Türkei/Österreich: Schönborn von türkischer Offenheit beeindruckt
In der Türkei herrsche
eine große geistige und intellektuelle Offenheit für Fragen des Verhältnisses vom
Islam zu den religiösen Minderheiten. Das stellte der Wiener Erzbischof, Kardinal
Christoph Schönborn, bei seiner jüngsten Reise in die Türkei fest. Im Rahmen einer
Pressekonferenz berichtet der Kardinal am Mittwoch in Wien über seinen dreitägigen
Besuch in Ankara und Istanbul. Bei seinen Unterredungen mit Religionsführern ging
es auch um die Frage des religiösen Pluralismus und die Situation der religiösen Minderheiten
in der Türkei.
„Im Gespräch mit dem Istanbuler Großmufti Cagrici habe ich
diesen Punkt mit der Bitte verbunden, dass die islamische Mehrheit in der Türkei sich
ebenfalls für religiöse Minderheiten einsetzen möge - sowohl für die Minderheiten
in den eigenen Reihen wie etwa die Aleviten, die um eine stärkere Anerkennung ringen,
als auch für die christliche Minderheit. Im Gegenzug müssen auch wir Österreicher
eine Haltung der Dankbarkeit den türkischen Migranten gegenüber zeigen. Ein Großteil
der heute in Österreich lebenden Türken ist im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs
in der Nachkriegszeit ganz bewusst als Arbeitskräfte ins Land gekommen. Viele von
ihnen und ihren Kindern sind mittlerweile zu österreichischen Staatsbürgern geworden.
Ich halte es für angebracht, daran zu erinnern, dass wir diesen Menschen Dank schulden.“
Wie
Kardinal Schönborn betonte, habe er auf die „Schönheit und den Reichtum eines gesunden
religiösen Pluralismus“ hingewiesen.
„Sowohl das osmanische als auch das
habsburgerische Reich haben sich durch einen vorbildlichen religiösen Pluralismus
und einen vorbildlichen Umgang mit Minderheiten ausgezeichnet. Bereits damals hat
religiöser Pluralismus keine Begrenzung, sondern eine Bereicherung dargestellt. Ich
habe deshalb auch auf die Situation in Österreich hingewiesen, wo die Katholische
Kirche sich stets für die religiösen Minderheiten einsetzt.“
Kardinal Christoph
Schönborn war der Einladung des Präsidenten des Religionsamtes in Ankara, Ali Bardakoglu,
gefolgt. Es ist sozusagen ein Retourbesuch des Kardinals. Bardakoglu war 2007 anlässlich
der Eröffnung des islamischen Zentrums in Wien-Favoriten zu Gast. Schönborn und sein
Gast waren sich schon damals einig, dass es vermehrt zu Begegnungen zwischen Christen
und Muslimen kommen muss, um das Verständnis gegenüber der jeweils anderen Religion
zu stärken.