Russische Fernsehsender
unterbrachen für die Todesmeldung Alexij II. sofort ihr Programm und zeigten Bilder
des Patriarchen. Der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michael Gorbatschow
erklärte, er sei „geschockt“. Alexij Michailowitsch Ridiger - Sproß einer deutschbaltischen
Adelfamilie - wurde am 23. Februar 1929 in der estnischen Hauptstadt Tallinn geboren.
Nach seiner Ausbildung am Priesterseminar in St. Petersburg empfing er 1950 die Priesterweihe.
Von 1961 bis 1986 war er Metropolit von Tallinn und Estland. Anschließend wurde er
Metropolit von St. Petersburg und Nowgorod. Am 7. Juni 1990 wählte ihn ein Landeskonzil
aus sechs Kandidaten mit 166 von 317 Stimmen zum Nachfolger des verstorbenen Patriarchen
Pimen und damit zum 15. Patriarchen von Moskau. Wer war aber Patriarch Alexij II.
eigentlich? Unser Ostkirchen-Fachmann Mario Galgano weiß mehr über ihn.
Alexij
II. stand seit 1990 an der Spitze der zahlenmäßig größten orthodoxen Kirche und hat
ihren Wiederaufbau und ihre Erneuerung nach sieben Jahrzehnten kommunistischer Unterdrückung
eingeleitet. Seine Wahl dürfte seit langem die erste ohne staatliche Einmischung gewesen
sein. Innerkirchlich suchte Alexij eine Balance zwischen reformorientierten Kräften
und Strömungen, die stark konservativ, antiökumenisch und teilweise auch nationalistisch
orientiert sind. Die Neuordnung des Verhältnisses zu Staat und Gesellschaft gestaltete
sich für ihn angesichts der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen
in den neunziger Jahren zunächst schwierig. In den letzten Jahren, besonders nach
dem Amtsantritt von Präsident Wladimir Putin als Staatspräsident, haben sich diese
Beziehungen aber konsolidiert und deutlich verbessert. In den 90er Jahren setzte
sich Alexij II. energisch für eine Abschaffung der diskriminierenden kommunistischen
Religionsgesetze von 1929 ein, die von den französischen Trennungsgesetzen von 1905
inspiriert waren. Schließlich kündigte Gorbatschow das neue „Gesetz über die Gewissensfreiheit“
auf der Basis der damaligen Forderungen Alexijs an. Gespannt blieb dagegen das
Verhältnis zur katholischen Kirche, auch wenn es in jüngster Zeit Annäherungen gab.
Alexij verteidigte den Anspruch der russischen Orthodoxie auf ihr traditionelles „kanonisches
Territorium“ und hielt den Katholiken vor, in Russland zu missionieren und orthodoxe
Gläubige abzuwerben. Ein Treffen des Patriarchen mit Johannes Paul II. und auch mit
Papst Benedikt XVI. kam bis zuletzt nicht zustande.