2008-12-09 10:01:48

Die Krawatten-Krippe und die Mamma des Kardinals


RealAudioMP3 Alle Jahre wieder… gibt es eine große Krippenausstellung in Rom. Cento presepi – hundert Krippen, in einem Annex der Marienkirche an der Piazza del Popolo. In Italien gibt es eigentlich zwei Krippenstädte: Greccio in der Toskana, wo der hl. Franz von Assisi 1223 den Stall von Betlehem mit lebenden Figuren nachzeichnete. Und Neapel, wo die Krippenschnitzer arbeiten, die alljährlich neue Figuren, dieses Jahr zum Beispiel Barack Obama, zur traditionellen „presepe“, also Krippe, hinzufügen. Aber Rom hat immerhin jedes Jahr seit 33 Jahren eine Krippenausstellung, unter der Schirmherrschaft der italienischen Bischöfe. Diesmal: 160 Krippen, davon fast fünfzig aus dem Ausland. Mariacarla Menaglia ist die Kuratorin der Ausstellung:
„Wir haben diesmal neben den traditionellen Krippen auch eine Krawatten-Krippe, eine Maler-Krippe, die Krippe in einer Pistazienschale oder eine Krippe aus Schnüren... Dahinter steckt unglaublich viel Phantasie. Für mich sind das alles Künstler, die diese Krippen gebastelt haben – sie haben es mit dem Herzen getan, wie Kinder.“
Krippen rücken allmählich aus der Nostalgikerecke heraus und erweisen sich als eingängige Botschaft in der jetzt herrschenden Ära des Bildes. Ein Comeback der Krippe? Naja.
„Ich finde absolut nicht, dass diese Tradition jemals schwächer geworden wäre. Absolut nicht. Denn die Kinder zwingen ja fast ihre Eltern, da was zu machen. Die Kinder bestehen auf den Krippen, und die Eltern bauen sie dann.“
Die römische Ausstellung zeigt Betlehemer Stallszenen, die am Amazonas kreiert wurden, im Senegal oder in Ungarn. Eindringlich sind vor allem die Krippen aus Krisengebieten: Die irakische Krippe wurde u.a. aus Plexiglas gebastelt. Ach ja – und dann gibt`s da noch die Johannes-Paul-II.-Krippe, gestaltet von der italienischen Künstlerin Annamaria Ferrari:
„Da wird Jesus auf einer Piazza geboren, denn dort hat Johannes Paul II. immer die Jugendlichen der Welt zusammengerufen. Ich habe zwölf Jugendliche in die Szenerie eingepaßt, wie zwölf Apostel. Sie laden die Leute ein, keine Angst zu haben und näherzukommen, weil Jesus geboren wird.“
Seit Jahren stellt auch die Stiftung Villa Maraini, die sich um Drogenabhängige kümmert, eine Krippe für die Schau an der Piazza del Popolo. Die 2008-Krippe ist inspiriert von der Landung von Bootsflüchtlingen aus Afrika an der italienischen Küste. Gebastelt haben sie junge Leute, die versuchen, von den Drogen loszukommen. Stiftungspräsident Massimo Barra erklärt:
„Das war für alle die Gelegenheit, mal ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen. Den Tag einzuteilen, sich zu treffen, zusammenzuarbeiten, zu diskutieren. All das führt weg vom Drogenmißbrauch.“
Eine typisch italienische Geschichte ist das, etwas sentimental, mit einem Touch von „Cinema Paradiso“. Wenn etwa Kardinal Giovanni Coppa, der als einer der ersten durch die Ausstellung lief, von früher erzählt:
 “Meine Mamma hat mich gelehrt ,die Krippen zu lieben. Das war das erste überhaupt, was ich als Kind gelernt habe: Jesus ist geboren! Meine Mutter zeigte uns den Hirten; sie legte eine Feder in die Krippe und sagte dann: Das hier ist Gelindo, der bringt dem Jesuskind einen Fasan! Diese Krippe werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Wahrscheinlich kommt auch meine Berufung zum Priester von damals, als ich auf die Krippe guckte...“
Nordlichter sehen solche Krippen mit etwas anderen Augen, stören sich vielleicht auch mal an einer Überdosis Kitsch. Aber wie auch immer – sie gehört mittlerweile zu Rom, die Krippenausstellung in der Nähe des Goethehauses, zu Füßen des Pincio. Kardinal Coppa:
„Retten wir die Krippe! Denn sie ist eine Quelle der Liebe in der Familie und legt einen Samen in die Kinderherzen. Wir können nicht voraussagen, wie er sich entwickelt, aber er ist da...“
(rv 09.12.2008 sk)







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