Vatikan-Sprecher Federico
Lombardi SJ bemüht sich, Zweifel am interreligiösen Engagement von Papst Benedikt
XVI. zu zerstreuen. Der Dialog der Religionen sei gerade ein Merkmal dieses Pontifikats,
sagte Jesuitenpater Lombardi der „New York Times“ am Montag. Die Zweifel waren aufgetaucht,
nachdem der „Mondadori“-Verlag eine breite Kampagne für das neue Buch des italienischen
Senators und Philosophieprofessors Marcello Pera gestartet hatte. Das Buch unter dem
Titel „Perche' dobbiamo dirci Cristiani" (Warum wir uns Christen nennen müssen) erscheint
an diesem Dienstag. Auch der Deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl, Hans Henning
Horstmann, betont, dass der interreligiöse Dialog weltweit vertieft werden sollte.
So habe der Papst immer wieder deutlich gemacht, dass es beim interreligiösen Dialog
„nicht lediglich um eine Toleranz gehe, die alles versteht und alles verzeiht“, so
Botschafter Horstmann weiter. Vielmehr sei die ehrliche gegenseitige Offenheit bei
der Beschreibung der eigenen Position eine grundlegende Voraussetzung für die gegenseitige
Achtung. – Der Deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl spricht jeweils einmal monatlich
bei Radio Vatikan über ein aktuelles Thema. Benedikt XVI. hatte in einem einleitenden
Beitrag für einen Band des ehemaligen italienischen Senatspräsidenten und Philosophieprofessors
Marcello Pera geschrieben, ein interreligiöser Dialog „im engen Sinn des Wortes“ sei
nicht möglich, „ohne den eigenen Glauben in Klammern zu setzen“. Auch der Begriff
Multikulturalität besitze eine „innere Widersprüchlichkeit“ und sei politisch wie
kulturell nicht umsetzbar.
(rv 25.11.2008 mg)
Lesen und hören Sie
hier den aktuellen Beitrag von Botschafter Hans Henning Horstmann.
Sehr
verehrte Hörerinnen, sehr verehrte Hörer,
„Die Menschheit ist krank“, so die
Diagnose des Königs von Saudi-Arabien auf einer großen internationalen Konferenz zum
Dialog mit dem Islam, zu der er vor einigen Wochen gemeinsam mit dem König von Spanien
nach Madrid eingeladen hatte. Gemeint war die seit Jahren wachsende Gewalt-Anwendung
im Namen religiöser Überzeugungen. Die Sorge des saudischen Königs war so stark, dass
er im Herbst 2007 sogar nach Rom kam, um mit dem Papst über Religion und Gewalt zu
sprechen. Und dieser Meinungsaustausch fand statt, obwohl es zwischen dem Vatikan
und Saudi-Arabien keine diplomatischen Beziehungen gibt. Der König hat sich darüber
hinweggesetzt, weil einerseits seine Sorge über die Zunahme der Fremdenfeindlichkeit
wegen der Anschläge durch muslimische Fanatiker in den großen westlichen Staaten sein
aktives Eingreifen dringlich erscheinen ließ, andererseits weil er offenbar zu der
Überzeugung gekommen war, dass gerade der Papst auf dieses Problem einen großen Einfluss
hat.
Die Fortsetzung der saudischen Initiativen war nicht nur die Konferenz
in Madrid, sondern auch in der vorigen Woche eine wieder durch den saudischen König
angestoßene Debatte auf höchster Ebene in der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
Selbst der amerikanische Präsident nahm daran teil. Für die Bundesregierung sprach
der Staatsminister im Bundeskanzleramt Gröhe. Für den Heiligen Stuhl hielt Kurienkardinal
Tauran eine Rede, in der er die sich seit etwa zwei Jahren intensivierenden Bemühungen
des Heiligen Stuhls, insbesondere im Verhältnis zu den Moslems, zusammenfasste. Der
Dialog ist also in vollem Gange. Worum geht es?
