Papst: "Die geduldige Revolution des Christentums"
Das Christentum ist
zu einer „friedlichen Revolution“ fähig, die allerdings sehr langsam vonstatten geht,
weil die Verantwortung im Gewissen der Menschen wachsen muss. Das sagte Papst Benedikt
XVI. bei der der Neujahrsmesse im Petersdom an diesem Donnerstag. Er mahnte dazu,
die Weltwirtschaftskrise zu einer grundlegenden, auch ökologischen und moralisch-kulturellen
Neuerung zu nutzen und die Gewalt im Gazastreifen zu beenden.
In festlich
weißem Messgewand mit goldbestickter Mitra zog Benedikt XVI. in den vollbesetzten
Petersdom ein, um den ersten Gottesdienst des neuen Jahres zu zelebrieren. „Wegen
des Reichtums und der Schönheit des doppelten Anlasses“ sei die Neujahrsmesse immer
besonders anrührend, sagte der Papst: Das bürgerliche Neujahrsfest falle zusammen
mit dem Oktavtag von Weihnachten, an dem wir die Gottesmutterschaft Marias feiern.
Die Kirche begeht den 1. Januar als Weltfriedenstag. Papst Benedikt:
„Um
auf dem Weg des Friedens zu gehen, müssen die Menschen und Völker vom Antlitz Gottes
erleuchtet sein und von seinem Namen gesegnet. Genau dies geschah auf endgültige Weise
in der Menschwerdung.“
Die irdische Geschichte Jesu habe tatsächlich den
Anstoß zu einer neuen Menschheit gegeben, die mit der Gnade Christi fähig ist zu einer
langsamen, friedlichen „Revolution“: „Es ist keine ideologische, sondern eine
geistliche Revolution, keine utopische, sondern eine echte. Dazu braucht es unendliche
Geduld, das dauert bisweilen sehr lange. Jede Abkürzung ist zu vermeiden, man muss
den schwierigsten Weg gehen: die Verantwortung muss im Gewissen der Menschen wachsen.“ In
diesem Jahr steht der Weltfriedenstag unter dem Motto: „Die Armut bekämpfen, den Frieden
schaffen“. Aus kirchlicher Sicht knüpften hier zwei Betrachtungsweisen des Themas
an, so der Papst. Einerseits habe Jesus die Armut gewählt, andererseits sei die Armut
zu bekämpfen, um die Welt gerechter und solidarischer zu machen. Die Staaten müssten
jederzeit auf der Hut sein und jeder Konfliktgefahr wachsam begegnen.
„Die
derzeitige Weltwirtschaftskrise muss in diesem Sinn als Bewährungsprobe betrachtet
werden: Sind wir bereit, sie in ihrer Gesamtheit als Herausforderung für die Zukunft
zu sehen und nicht nur als Notstand, für den es kurzatmige Antworten braucht? Wollen
wir gemeinsam das herrschende Entwicklungssystem grundlegend erneuern, um es konzentriert
und langfristig zu korrigieren? Das fordern – noch mehr als die unmittelbaren finanziellen
Schwierigkeiten – der ökologische Zustand unseres Planeten und vor allem die kulturelle
und moralische Krise, deren Symptome seit langem in allen Teilen der Welt sichtbar
sind.“ Auch auf die Gewalt im Nahen Osten ging der Papst in der Predigt zum
Neujahrstag ein.
„Im Herzen der großen Mehrheit der israelischen und palästinensischen
Bevölkerung herrsche das tiefe Bedürfnis nach einem Leben in Frieden. Auch Gewalt,
Hass und Misstrauen sind Formen der Armut, vielleicht die fürchterlichsten, die es
zu bekämpfen gilt. Sie dürfen nicht die Oberhand gewinnen!“