Vatikan: Neuer Garde-Kommandant tritt offiziell an
Das kleinste und älteste
Heer der Welt hat einen neuen Kommandanten: Der 36-jährige Schweizer Jurist Daniel
Anrig tritt an diesem Montag seinen Dienst als 34. Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde
an. Er wird Nachfolger von Elmar Mäder (45), der das gut 500 Jahre alte Korps während
der vergangenen fünf Jahre geführt hatte. Der in Walenstadt im Schweizer Kanton St.
Gallen geborene Anrig hatte zwischen 1992 und 1994 als Hellebardier der vatikanischen
Schutztruppe gedient. Anrig ist mit einer Theologin verheiratet und Vater von vier
Kindern. An diesem Sonntag fand nun die Fahneneinweihe des neuen Kommandanten der
Schweizergarde statt. Damit wird Anrig offiziell zum Heerführer. Vor dem offiziellen
Amtsantritt feierte der vatikanische Innenminister, Erzbischof Fernando Filoni, mit
der Schweizergarde und ihrem neuen Kommandanten einen Gottesdienst in der Kirche des
Campo Santo Teutonico. Unser Schweizer Redakteur Mario Galgano hat mit dem neuen
Kommandanten gesprochen.
Hören und lesen Sie hier das Interview mit Daniel
Anrig Die Schweizergarde gilt zwar als „kleinste Armee der Welt“, doch
das Interesse an ihr ist groß; und die Aufgaben, die sie hat, zeigen, dass es keine
einfache Sache ist, in der Garde zu dienen. Herr Anrig, wie fühlen Sie sich? Sind
Sie nervös?
„Mein jetziges Gefühl würde ich nicht als Nervosität bezeichnen.
Ich konzentriere mich sehr auf meinen neuen Auftrag. Diese Konzentration mischt sich
mit einer großen Motivation und Freude.“ Sie waren bisher Kommandant der Glarner
Kantonspolizei. Nun werden Sie in Rom leben und arbeiten. Wie hat Ihre Familie den
Umzug erlebt?
„Meine Familie wird erst um die Weihnachtszeit hier nach Rom
umziehen. Wir bereiten uns immer noch auf den definitiven Umzug vor. Ich selber wohne
aber bereits hier in der Kaserne und habe mich schon eingerichtet.“ Sie sind
der 34. Kommandant der Schweizergarde. Die Garde gibt es nun bereits seit über 500
Jahren. Welche sind die Herausforderungen in der heutigen Zeit für die Schweizergarde?
„Ich
denke, dass die Schweizergarde ihrem Grundauftrag der Sicherheit treu bleiben muss.
Wir sind ja schon seit über 500 Jahren für diesen Auftrag verantwortlich. Unsere Arbeit
besteht darin, die Sicherheit des Heiligen Vaters zu gewährleisten. Auch möchte ich
meine Erfahrungen als Leiter der Polizei in die Garde einbringen.“ Auf was
werden Sie besonders achten? Haben Sie ein bestimmtes Programm/bestimmte Projekte,
die Sie einbringen möchten?
„Programmatisch sehe ich mich ebenfalls in der
historischen Dimension der Garde, die den Leitspruch hat, „tapfer und treu“ zu dienen.
Das bedeutet, dass wir unseren Dienst auf diese Weise auch erfüllen müssen. Aber auch
treu für den Papst und die Kirche zu dienen.“ Sie treten die Nachfolge von
Elmar Mäder an. Was hat ihr Vorgänger Ihnen anvertraut? Wo steht heute – ihrer Meinung
nach – die Schweizergarde?
„Ich habe den Vatikan seit meiner Ernennung im
August viermal besucht. Ich habe einen guten Eindruck von der aktuellen Lage der Garde.
Bei meinem ersten Besuch habe ich ein langes Gespräch mit Kommandant Mäder geführt.
Er hat mir in aller Offenheit und Sympathie zahlreiche Ideen mit auf den Weg gegeben.“ Der
Vatikan ist bekanntlich klein und übersichtlich. Damit aber alles reibungslos funktioniert,
braucht es eine gute Zusammenarbeit. So gibt es neben der Schweizergarde noch weitere
Institutionen, die für die Sicherheit hinter den vatikanischen Mauern zuständig sind.
Wie sehen Sie die Zusammenarbeit beispielsweise mit der vatikanischen Gendarmerie?
