2008-10-23 12:33:12

Südafrika: Aus der Not eine Tugend machen


RealAudioMP3 Wenige Priester für sehr viele und sehr große Gemeinden – so sieht häufig die Realität der jungen Kirche in Afrika aus. Dass die sonntägliche Eucharistiefeier nur einmal im Monat stattfindet, ist dort keine Seltenheit. Nach 51 Jahren pastoraler Tätigkeit auf dem schwarzen Kontinent kennt der emeritierte Afrika-Missionsbischof Fritz Lobinger die Problematik ganz genau:

„Die jungen Pfarrer und ihre Katholiken sind mit der Situation der seltenen Eucharistiefeier aufgewachsen: „Das war schon immer so! Das war noch nie anders! Das wird auch immer so bleiben, denn es kann ja gar nicht anders werden!“ Das ist eine Zuspitzung der Ämterfrage in den jungen Kirchen. Dort ist diese Krankheit bereits chronisch geworden. Man nimmt sie nicht mehr als eine Krankheit wahr .“

Doch aus dieser Not haben viele südafrikanischen Gemeinden eine Tugend gemacht. So fällt dort der Priestermangel auch deshalb nicht mehr so sehr ins Gewicht, weil die Christen in den Gemeinden selbst aktiv geworden sind. Wo kein Priester zur Verfügung stehen kann, gestalten die Laien das Gemeindeleben. Sie übernehmen katechetische Aufgaben, halten Wortgottesdienste oder leiten sogar Begräbnisse. Das hat Lobinger, der seit 1986 für 21 Jahre die kleine Diözese Aliwa in Südafrika leitete, selbst miterlebt. Er sieht in dieser Selbstversorgung der Gemeinden ein innovatives Konzept auch für Europa, wo sich immer weniger für den Priesterberuf entscheiden:

„In den Jahrzehnten meiner Arbeit in den jungen Kirchen hat mich eigentlich nicht die Frage des Priestermangels beschäftigt, sondern die Frage nach der Partizipation der Gemeinden. Wie können in den Gemeinden möglichst viele aktiv teilnehmen? Und was heißt das konkret? Wieviel kann eine Gemeinde aus sich selbst leisten? Und wie viel hängt sie davon ab, dass jemand von außen kommt und für sie sorgt? Die Frage nach der Form des kirchlichen Amtes wird also von der Seite der Partizipation her gesehen.“

In den jungen, aktiven Gemeinden Afrikas habe sich, so Lobinger, in der Praxis bereits das etabliert, was von der Kirche als Ganzer jetzt noch institutionell zu schaffen wäre – nämlich neue Formen des Priesteramtes. Konkret schlägt Lobinger vor, so genannte „Gemeindeälteste“ zu ordinieren, die bestimmte priesterliche Aufgaben übernehmen. Sie sollten den traditionellen Priester nicht ersetzen oder nachahmen, sondern ergänzen, meint Bischof Lobinger und weißt Skepsis zurück:

„Eine Verunsicherung scheint unvermeidlich, wenn man für die gleiche Rolle von einigen sehr hohe Voraussetzungen verlangt und von anderen viel niedrigere. Also kann die Lösung dieses Problems nur darin bestehen, dass nicht die gleiche Rolle ausgeübt wird, dass man also eine neue, verschiedene Art priesterlicher Rolle schafft. Das eine Sakrament der Priesterweihe muss zu zwei verschiedenen priesterlichen Rollenformen führen.“

Auch für den traditionellen Priester brächte dieses Modell neue Aufgaben mit sich. Er wäre nach Lobinger nicht mehr „Versorgerpfarrer", sondern der geistliche Motor für ein Netzwerk von Gemeinden. Daneben müsse er sich um die Ausbildung der Laien kümmern und die „charismatischsten“ unter ihnen für das Amt der Gemeindeältesten „befähigen“. Damit könne man nicht nur dem Priestermangel entgegenwirken, ohne dafür das Zölibat abzuschaffen. Auch der Sonntagsgottesdienst werde dadurch wieder zur „ureigensten Sache der Gemeinde“, meint Bischof Lobinger. In dieser Hinsicht könne das alte Europa von der jungen Kirche noch einiges lernen:

„Es ist völlig klar, dass nicht jede Diözese und nicht jede Gemeinde die Vorbedingungen dafür erfüllt. Vor der Bildung eines Kreises von ordinierten Gemeindeältesten müssen vorhandensein: sich selbst tragende Gemeinden, Ausbilderpriester, kontinuierliche Weiterbildung und Stützung durch die Diözesanleitung.“

 
(rv/kap 23.10.2008 ad)







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