2008-10-06 11:50:04

Senegal: Nonnen... und Feministinnen


RealAudioMP3 Geht das – gleichzeitig Ordensfrau sein und Feministin? Und das auch noch in Afrika? Oder geht so etwas nur in Afrika? Eine Spurensuche in einem Frauenkloster im Senegal von Stefan Kempis.

Alles fing 1858 an: Der Weiße Vater Aloys Kobès entschied damals, eine Ordensgemeinschaft für Ordensfrauen zu gründen, die Töchter vom Heiligsten Herzen Mariens – und zwar nur für Afrikanerinnen. Zur damaligen Zeit ist das eine Premiere auf dem ganzen Kontinent und fordert die Überwindung einer ganzen Menge Vorurteile. Schwester Marie Hervétine:

„Monseigneur Kobès war wirklich mutig für seine Zeit, wenn er religiöses Leben für Frauen organisierte. Hier gilt eine Frau, die keine Kinder bekommt, nichts. Also auch keine Schwester! Die Frau steht immer in der allerletzten Reihe.“

Ein reelles Handicap für die Gemeinschaft – doch sie überlebte trotzdem bis heute. Wenn auch nicht ohne Krisen. Die Superiorin, Schwester Marie-Thérèse Dien, sagt:

„Es ging alles sehr langsam… aber heute sind wir 254 Ordensfrauen. Das hört sich nach nicht so viel an, aber 70 Prozent von ihnen sind unter 35. Das heißt, es geht aufwärts bei uns. Die Schwestern sind in Frankreich und in acht Ländern Afrikas vertreten.“

 
Guinea, Tschad, Niger, Kapverde – 150 Jahre nach der Gründung bekommt die Gemeinschaft Berufungen von überall her in Afrika. Sie arbeiten als Lehrerinnen oder im Gesundheitswesen; eine Schwester ist Gynäkologin in Dakar. Herzstück ihres Wirkens: Frauen fördern. Schwester Marie-Thérèse:

„Es scheint mir wichtig, dass Frauen wissen, dass sie komplementär zum Mann sind und dass sie genauso viel beizutragen haben wie ein Mann. Wenn sie das verstehen, dann erfüllen sie ihre Rolle, wie der Herr und die Gesellschaft das von ihnen erwarten.“

Von diesem Anliegen der Frauenförderung könnte auch Schwester Hervétine stundenlang reden. Wenn man sie fragt, wie es denn heute Frauen in Afrika geht, dann nimmt sie kein Blatt vor den Mund.

„Sie haben es schwer, weil sie ihren Status ständig einfordern müssen. Dass sie selbst etwas entscheiden dürfen und nicht immer erst den Beschluss des Mannes abwarten müssen. Manchmal heißt es „Woche der Frau“ oder so ähnlich, und dann steht da ein Mann und hält eine Rede – das stört mich! Es gibt doch genug Frauen, die selber für sich reden können! Auch wenn das unbewusst passiert, aber da überliefert man ein bestimmtes Bild.“

Sind sie also Feministinnen, die Töchter vom Heiligsten Herzen Mariens?

„Ein bisschen, vielleicht. Oder doch nicht, nein. Wir versuchen nur, etwas völlig Verdrehtes wieder richtigzudrehen. Uns geht’s um die gerechte Mitte. Ich finde, die Frauen sollten ruhig den Mund aufmachen und einfach sagen, wie sie leben! Sie sollen das selber sagen!“

(rv 06.10.2008 mc)








All the contents on this site are copyrighted ©.