Benedikt XVI. hat
die vor 60 Jahren verabschiedete „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ gewürdigt.
Bei einem Auftritt im Vatikan forderte er am Mittwoch Abend eindringlich eine bessere
Umsetzung des historischen Textes. „Die Würde jedes Menschen ist wahrhaft nur dann
garantiert, wenn all seine Grundrechte anerkannt, geschützt und gefördert werden“,
so Benedikt.
Festakt im Vatikan: Mit einem Symposium und einem Konzert erinnerte
der Heilige Stuhl an die Menschenrechts-Konvention. Ein „Meilenstein“ sei die Erklärung
gewesen, meinte Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone auf dem Symposium. Ein Meilenstein
und eine Premiere war es für den Vatikan übrigens auch, dass am Abend – beim Konzert
mit dem Papst – erstmals eine Frau am Dirigentenpult stand.
Die Kirche sehe
in der Menschenrechts-Erklärung ein Zeichen der Zeit, so Bertone. Allerdings wurden
auf dem Symposium auch einige kritische Zwischentöne zu dem Text laut. Ein Pius IX.,
Papst des 19. Jahrhunderts, hatte dereinst noch die Idee von Menschenrechten verurteilt;
Johannes XXIII. erkannte sie 1963 dann an, sprach allerdings dabei von einigen „Vorbehalten“.
An der Veranstaltung in der Vatikanischen Audienzhalle nahmen die Kurienspitzen und
das Diplomatische Corps sowie mehrere tausend Gäste teil. Kardinal Renato Raffaele
Martino, der „Friedensminister“ des Vatikans, rühmte die „lange menschenrechtliche
Tradition“ der Kirche. Und er übergab dem langjährigen Chef des Roten Kreuzes, Cornelio
Sommaruga, einen neugeschaffenen Preis, benannt nach dem verstorbenen Kardinal Van
Thuan – Auszeichnung für Verdienste auf sozialem Gebiet. Die Medaille ging auch an
einige sozial engagierte Projekte, etwa für die Integration von Roma-Kindern in Rom.
Am
Abend dann das Konzert des Brandenburgischen Staatsorchesters unter der spanischen
Dirigentin Inma Shara. Nicht nur der Papst, sondern auch Italiens Präsident Giorgio
Napolitano hörten zu, wie die aus Frankfurt/Oder stammenden Musiker Mendelssohn, Mozart
oder Manuel de Falla aufführten.
„Vor sechzig Jahren hat die Generalversammlung
der UNO die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Noch heute ist
sie ein wichtiger Bezugspunkt für den interkulturellen Dialog über Freiheit und Menschenrechte“,
so der Papst. „Die Kirche betont immer schon, dass die grundlegenden Rechte weltweite
Gültigkeit haben, weil sie in die Natur des Menschen selbst eingeschrieben sind.“
Das
Jubiläum sei ein guter Anlaß, um einmal „zu überprüfen, inwieweit die Ideale von 1948
in den einzelnen nationalen Gesetzgebungen und im Bewußtsein der Einzelnen oder Gruppen
verankert sind“.
„Zweifellos ist da ein langer Weg zurückgelegt worden, aber
es bleibt noch viel zu tun: Millionen von Menschen erleben täglich Bedrohungen ihres
Lebens, ihrer Freiheit, ihrer Sicherheit, und neue Barrieren werden errichtet, was
Rasse, Religion oder politische Meinungen betrifft. Darum sollte das gemeinsame Bemühen
um die Förderung und bessere Definition der Menschenrechte nicht abreißen.“
Auf
Streitpunkte zwischen UNO und Vatikan zum Thema Menschenrechte ging Benedikt in seiner
kurzen Ansprache nicht direkt ein. Dennoch hatten seine Worte an diesem Donnnerstag
ein großes Echo in der italienischen Presse: „Vatikan fordert UNO heraus“, titelt
„La Stampa“. Unter Verweis auf ein paar kritische Sätze von Kardinal Bertone am Nachmittag
spricht das Blatt von einem „J`accuse“, von einem neuen „Zusammenstoß zwischen Heiligem
Stuhl und UNO über Homo-Ehen, Abtreibungs-Gesetzgebung, Adoptionsrecht und Verhütungskampagnen
in der Dritten Welt.“ Die „Repubblica“ spricht von einem „Verweis“, den der Papst
den Vereinten Nationen erteile. Benedikt habe an die naturrechtliche Basis der Menschenrechte
erinnert; wo diese Basis geleugnet werde, würden die Rechte brüchig. „Die Mozart-Noten
können das Echo der Polemik aus den letzten Tagen nicht übertönen“, urteilt „Il Messaggero“.