Alle Jahre wieder…
gibt es eine große Krippenausstellung in Rom. Cento presepi – hundert Krippen, in
einem Annex der Marienkirche an der Piazza del Popolo. In Italien gibt es eigentlich
zwei Krippenstädte: Greccio in der Toskana, wo der hl. Franz von Assisi 1223 den Stall
von Betlehem mit lebenden Figuren nachzeichnete. Und Neapel, wo die Krippenschnitzer
arbeiten, die alljährlich neue Figuren, dieses Jahr zum Beispiel Barack Obama, zur
traditionellen „presepe“, also Krippe, hinzufügen. Aber Rom hat immerhin jedes Jahr
seit 33 Jahren eine Krippenausstellung, unter der Schirmherrschaft der italienischen
Bischöfe. Diesmal: 160 Krippen, davon fast fünfzig aus dem Ausland. Mariacarla Menaglia
ist die Kuratorin der Ausstellung: „Wir haben diesmal neben den traditionellen
Krippen auch eine Krawatten-Krippe, eine Maler-Krippe, die Krippe in einer Pistazienschale
oder eine Krippe aus Schnüren... Dahinter steckt unglaublich viel Phantasie. Für mich
sind das alles Künstler, die diese Krippen gebastelt haben – sie haben es mit dem
Herzen getan, wie Kinder.“ Krippen rücken allmählich aus der Nostalgikerecke
heraus und erweisen sich als eingängige Botschaft in der jetzt herrschenden Ära des
Bildes. Ein Comeback der Krippe? Naja. „Ich finde absolut nicht, dass diese
Tradition jemals schwächer geworden wäre. Absolut nicht. Denn die Kinder zwingen ja
fast ihre Eltern, da was zu machen. Die Kinder bestehen auf den Krippen, und die Eltern
bauen sie dann.“ Die römische Ausstellung zeigt Betlehemer Stallszenen, die
am Amazonas kreiert wurden, im Senegal oder in Ungarn. Eindringlich sind vor allem
die Krippen aus Krisengebieten: Die irakische Krippe wurde u.a. aus Plexiglas gebastelt.
Ach ja – und dann gibt`s da noch die Johannes-Paul-II.-Krippe, gestaltet von der italienischen
Künstlerin Annamaria Ferrari: „Da wird Jesus auf einer Piazza geboren, denn
dort hat Johannes Paul II. immer die Jugendlichen der Welt zusammengerufen. Ich habe
zwölf Jugendliche in die Szenerie eingepaßt, wie zwölf Apostel. Sie laden die Leute
ein, keine Angst zu haben und näherzukommen, weil Jesus geboren wird.“ Seit
Jahren stellt auch die Stiftung Villa Maraini, die sich um Drogenabhängige kümmert,
eine Krippe für die Schau an der Piazza del Popolo. Die 2008-Krippe ist inspiriert
von der Landung von Bootsflüchtlingen aus Afrika an der italienischen Küste. Gebastelt
haben sie junge Leute, die versuchen, von den Drogen loszukommen. Stiftungspräsident
Massimo Barra erklärt: „Das war für alle die Gelegenheit, mal ein gemeinsames
Projekt auf die Beine zu stellen. Den Tag einzuteilen, sich zu treffen, zusammenzuarbeiten,
zu diskutieren. All das führt weg vom Drogenmißbrauch.“ Eine typisch italienische
Geschichte ist das, etwas sentimental, mit einem Touch von „Cinema Paradiso“. Wenn
etwa Kardinal Giovanni Coppa, der als einer der ersten durch die Ausstellung lief,
von früher erzählt: “Meine Mamma hat mich gelehrt ,die Krippen zu lieben. Das
war das erste überhaupt, was ich als Kind gelernt habe: Jesus ist geboren! Meine Mutter
zeigte uns den Hirten; sie legte eine Feder in die Krippe und sagte dann: Das hier
ist Gelindo, der bringt dem Jesuskind einen Fasan! Diese Krippe werde ich mein Leben
lang nicht vergessen. Wahrscheinlich kommt auch meine Berufung zum Priester von damals,
als ich auf die Krippe guckte...“ Nordlichter sehen solche Krippen mit etwas
anderen Augen, stören sich vielleicht auch mal an einer Überdosis Kitsch. Aber wie
auch immer – sie gehört mittlerweile zu Rom, die Krippenausstellung in der Nähe des
Goethehauses, zu Füßen des Pincio. Kardinal Coppa: „Retten wir die Krippe!
Denn sie ist eine Quelle der Liebe in der Familie und legt einen Samen in die Kinderherzen.
Wir können nicht voraussagen, wie er sich entwickelt, aber er ist da...“ (rv
09.12.2008 sk)