2009-01-05 16:43:30

Gaza: Korrespondentenbericht über „Hexenkessel“


RealAudioMP3 „Krieg und Hass sind keine Lösungen.“ Dieser Appell des Papstes auf sofortiges Ende der Gewalt im Gazastreifen ist zunächst verhallt. Israel treibt seine militärische Offensive am Boden, in der Luft und zu Wasser mit aller Macht voran. Bei den Vereinten Nationen und beim Internationalen Roten Kreuz wachsen angesichts der eskalierenden Kämpfe die Sorgen über die hohe Zahl ziviler Opfer auf Seiten der Palästinenser. Die Lage der Bewohner sei so schlecht wie nie zuvor.
Den Christen im Heiligen Land spricht der Papst mit seinem Aufruf zu „Sofortmaßnahmen“ für ein Ende des Konflikts aus der Seele, bestätigt unsere Korrespondentin Gabi Fröhlich. Wir haben sie in Jerusalem erreicht.
„Die Kirchenführer sind sich einig, und auch die Christen, die ich bisher gehört habe sagen: Diese Gewalt führt zu gar nichts. Das militärische Vorgehen stärkt die Extremisten. Man weiß nicht, was ganz genau damit beabsichtigt ist. Geht es um Wahlkampf, um das Stoppen der Raketen, können diese Raketen überhaupt mit einem militärischen Vorgehen gestoppt werden, denn das ist ja eine minimale Infrastruktur; die ist schnell zerschlagen und schnell wieder aufgebaut. Man stellt sich viele Fragen und ich wüsste noch von niemandem, der nicht sagt, dass der Weg an den Verhandlungstisch der einzige ist, der irgendwie Frieden in dieser Region sichern kann. Die christlichen Führer haben immer gesagt, man muss auch mit der Hamas sprechen, aber mit der wollte ja bisher niemand sprechen.“


Der militärische Flügel der radikalislamischen Hamas erklärte indes, tausende Kämpfer stünden bereit, den israelischen Invasoren entgegenzutreten. Er drohte zudem mit Gegenschlägen auf israelische Zivilpersonen und Einrichtungen in der ganzen Welt. In der ganzen Region wachse die Sorge um die Folgen dieser Militäroffensive, auch für Jerusalem und andere Palästinensergebiete, berichtet Gabi Fröhlich.
 
„Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat sehr an Glaubwürdigkeit verloren, weil er überhaupt keinen Erfolg mit seiner Politik der Kompromissbereitschaft hat. Er ist kompromissbereit, wie jeder es sich nur wünschen kann, und trotzdem geht es den Menschen im Westjordanland nicht besser. Keine Checkpoints sind abgebaut, der Siedlungsbau geht weiter. Man fürchtet, dass sein Einfluss immer weiter sinkt, und wenn er sich jetzt auch von der Hamas distanziert hat und versucht, die Aufregung im Westjordanland zu kontrollieren, weiß man nicht, wie sehr ihm das gelingen wird, wenn ihm nicht jetzt nicht mit seiner Politik der Kompromissbereitschaft deutliche Erfolge gelingen.“

 
Der Gazastreifen ist eine der am dichtesten besiedelten Regionen der Welt. Die Zivilbevölkerung sitzt zwischen allen Fronten, Wohnhäuser stehen im Schatten von Regierungsgebäuden. Allein an diesem Montag waren zum Zeitpunkt dieses Interviews rund ein Dutzend Zivilisten getötet, darunter drei Kinder. Doch die Bewohner des Gazastreifens „Geiseln der Hamas“ zu nennen, erscheint Gabi Fröhlich ein Schritt zu weit. Schließlich habe die Hamas die letzten Wahlen gewonnen und die Übergänge zwischen den politischen Gruppierungen seien fließend.

„Die Hamas kann natürlich auch Kapital daraus schlagen, dass die Zivilisten mitten drin sitzen, das will ich gar nicht bestreiten. Wahrscheinlich versuchen sie das auch gar nicht zu vermeiden. Bilder von blutigen Kindern, die um die Welt gehen, sind natürlich eine sehr schlechte Propaganda für Israel, das wird man bei der Hamas wissen und wahrscheinlich auch ausnutzen. Doch das ist nicht der eigentliche Grund. Der Grund ist, dass eine Bevölkerung von eineinhalb Millionen auf wenigen Quadratkilometern zusammengepfercht ist, rundherum verläuft ein Zaun, niemand kann hinaus, und alle sitzen zusammen in diesem Hexenkessel.“

Mehr von diesem Gespräch mit unserer Korrespondentin, auch über die Auswirkungen auf das Alltagsleben im Heiligen Land, hören Sie heute Abend im Weltkirchenmagazin mit Stefan Kempis.

(rv 05.01.2009 sk/bp)








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