Papst besucht Pompeji – Warnung vor Anti-Klerikalismus
Benedikt XVI. ist
in Pompeji. Nicht weit von den berühmten Ausgrabungen der antiken Stadt besucht er
die Rosenkranz-Basilika – sie ist mit vier Millionen Besuchern jährlich einer der
meistbesuchten Wallfahrtsorte Italiens. Im Schatten des Vesuv rief der Papst zum Schutz
der Familie auf und erklärte sich solidarisch mit Menschen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Benedikt beklagte auch einen heute noch spürbaren Anti-Klerikalismus.
Papst
in Gomorra-Land
10 Uhr morgens – aus Rom kommend trifft der Papst am Stadtrand
von Neapel ein. Auf dem Freigelände neben der Basilika warten etwa dreißigtausend
Menschen auf ihn, darunter viele bekannte Politiker aus Süditalien, etwa der im Eklat
zurückgetretene frühere Justizminister Clemente Mastella oder der jetzige Kulturminister
Sandro Bondi, ein Freizeit-Dichter, der vom kommunistischen Bürgermeister zum Rechtspolitiker
geworden ist. Pompeji – das ist Camorra-Land, eine ganze Region im sozialen „disagio“,
wie man das hier nennt, im Unbehagen. Immer wieder kommt es hier in der Gegend zu
Mafia-Morden; ein Roman darüber mit dem biblischen Titel „Gomorrha“ hat in Filmform
viele Preise gewonnen, sein Autor muss sich vor den Mafia-Killern verstecken. Zwar
brennen im Großraum Neapel keine Müllberge mehr wie noch letztes Jahr, aber die tief
verwurzelten Probleme sind geblieben. „Madonna, hilf!“, sagen da die Menschen von
Kampanien und pilgern zu einer kuppelgekrönten Basilika von Pompeji, die mit ihrem
neo-barocken Weiß wie ein Fremdkörper in dieser Gegend wirkt. Fast in Sichtweite liegen
die Ruinen des antiken Pompeji, in dem man bei Ausgrabungen in einem Haus den Umriß
eines Kreuzes fand; die Lava des Vesuv, die die Stadt im ersten Jahrhundert verschüttete,
hatte eines der frühesten Zeugnisse des Christentums bewahrt.
„Ich denke
an alle, die in der schwierigen Lage von Armut und sozial-wirtschaftlicher Bedrängnis
sind“, sagt der Papst. „Ich verspreche ihnen allen meine geistliche Nähe... Wer hätte
das je gedacht, dass neben den Resten des antiken Pompeji einmal ein weltbekanntes
Marienheiligtum in die Höhe wachsen würde? Wo Gott hinkommt, da beginnt die Wüste
zu blühen!“
Vom Saulus zum Paulus
Benedikt XVI. erinnerte
an den Gründer des „neuen Pompeji“, den seligen Bartolo Longo (1841-1926). Dieser
sei als Student in Neapel ein „militanter Anti-Klerikaler“ gewesen und habe sich auch
„spiritistischen und abergläubischen Praktiken“ hingegeben. „Seine spätere Bekehrung,
seine Hinwendung zum wahren Gesicht Gottes, hat eine wichtige Botschaft für uns alle,
denn leider fehlen auch in unseren Tagen ähnliche Tendenzen (wie der damalige Anti-Klerikalismus)
nicht. In diesem Paulus-Jahr erinnere ich gerne daran, dass Bartolo Longo wie einst
Paulus vom Verfolger zum Apostel wurde...“
Das neue Pompeji sei, so der
Papst weiter, „eine historische Demonstration, wie Gott die Welt umwandelt: Er füllt
das Herz des Menschen mit Liebe und macht daraus einen Motor zur religiösen und sozialen
Erneuerung... Hier in Pompeji versteht man, dass Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten
zusammengehören. Hier lernt das christliche Volk, trotz eines harten Lebens die Kraft
aufzubringen zum Guten, ohne Kompromisse einzugehen! Mögen die Familien – die fundamentalen
Zellen der Gesellschaft – hier die Freude der Liebe wiederentdecken oder stärken,
die sie zusammenhält!“
Zeitgleich: Seligsprechung in Lisieux
Nach
der Messfeier noch eine Auszeichnung des Papstes für den Wallfahrtsort: die so genannte
Goldene Rose, die er auch schon in Altötting hinterlegt hat. Dann ein Gruß Benedikts
ins ferne Lisieux: In diesem französischen Städtchen wurden an diesem Sonntag zeitgleich
zum Papstbesuch in Pompeji die Eltern der „kleinen heiligen Theresia vom Kinde Jesus“
selig gesprochen. Es war der frühere Präfekt der Vatikan-Kongregation für Selig- und
Heiligsprechungen, der portugiesische Kardinal José Saraiva Martins, der diese Ehrung
für Louis Martin und seine Frau Zélie Guérin vornahm. „Durch ihr Leben als vorbildhaftes
Ehepaar haben sie das Evangelium Christi verkündet“, so Papst Benedikt auf französisch;
„sie haben ihren Glauben gelebt und in der Familie weitergegeben.“ Ein gutes Vorbild
also – auch für die geplagten Süditaliener. Die Eltern Martin sind erst das zweite
selige Ehepaar überhaupt in der Kirchengeschichte - und das erste, das eine Heilige
hervorgebracht hat. An der Seligsprechung des Ehepaars Martin haben am Sonntag in
Lisieux an die 15.000 Menschen teilgenommen.
Am Sonntag Abend wird der Papst
in Pompeji ein Rosenkranzgebet leiten – danach kehrt er dann in den Vatikan zurück.
2003 war zuletzt Papst Johannes Paul II. im Pompeji gewesen - eine seiner letzten
Reisen überhaupt.