„Für
uns Schweizer ist Zusammenarbeit eine Selbstverständlichkeit. Wir haben ja in der
Eidgenossenschaft ein föderales Polizeisystem, aber auch die Armee ist mit ihrem Milizsystem
vor allem auf Zusammenarbeit ausgerichtet. Deshalb habe ich keine Bedenken, was die
Zusammenarbeit mit anderen Institutionen betrifft. Im Gegenteil, das ist eine Stärke
der Schweizer.“ Sie haben an der Schweizer Universität Freiburg das Lizentiat
beider Rechte (lic. iur. utr.) studiert. Kirche und Theologie sind für Sie sicherlich
keine Fremdwörter. Welchen Bezug haben Sie zur katholischen Kirche?
„Die
Grundvoraussetzung ist – wie immer – in der Kindheit zu suchen. Ich bin in einem katholischen
Umfeld aufgewachsen und katholisch geprägt. Mit 20 Jahren habe ich den Beschluss gefasst,
als Gardist hierher nach Rom zu kommen. Diese Zeit von 1992 bis 1994 hat mich persönlich
sehr stark geprägt. Entscheidend ist jedoch – egal wie alt ich war – dass der Glaube
mich immer durchs Leben geführt hat. Die katholische Kirche ist die Heimat meines
Glaubens.“ Die Schweizergarde hat bekanntlich die Ehre, für die Sicherheit
des Papstes zu sorgen. Was bedeutet das für Sie? Welchen Bezug haben Sie zum Papst
und – im Allgemeinen – zum Papsttum?
„Für die Schweizergarde – und für mich
persönlich auch – ist es in der Tat eine große Ehre, diesen Dienst schon seit über
500 Jahren ausüben zu dürfen. Es ist aber auch eine verantwortungsvolle Verpflichtung.
Diesen Aspekt würde ich sogar in den Vordergrund stellen.“ Was möchten Sie
Ihrer Truppe weitergeben? Gibt es eine Botschaft, die Sie den Gardisten anvertrauen
möchten?
„Das Leben in der Schweizergarde zeigt, dass wir den Dienst in
den Mittelpunkt stellen. Wir helfen unseren Mitmenschen und sind füreinander da. Am
Wochenende kann man sich als Gardist nicht einfach ausklinken. Denn wir sind eine
Lebensgemeinschaft. Jeder Gardist erlebt hier, wenn er offen dafür ist, das Gefühl,
nicht nur ein Individuum zu sein. Er ist ein Teil eines Kollektivs. Ein weiterer Aspekt
ist, dass man hier nicht einfach einem Konsumismus nacheifert. Jeder muss sich hier
persönlich etwas weitergeben.“ Ihr besonderes Anliegen? „Für
mich als Kommandant ist es vor allem wichtig, dass junge Schweizer sehen, wie eine
solche Institution wie die Garde existieren kann. Wer dazu gehören möchte, muss zwar
etwas dafür tun, doch man kann von dieser Erfahrung sehr viel profitieren. Denn wer
im Zentrum der katholischen Kirche dient, erhält sehr viel für seine berufliche und
private Lebensentwicklung. Das ist meine Hauptbotschaft als junger Kommandant, die
ich unbedingt weitergeben möchte. Der Dienst hier im Vatikan bereichert einen mehr
als alles andere.“ Die Päpstliche Schweizergarde kommt ihrer Aufgabe, „ständig
über die Sicherheit des Heiligen Vaters und seiner Residenz zu wachen, die Eingänge
zur Vatikanstadt zu sichern sowie Ehren- und Ordnungsdienste auszuführen“, seit nunmehr
500 Jahren nach. Die 110 Gardisten, die gemeinsam die Kompanie bilden, die den Rang
eines Regiments hat, orientieren sich am Leitwort „acriter et fideliter – tapfer und
treu“. Ihr Dienst ist in den Augen Benedikts XVI. eine „Schule des Lebens“. Bei
der Vereidigung der neuen Rekruten im Mai dieses Jahres bekräftigte der Papst außerdem:
„Eure historischen Uniformen sprechen zu Pilgern und Touristen aus allen Teilen der
Welt über etwas, das sich trotz allem nicht ändert, nämlich über euren Einsatz, Gott
zu dienen, indem ihr dem Diener seiner Diener dient.“