Das bisherige Bild von Christus muss nicht umgeschrieben werden, eine vermeintliche
„Jesus-Sensation“ ist gar keine. Mit diesen Worten wendet sich Norbert Zimmermann,
der Leiter eines Archäologen-Teams der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,
gegen einen Bericht in einem Wiener Gratisblatt. Zimmermanns Team erforscht seit etwa
drei Jahren die römischen Domitilla-Katakomben. Die aus dem 3. und 4. Jahrhundert
stammenden Fresken des verzweigten Katakomben-Netzes würden Jesus nie als Gekreuzigten,
sondern „nur als fröhlichen Philosophen“ darstellen, hatte das Blatt geschrieben:
„Christus war im 3. Jahrhundert als Vollbringer von Wundern bekannt. Erst später hat
die Kirche das Bild von Christus als Märtyrer geprägt.“ Es stimmt zwar, so Zimmermann,
dass in den frühchristlichen Katakomben Jesus vor allem als Lehrer, guter Hirte bzw.
als wundertätiger Jüngling dargestellt werde. Aber auf dem Fehlen von Kreuzesdarstellungen
ließen sich keine „Verschwörungstheorien“ aufbauen, denn die Darstellung des leidenden
Christus komme erst im 5. Jahrhundert auf – „für die Katakomben zu spät“. In der frühen
Phase der Kirchengeschichte sei es der noch nicht etablierten christlichen Gemeinde
darum gegangen, neue Anhänger vor allem unter den Armen und Unterdrückten zu finden.
Dafür wurde ein „positives Bild von Christus“ gezeichnet, nicht eines, das durch die
Darstellung der in der Antike „schmachvollsten Art der Todesstrafe“ mögliche Bekehrte
verstört hätte. In einer späteren Phase, als das Christentum als Staatsreligion konsolidiert
und „im Glauben gefestigt“ war, kam es nach den Worten Zimmermanns zur theologischen
Ausfaltung und künstlerischen Darstellung des leidenden Christus. Dieser verstärkte
Blick auf das „Menschliche an Gott“ falle aber erst in eine viel spätere Phase.