Armenische und griechische
Christen haben sich am Sonntag eine Schlägerei in der Jerusalemer Grabeskirche geliefert.
Auslöser der Handgreiflichkeiten war die von einem armenischen Erzbischof angeführte
Prozession zum Ort des Grabes Jesu. Nach den Bestimmungen des so genannten „Status
quo“, der das Miteinander der christlichen Konfessionen in der Grabeskirche regelt,
durfte sich im Moment der Prozession kein Nicht-Armenier am Jesus-Grab aufhalten.
Die israelische Polizei hatte Mühe, die Streithähne auseinanderzuzerren. Fernsehbilder
von griechischen und armenischen Mönchen, die Fußtritte und Faustschläge austeilen,
gingen am Sonntag in den Abendnachrichten um die Welt. Zwei blutbefleckte Mönche wurden
in Handschellen abgeführt. Einen „Skandal“ nennt den Streit in der Grabeskirche der
Kustos der Heiligen Stätten, Franziskanerpater Pierbattista Pizzaballa. Er sagte uns
an diesem Montag:
„Wir sind leider an solche Situationen gewöhnt; aber jedes
Mal, wenn es dann passiert, fühlen wir doch von neuem ein tiefes Unbehagen über einen
solchen Anachronismus. Es stimmt zwar, dass, wie man sagt, in Jerusalem die Vergangenheit
nie vergeht - aber alles hat doch seine Grenzen, und die sind jetzt Mal wieder weit
überschritten worden. … Ja - das ist ein Skandal. Wir müssen die Dinge
beim Namen nennen. Welche Glaubwürdigkeit haben wir denn, wir Christen, wenn wir alle
nahöstlichen Konfliktpartner zum Dialog aufrufen, aber selbst unsere Konflikte mit
Gewalt austragen? Man muss allerdings auch sehen, dass hier sehr verschiedene Kulturen
aufeinanderprallen. In den letzten Jahren konnten sich griechische und armenische
Orthodoxen über rein gar nichts mehr verständigen. Hier geht es eher um Gefühle als
um Rationales.”
Die Franziskaner sind eine der sechs Konfessionen, die
sich die Grabeskirche teilen. Sie waren an der Schlägerei nicht beteiligt:
„Wir
bleiben, Gott sei Dank, bei diesem Streit außen vor. Wir haben zwar auch unsere Unstimmigkeiten,
aber die lösen wir auf eine andere Weise.
„Es ist doch absurd, solche Gewalt
zwischen Christen am Ort des Todes und der Auferstehung Jesu zu erleben“ – das sagt
Vatikan-Mitarbeiter Eleuterio Fortino. Der Unter-Sekretär des Einheitsrates weist
darauf hin, dass auch in der Betlehemer Geburtskirche Hochspannung zwischen den christlichen
Konfessionen herrscht. Über der Geburtshöhle Jesu patrouillieren auch nachts Katholiken
wie Orthodoxe, um zu kontrollieren, ob sich jede Seite an den jahrhundertealten „Status
quo“ hält.