In der Stadt Jos in
Zentralnigeria sind die Ausschreitungen vom Wochenende einer gespannten Ruhe gewichen.
Aus der Hauptstadt Abuja ist Militär in der Stadt eingetroffen, wo nach einer Kommunalwahl
Anhänger gegnerischer Parteien aufeinander losgegangen waren. Nachts herrscht noch
Ausgangsverbot; die Gewalt hat nach offiziellen Angaben 200, nach anderen Zählungen
an die 400 Todesopfer gefordert. Das Rote Kreuz spricht von mehr als 10.000 Menschen,
die aus Angst noch nicht in ihre Häuser zurückkehren. Die Kirche hat bislang beteuert,
hinter der Gewalt steckten keine religiösen Motive; doch da ist sie sich jetzt nicht
mehr so sicher. Ignatius Ayau Kaigama ist Bischof von Jos. Er sagte uns:
„Wir
können nicht klar sagen, was wirklich zu diesen Zusammenstößen geführt hat. Auf den
ersten Blick war der Auslöser ein politischer, und wir dachten, dass die Krise sich
auch auf die reine Politik beschränken würde. Aber was uns dann zunächst gewundert
und dann schockiert hat, ist, dass da Gruppen gekommen sind, um die Kirchen und das
Eigentum der Kirche zu zerstören. Da haben wir gesagt: Hier geht es ja gar nicht um
Politik, das ist religiöse Gewalt gegen Christen, die geplant und orchestriert worden
ist... doch für diese Gewalt finden wir keine vernünftige Erklärung. Wenn Sie mich
jetzt also fragen, was hinter der Krise steckt, dann sage ich ehrlich: Keine Ahnung.
Ich kann nur sagen, dass aus dem politischen Konflikt unversehens ein Angriff auf
die Kirche geworden ist, der zu dieser Lage geführt hat: einer religiösen Revolte.“
Bei
den Pogromen seien auch Priester und Ordensleute ums Leben gekommen. Kirchen und kirchliche
Gebäude hätten schwere Schäden erlitten. Der nigerianische anglikanische Erzbischof
Peter Akinola sagte einer Londoner Zeitung, die Justiz habe mit Billigung der Regierung
nach ethnischen oder religiösen Zusammenstößen noch nie einen der Täter verurteilt.
Die Kapitulation der Polizei vor religiöser Gewalt habe zu einer Kultur der Straflosigkeit
geführt. Jos ist die Hauptstadt des Bundesstaates Plateau in Zentral-Nigeria und nicht
zum ersten Mal Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen mit ethnischer und religiöser
Färbung. Die Stadt gilt als eine christliche Hochburg; in Nigeria wird schon der Name
der Stadt als Akronym für „Jesus our Saviour“ (Jesus unser Erlöser) gedeutet. Bereits
im Jahr 2001 war es in Jos zu dramatischen Auseinandersetzungen zwischen Christen
und Muslimen gekommen; damals waren rund 1.000 Todesopfer zu beklagen. Der offizielle
Bericht über die Ausschreitungen wurde nie veröffentlicht. Die Kommunalwahlen in Jos
vom Donnerstag waren die ersten seit dem Amtsantritt einer Zivilregierung in Nigeria
im Jahr 1999.