Papst eröffnet Bischofssynode – „Welt ohne Gott wird wirr“
Benedikt XVI. hat
am Sonntag eine Bischofssynode zum Thema Bibel eröffnet. Zum ersten Mal geschah eine
solche Eröffnung nicht in St. Peter, sondern in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern.
Die 12. Welt-Bischofssynode berät bis zum 26. Oktober im Vatikan; an ihr nehmen über
250 Bischöfe aus aller Welt sowie mehr als hundert Experten und Beobachter teil. In
seiner Predigt in St. Paul betonte der Papst, eine Welt ohne Gott werde „gespalten
und konfus“.
„Das ist ein wichtiger Organismus“ – so würdigte Benedikt XVI.
Bischofssynoden beim Angelus-Gebet nach der Messe. Die Großversammlungen führten zu
engerer Einheit zwischen Papst und Bischöfen und machten es möglich, aus erster Hand
von den Problemen und der Lage der Kirche in aller Welt zu erfahren. „Die synodale
Dimension gehört zur Kirche... schon das griechische Wort bedeutet: gemeinsam einen
Weg zurücklegen, und das genau ist die Erfahrung des Volkes Gottes in der Heilsgeschichte.“
Feierlich
singt der Chor die „Laudes Regiae“, als Papst Benedikt und die etwa 330 Konzelebranten
in die Basilika an der Via Ostiense einziehen, in deren Mitte sich das Grab des Völkerapostels
Paulus befindet. „Weil wir ja im Paulusjahr sind“, so erzählt Kardinal Montezemolo,
der Hausherr der Basilika, „habe ich dem Heiligen Vater vorgeschlagen, die Eröffnung
hier in der Basilika San Paolo zu feiern, was er auch sofort akzeptiert hat. Das gibt
der Synode schon zu ihrem Auftakt eine paulinische Inspiration – die Synodenväter
werden also den Bibeltext sozusagen durch die Brille des heiligen Paulus und seiner
reichen Lehre zur Heiligen Schrift anschauen.“
In den ersten Bänken sitzen
Diplomaten, etwas beengter als sonst in St. Peter, dann der römische Bürgermeister
Gianni Alemanno und der Chef des „Osservatore Romano“, Gian-Maria Vian. Vor allem
die Bischöfe aus aller Welt aber prägen das Bild der Basilika: viele Afrikaner, vierzehn
Spitzenvertreter der Ostkirchen, 52 Kardinäle. Am Papstaltar konzelebrieren u.a. die
Kardinäle Pell aus Australien, Levada von der Glaubenskongregation und Scherer aus
Brasilien – sie sind die Präsidenten der jetzt beginnenden Bischofssynode. Neben dem
Altar steht der frühchristliche Osterleuchter, einer der größten Schätze der Paulsbasilika.
„Wenn
wir auf die Geschichte blicken“, so sagt ein nachdenklicher Papst Benedikt in seiner
Predigt, „dann sehen wir auch bei vielen Christen Kälte und Rebellion... Wir sehen
blühende christliche Gemeinschaften in den ersten Jahrhunderten, die völlig verschwunden
sind und an die heute nur noch in den Geschichtsbüchern erinnert wird. Und könnte
nicht dasselbe auch heutzutage passieren? Nationen, die einstmals reich an Glauben
und an Berufungen waren, geben heute ihre eigene Identität auf – unter dem trügerischen
und destruktiven Einfluss einer gewissen modernen Kultur. Es gibt Menschen, die beschließen
„Gott ist tot“ und werfen sich dann selbst zu Gott auf, indem sie sich für die einzigen
Meister ihres Geschicks, für absolute Herren der Welt halten.“
Eine düstere
Analyse Benedikts, die auf dem biblischen Gleichnis des Weinbergs und seiner ungetreuen
Verwalter fußt.
„Indem er sich Gottes entledigt und von ihm kein Heil mehr
erwartet, glaubt der Mensch, tun zu können, was ihm gerade so einfällt, und sich selbst
zum Maß seines Seins und seines Handelns aufwerfen zu können. Aber wird der Mensch
wirklich glücklicher, wenn er Gott aus seinem eigenen Horizont verbannt? Wird er wirklich
freier? Wenn die Menschen sich zu unumschränkten Herren ihrer selbst und zu den einzigen
Herren des Geschaffenen erklären – können sie dann wirklich eine Gesellschaft aufbauen,
in der Freiheit, Gerechtigkeit und Friede regieren? Oder geschieht nicht – wie die
täglichen Nachrichten uns vor Augen führen – eher das Gegenteil? Daß nämlich Machtmißbrauch,
egoistische Interessen, Ungerechtigkeit und Ausbeutung das Bild bestimmen, die Gewalt
in all ihren Formen? Ganz zum Schluß findet sich der Mensch einsamer wieder – und
die Gesellschaft gespaltener und konfuser.“
Doch das Böse und der Tod hätten
nicht das letzte Wort, so Benedikt. Das Wort Gottes könne „das Herz des Menschen in
seinem Innersten verwandeln“; die Kirche wolle sich deshalb die Heilige Schrift von
neuem aneignen, um sie glaubhafter – „und effizienter“ – verkünden zu können. Wie
solche Verkündigung aussehen kann, wird der Papst am Sonntag Abend zeigen: Da liest
er auf Hebräisch die ersten Verse der Bibel vor und eröffnet damit – per Video-Liveschaltung
aus dem Vatikan heraus – einen öffentlichen Bibel-Lesemarathon in der römischen Basilika
Santa Croce in Gerusalemme. Eine ungewöhnliche Aktion, die diese Bischofssynode begleitet.
Ungewöhnlich an diesem Welt-Bischofstreffen ist auch die Rednerliste: Erstmals werden
bei dieser Synode auch das Oberhaupt einer anderen Kirche, nämlich der orthodoxe Ehrenprimas
und Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, sowie ein Rabbiner sprechen. Benedikt
XVI. hatte den jüdischen Theologen Schar Jischuw Cohen aus Haifa eigens zu der katholischen
Kirchenversammlung eingeladen. Beim Angelusgebet am Sonntag Mittag in Rom rief Benedikt
Gläubige in aller Welt dazu auf, die Arbeit der römischen Synodenväter im Geist zu
begleiten:
„In den kommenden drei Wochen werden wir über das Thema
„Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche“ nachdenken. Dafür bitte ich
um euer Gebet und lade euch zugleich ein, das Wort Gottes gläubig in euch aufzunehmen
und es in eurem Leben sichtbar werden lassen. Gesegneten Sonntag!”