Neue ökumenische Impulse
sind gefragt: Vierzig Jahre nach Aufnahme des offiziellen Dialogs mit den getrennten
Kirchen der Reformation und den Ostkirchen stehe die Ökumene vor einer „dringend notwendigen
Neubesinnung“. Das meint der Salzburger Kirchenhistoriker und Bibelwissenschaftler
Dietmar Winkler im Gespräch mit der österreichischen Nachrichtenagentur „Kathpress“.
Winkler war vergangene Woche in Rom, um an der Vollversammlung des Einheitsrats teilzunehmen.
Diese „Neubesinnung“ müsse sowohl das Ziel des Dialogs als auch die bereits erreichten
Resultate in strittigen Fragen in den Blick nehmen, so Winkler.
„Die Gespräche
im Vatikan widmeten sich sehr ernsthaft der Frage der Zukunft des ökumenischen Dialogs.
Dabei wurde festgehalten, dass es einer gründlichen Aufarbeitung und einer Ertragssicherung
des Standes des ökumenischen Dialogs bedarf. Seit seinem offiziellen Beginn nach dem
Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) hat sich der ökumenische Dialog zwischen
der katholischen Kirche und den Kirchen der Reformation wie auch mit den Ostkirchen
sehr stark verändert.“
Insbesondere die Verbreitung neuer charismatischer
Bewegungen und kirchlicher Splittergruppen erschwere den Dialog, so Winkler.
„Es
sind mittlerweile ethische und anthropologische Fragestellungen in den Blick des Dialogs
geraten, die bei der Grundausrichtung des bisherigen Dialogs und in den bisherigen
offiziellen Dokumenten kaum eine Rolle gespielt haben. Heute weiß kaum mehr ein jüngerer
Teilnehmer der ökumenischen Dialoge um den Schatz an Ergebnissen und Materialien,
der in den vergangenen vierzig Jahren zusammengetragen wurde. Ein weiteres Hemmnis
im ökumenischen Dialog ist das Aufkommen eines konfessionellen Neokonservativismus.
So treffe ich innerhalb der Kirchen immer wieder auf Theologen wie auf Bischöfe, die
die Betonung der eigenen Konfessionalität dem Bestreben nach ökumenischer Einheit
entgegensetzen. Ökumene erscheint in ihren Augen als diffuse Verwässerung der eigenen
Identität.“
Konkret habe man bei der Vollversammlung laut Winkler die Arbeit
an einem Studienpapier fortgesetzt, das den erreichten Stand der Ökumene und die Ziele
des zukünftigen Dialogs festhalten soll. Das Papier gliedere sich bislang in vier
Hauptkapitel zur Christologie und Trinitätslehre, zur Rechtfertigung, zur Ekklesiologie
sowie zur Frage der Sakramententheologie. – An der Vollversammlung, die unter dem
Motto „Rezeption und Zukunft des Ökumenischen Dialogs“ stand und der der deutsche
Kurienkardinal Walter Kasper als Präsident des Einheitsrates vorstand, nahmen 15 Kardinäle,
10 Erzbischöfe und 15 Bischöfe aus aller Welt teil. Aus dem deutschsprachigen Raum
nahm neben Kardinal Kasper der Schweizer Bischof Kurt Koch teil. Kardinal Karl Lehmann
war aus Krankheitsgründen verhindert.