Vor über zehn Jahren beschrieb
der amerikanische Politikwissenschaftler Samuel Huntington den „Zusammenstoß der Zivilisationen“
als das nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wichtigste weltpolitische Problem. An
dieser Analyse gibt es viel Kritik. In der Debatte vor einer Woche in der VN-Generalversammlung
war man sich jedenfalls einig, dass alles irgend Mögliche getan werden muss, um den
Konflikt der Religionen zu verhindern und ihn dort, wo er bereits besteht, zu beseitigen.
Es besteht vor allem auch Einigkeit unter den politisch Verantwortlichen, dass das
entscheidende Mittel zu diesem Ziel im Dialog der Religionen besteht.
Wir Deutsche
spüren diese Dringlichkeit täglich im Dialog mit unseren muslimischen Mitbürgern aus
der Türkei, die Franzosen im Dialog mit den Immigranten aus Nordafrika. In Großbritannien
sind es die Einwanderer aus Pakistan und Bangla Desh, deren Integration dringlich
ist. Das sind nur einige Beispiele aus West-Europa. Aber wenn man an die Probleme
im Nahen Osten denkt, in Israel, im Libanon, im Irak und auch in anderen Staaten,
dann wird deutlich, dass die Aussöhnung zwischen Christen und Moslems und Moslems
und Juden wesentliche Voraussetzung für Frieden ist.
Der Heilige Stuhl hat
in diesen Bemühungen eine herausragende Position. Der Papst selbst hat - um Missverständnisse
nach seiner Regensburger Vorlesung vom September 2006 zu klären - beginnend mit seinem
Besuch in der Türkei in einer Reihe von Begegnungen den Dialog mit den Moslems, genauso
wie den mit den Juden, vorangetrieben. Er hat dabei deutlich gemacht, dass es nicht
lediglich um eine Toleranz geht, die alles versteht und alles verzeiht, sondern um
die ehrliche gegenseitige Offenheit bei der Beschreibung der eigenen Position als
Voraussetzung für gegenseitige Achtung. Es geht also nicht um die Relativierung der
eigenen Überzeugung, sondern zunächst auch um die Erkenntnis der eigenen, christlichen
Identität. Denn nur so lassen sich die Unterschiede in Haltung und Kultur überhaupt
verstehen, mit dem Ziel, friedliches Zusammenleben zu ermöglichen.
Die seit
Jahren laufenden Bemühungen der Bundesregierung im inter-kulturellen Dialog, wie z.B.
die Einrichtung eines Moslem-Rates in Deutschland, sind von einer sehr ähnlichen Analyse
getragen. So zeigt z.B. die Diskussion über die Voraussetzungen für die Einbürgerung
von Immigranten in Deutschland, das wir uns dabei zunächst einmal verdeutlichen müssen,
was die deutsche Lebensweise eigentlich ausmacht. Inter-kultureller und inter-religiöser
Dialog bedeutet eben nicht nur die Bereitschaft unsererseits, fremde Lebensweisen
und Überzeugungen kennen zu lernen und zu achten, sondern auch die Forderung an die
Dialog-Partner, sich unserer Grundwerte bewusst zu werden und diese zu respektieren.
Der
Staat kann nur flankierend helfen, vor allem beim interkulturellen Dialog. Den interreligiösen
Dialog im engeren Sinne müssen die Religionsgemeinschaften selbst führen: es geht
um ihre Glaubensfragen, in die der moderne, durch Laizität geprägte Staat sich nicht
einmischt.
So sind die vielfältigen Bemühungen, die Kardinal Tauran insbesondere
im Dialog mit dem Islam und Kardinal Kasper im Dialog mit den Juden führen, von ganz
wesentlicher Bedeutung. Nur so lässt sich langfristig die im religiösen Fanatismus
liegende „Krankheit der Menschheit“ heilen. In Deutschland gehen die Bundesregierung
und die Religionsgemeinschaften denselben Weg.