Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat angesichts der Finanzmarktkrise zu einer
gesellschaftlichen Grundsatzdebatte aufgerufen. Das große Thema des 21. Jahrhunderts
werde sein, „ob wir es schaffen, das Weltgemeinwohl zu denken“, sagte Marx am Mittwoch
bei der Vorstellung seines neuen Buches „Das Kapital“ vor Journalisten in München
– so benannt in Anspielung an das berühmte Werk seines Namensvetters Karl Marx.
„Wir
brauchen nicht die Einführung des Kapitalismus in Deutschland und die Abschaffung
der sozialen Marktwirtschaft, sondern wir brauchen eine Globalisierung der sozialen
Marktwirtschaft. Genau das ist die These, und ich glaube, dass sie vernünftig ist
und nicht nur eine Utopie beschreibt, sondern eine Notwendigkeit.“ Grundthese
von Reinhard Marx: „Ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit
hat keine Moral und keine Zukunft.“
„Die Grundprinzipien der katholischen
Soziallehren und auch die großen Ideen der Sozialbewegung, würde ich sagen haben,
sind weiterhin richtig und haben sich bewährt; die marxistischen nicht. Ich muss mich
für keine Enzyklika der letzten 120 Jahre schämen. Die Namensgleichheit mit
Karl Marx sei für den Erzbischof Anlass gewesen, genauer auf den Begründer des „wissenschaftlichen
Sozialismus zu schauen.
„Die katholische Soziallehre sieht in Marx ihren
großen Gegner, und wir müssen ihn kennen lernen, um uns davor zu bewahren, noch einmal
einen Irrweg zu beschreiten, der verheerende Auswirkungen gehabt hat, wie das 20.
Jahrhundert gezeigt hat.“ „Das Kapital“ von Reinhard Marx bietet eine Einführung
in die christliche Sozialethik. Der Erzbischof bezieht Position in aktuellen Fragen
wie der Entwicklungshilfe, Kinderarmut und Tarifautonomie. So plädiert er für einen
öffentlich geförderten Dritten Arbeitsmarkt. Kritisch äußert er sich zu wilden Börsenspekulationen.
Sogenannte „Geierfonds“ sollten verboten werden. Auch über die Höhe von Managergehältern
müsse neu nachgedacht werden. Dass Manager tausendmal so viel verdienten wie einfache
Arbeiter, sei ein Exzess. „Das Zwanzigfache, wie in Japan üblich, tut es nach meiner
Ansicht auch.“