Der Vatikanbotschafter bei der UNO in New York, Erzbischof Celestino Migliore, ruft
die Staatengemeinschaft zu besserer Zusammenarbeit bei der Krisenintervention auf.
Die Vereinten Nationen haben für 2009 das „Internationale Jahr der Versöhnung“ ausgerufen,
um Spaltungen durch religiöse, ethnische, kulturelle und materielle Konflikte zu überwinden.
Den Erklärungen müsse aber auch ein besser koordiniertes Handeln folgen, nimmt Erzbischof
Migliore die UNO beim Wort: „Bei der Entscheidungsfindung müssen Vernunft und
gesunder Menschenverstand dominieren. Das Gleiche gilt für alle, die Regierungsverantwortung
tragen und für die, die Denken und Gewissen der Menschen heute formen. In der Vergangenheit
fehlte es am politischen Willen, zuerst für das Wohl der Bevölkerungen zu arbeiten,
und es fehlte an der Bereitschaft zur internationalen Zusammenarbeit. Ich meine die
dramatischen Situationen wie aktuell im Heiligen Land oder in Simbabwe, in Somalia,
in Darfur und anderswo…“ Um adäquat zu reagieren, müsse jedoch auch der UNO-Apparat
reformiert werden, so Migliore, die Abstimmungs- und Entscheidungsmechanismen am Wohl
aller ausgerichtet werden. „Es muss diese Pattsituation überwunden werden, die
ja auch Papst Benedikt XVI. vergangenes Jahr vor der UNO beklagt hat. Es ist absurd,
dass ein multilateraler Konsens den Entscheidungen einiger weniger untergeordnet wird,
während zeitgleich die Weltgeschehnisse konzertierte Aktionen seitens der internationalen
Gemeinschaft fordern.“ Vor kurzem brachte Frankreich – als EU-Präsidentschaftsland
- bei der UNO einen Vorschlag zur Straffreistellung von Homosexualität ein. Ein Anliegen,
das der Heilige Stuhl grundsätzlich unterstützt – allerdings ging der französische
Text über die Frage der Depenalisierung von Homosexualität hinaus und zielte auf die
juristische Gleichstellung von Verbindungen aller sexuellen Orientierungen, wandte
der Heilige Stuhl ein.
„Es beruhigt mich, dass ich von vielen permanenten
UNO-Repräsentanten Rückendeckung für die Haltung des Heiligen Stuhles bekommen habe.
Sie wird als vernünftig angesehen. Die Meinungsverschiedenheiten zogen sich quer durch
die UNO, wie in der Generalversammlung deutlich wurde: 66 Länder stimmten der Erklärung
der EU zu, 58 stellten sich hinter die von Syrien eingebrachte Gegenerklärung, und
68 enthielten sich der Stimme. Diese Konstellation zeigt, dass man über das Thema
Gleichstellung der Homosexualität noch ausführlich und in Ruhe diskutieren muss, mit
gegenseitigem Respekt und Augenmaß.“
Ein anderes heißes Eisen innerhalb
der UNO ist die Abschaffung der Todesstrafe. Migliore bedauert, dass es hier noch
nicht zu einer Einigung gekommen ist.
„Die Abschaffung der Todesstrafe
wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Humanisierung der globalen Gesellschaft.
Andererseits überrascht der diesbezügliche Streit nicht wirklich. Denn die Gründe,
die normalerweise für die Abschaffung der Todesstrafe vorgebracht werden, sind nicht
solche, die eine rasche und klare Entscheidung begünstigen. Da besteht man einseitig
auf der Unantastbarkeit des Lebens, im speziellen Fall des Todesurteils. Aber gleichzeitig
zögert man oder ist sogar ausdrücklich dagegen, dasselbe Prinzip auf alle Phasen des
Lebens anzuwenden. Da geht es für die einen um das Recht, geboren zu werden, für andere
um das Recht zu überleben.“