Bombardements
für drei Stunden – aus „humanitären Gründen“. Nach Berichten aus dem Gaza-Streifen
sind alle Krankenhäuser dort überfüllt; es fehlt an Betten und Medikamenten, und Grundnahrungsmittel
werden knapp. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, der innenpolitisch unter starkem
Druck durch Islamisten steht, hat eine sofortige befristete Waffenruhe gefordert,
um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Danach sollten Israel und die Hamas
direkte Gespräche aufnehmen. Israel will auf den Vorschlag eingehen; ein Ende der
Kämpfe rückt damit anscheinend in Reichweite. Papst Benedikt hat in den letzten
Tagen mehrfach zum Frieden und zu Gesprächen zwischen beiden Konfliktparteien aufgerufen.
Die tragischen Ereignisse von Gaza seien ein Ergebnis der bisherigen Dialogverweigerung,
so der Papst. Bei seiner Generalaudienz an diesem Mittwoch ging er auf das Thema nicht
ein; Beobachter rechnen aber damit, dass er am Donnerstag ausführlich seine Sicht
des Gaza-Konflikts darlegen wird. Am Donnerstag empfängt Benedikt Diplomaten, die
beim Vatikan akkreditiert sind, in Neujahrs-Audienz.
Benedikts Rufe nach einer
Waffenruhe „bedeuten keine Parteinahme für die Hamas oder ein Zurückweichen vor Extremisten“:
Darauf weist die Tageszeitung der italienischen Bischofskonferenz hin. Der Papst trete
auch für ein Ende des Raketenbeschusses israelischer Städte durch die Hamas ein, so
der Leitartikel von „Avvenire“.
„Gaza ähnelt immer mehr einem großen Konzentrationslager.“
Diese drastische Formulierung gebraucht Kardinal Renato Raffaele Martino in einem
Internet-Interview. An der Wurzel des Konflikts im Nahen Osten stehe die Tatsache,
„dass keiner das Interesse des anderen wahrnimmt, sondern nur sein eigenes“. Der
Erzbischof leitet den Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden.
„Die Hamas
ist kein Monster, sondern eine Bewegung des Widerstands gegen die israelische Okkupation
der palästinensischen Gebiete.“ Das sagt der frühere Sprecher des Lateinischen Patriarchats
von Jerusalem, Raed Abushalia. Der jetzige palästinensische Pfarrer von Taybeh betont,
er wolle keineswegs die Gewalt der Hamas rechtfertigen; doch sei ein Dialog mit ihr
überfällig. Taybeh ist der einzige Ort im Westjordanland, in dem auch heute noch fast
ausschließlich Christen leben. In den Räumen der Pfarrei ist auch das erste christliche
Radio des Heiligen Landes, nämlich das „Holy Land Radio“, untergebracht. Der von Israel
und den palästinensischen Behörden genehmigte Sender, der erst an Weihnachten seinen
Betrieb aufnahm, wird vor allem von der italienischen Bischofskonferenz finanziert;
er übernimmt u.a. das arabische Programm von Radio Vatikan.
Die Bischöfe des
Libanon warnen vor einem Übergreifen des Krieges in ihr Land. Das sei aus ihrer Sicht
„einer der gefährlichsten Aspekte der derzeitigen Kämpfe von Gaza“, schreiben die
maronitsch-katholischen Bischöfe in einem gemeinsamen Statement. Die Libanesen sollten
jetzt besonders geeint bleiben, „sonst brennt nicht nur das Haus des Nachbarn, sondern
auf einmal das ganze Viertel“.
Mit besonderer Aufmerksamkeit schauen Bischöfe
aus Europa und Nordamerika nach Gaza. Sie sind seit zehn Jahren zu einem Verband namens
„Holy Land Coordination“ zusammengeschlossen, der die Christen im Heiligen Land unterstützen
soll. Eine Bischofsgruppe bricht am Freitag zu einem schon länger geplanten, einwöchigen
Besuch nach Israel und in die Palästinensergebiete auf. Die Delegation, zu der auch
Bischöfe aus Deutschland und der Schweiz zählen, wird geleitet vom britischen Erzbischof
Patrick Kelly. Schwerpunkt ihrer Visite wird Betlehem sein; auch Gespräche mit israelischen
und palästinensischen Politikern stehen auf dem Programm.
Die Kinderhilfe Bethlehem
bereitet sich auf Hilfe für Kinder im Gaza-Streifen vor. Nach ihrer Einschätzung wird
die „herkömmliche Katastrophenhilfe allein“ dort „nicht ausreichen“. Mit einer Soforthilfe
in Höhe von 30.000 Euro unterstützt das deutsche katholische Hilfswerk Misereor Krankenhäuser
im Gazastreifen. Das Geld dient für Medikamente und Krankenhausbedarf.