„Gewalt bringt immer
nur neue Gewalt hervor“. Das sagt der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal,
mit Blick auf die israelische Offensive im Gazastreifen. Im Gespräch mit unserer Korrespondentin
Gabi Fröhlich forderte der Kirchenführer ein Ende der Bombardements und den Versuch,
Friedensgespräche aufzunehmen.
„Es stimmt vielleicht, dass die Verhandlungen
bisher nicht zu einer Lösung des Konflikts geführt haben – aber auch die Gewalt hat
nichts bewirkt. Da scheinen mir die Gespräche doch die sinnvollere Lösung zu sein.
Was wir allerdings unbedingt brauchen, ist der feste Wille, das Problem zu lösen.
Ohne echten politischen Willen wird aus den Verhandlungen reines Geschwätz mit leeren
Versprechungen.“ Im Gaza-Streifen leben unter 1,5 Millionen Muslimen etwa
3.000 Christen – eingesperrt in dem blockierten Küstenstreifen wie alle, und den Bomben
ausgesetzt.
„Die Christen sind ein integraler Bestandteil der Bevölkerung
Gazas, es gibt dort kein christliches Ghetto. Und die Bomben unterscheiden nicht zwischen
Muslimen und Christen. Auch wenn Israel sagt, dass nur genau definierte Ziele angegriffen
werden, so kann ich das nicht wirklich erkennen – es sind viele getötet worden, die
völlig unschuldig sind und mit Hamas nichts zu tun haben.“ Beim Weihnachtsempfang
des israelischen Präsidenten Shimon Peres am Montag konnte Erzbischof Twal mit vielen
Regierungsvertretern sprechen und seine Kritik an der Bombenoffensive äußern. Der
Lateinische Patriarch hofft auf ein stärkeres Engagement der Weltgemeinschaft für
einen Frieden in Nahost.
„Die internationale Staatengemeinschaft muss mehr
Druck ausüben, damit es zu einer gerechten Lösung für alle kommt. Wir brauchen kein
Mitleid - wir brauchen mutige Entscheidungen und Taten, die unsere Situation wirklich
verändern können.“ Zu Weihnachten hatte Twal einen Besuch des Papstes im Heiligen
Land für den kommenden Mai angekündigt. Jetzt hofft er, dass die Bomben auf Gaza nicht
das Aus für diesen Reiseplan bedeuten.
„Zunächst hoffen wir natürlich, dass
diese Situation bald beendet ist. Aber vielleicht brauchen wir gerade jetzt seinen
Besuch mehr denn je: Der Heilige Vater ist eine unparteiische, ruhige Stimme, die
zu allen Konfliktparteien sprechen kann, über Versöhnung, Vergebung und wahren Frieden
– und gerade solch eine Stimme brauchen wir jetzt. Ich glaube dass die katholische
Kirche im Moment die einzige moralische Instanz ist, die genügend Vertrauen genießt,
um mit allen Seiten sprechen zu können; die für das Wohl aller ist ohne gegen irgendjemanden
zu sein, ohne zu verurteilen.“ Auch im Vatikan selbst gibt es keine Signale,
dass der Traum von einer möglichen Papstreise ins Heilige Land nächstes Jahr wegen
der Gaza-Offensive geplatzt wäre. Das gibt Kardinal Walter Kasper zu erkennen, der
den vatikanischen Ökumene-Rat leitet und auch für das Gespräch mit dem Judentum zuständig
ist. Eine Papstreise ins Heilige Land „könnte entscheidend sein, um Missverständnisse
und Unverständnis in unseren Beziehungen zum Judentum zu überwinden“. Das sagte Kasper
im Gespräch mit der Vatikanzeitung „L`Osservatore Romano“. Der Text wurde an diesem
Mittwoch veröffentlicht. Kardinal Kasper erinnert daran, dass es in den letzten Monaten
in den katholisch-jüdischen Beziehungen „nicht an Problemen gefehlt“ habe. Dabei ging
es um eine Karfreitagsfürbitte und um eine mögliche Seligsprechung von Papst Pius
XII. Zum letzten Punkt meinte Kasper wörtlich: „Die jüdische Welt hat verstanden
und akzeptiert, dass Pius` Seligsprechung ein innerer Vorgang der katholischen Kirche
wäre.“ Er hoffe darauf, dass die historische Forschung „noch mehr Klarheit über Pius`
Hilfe für Juden“ während der Jahre des Holocaust schaffen werde.