Die Sozialpolitik
der Länder und die Entwicklungspolitik sind durch die internationale Finanzkrise in
Gefahr. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi hat am Wochenende dazu aufgerufen,
gerade jetzt den unterentwickelten Ländern beizustehen, um die humanitäre Situation
nicht weiter zu verschlimmern. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte zuvor eine neue
Wertorientierung im Finanzsektor angemahnt: Zu lange habe dieser blind auf die Selbstregulierung
der Märkte vertraut.
Doch die Leidtragenden sind nicht die Urheber der Krise,
sagt Jörg Althammer, Wirtschaftsethiker an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt,
gegenüber Radio Vatikan:
„Die Ursachen der Krise sind vielschichtig, im
Wesentlichen sind sie politisch bedingt. Die Liberalisierungsstrategie mag ein Grund
dafür gewesen sein, im Wesentlichen geht es aber auch darum, dass versucht wurde,
mit politischen Maßnahmen in den Kapitalmarkt einzugreifen. Der Wenn die Finanzsysteme
nun ihre Funktion nicht mehr aufrechterhalten können, dann sind die Leitragenden andere
Personen, als diejenigen, die verantwortlich sind für diese Krise. Insofern kann man
hier nicht von einer wie auch immer gearteten gerechten Strafe sprechen.“
Betroffen
sind vor allem Hausbesitzer und Menschen, die ihre Rente aus Anlagen bestreiten wollten
– also „all diejenigen, die ihre Lebens- und Zukunftsplanung auf dem Markt aufgebaut
hatten“, so Althammer. Der einzig gangbare Weg scheint ihm daher eine Versteigerung
des noch vorhandenen Vermögens. Die Erlöse diese Auktion müssten an die Steuerzahler
gehen, denn die würden derzeit zur Rettung der Banken und Unternehmen in die Pflicht
genommen. Wie sich der Markt entwickelt, sei nicht absehbar. Doch müssten Lehren
aus der Krise gezogen werden, meint der Wirtschaftsethiker.
„Die erste Lehre
dürfte sein, dass ein völlig sich selbst überlassener, unregulierter Markt eben nicht
zu den Leistungen in der Lage ist, die wir ansonsten von ihm verlangen, sondern er
entartet und es kommt zu Auswüchsen und Ausuferungen. Wichtig ist, dass die Politik
sich darauf beschränkt, die Rahmenbedingungen zu setzen und dann innerhalb dieser
Rahmenbedingungen den Marktprozess selbständig ablaufen lässt. Aber der Rahmen ist
eben wichtig für das effiziente Funktionieren von Märkten.“
Weltweit stehe
das Finanzierungssystem vor großen Herausforderungen. Aus ethischer Sicht lasse das
nicht gleichgültig, so Althammer. Auch er befürchtet Nachteile für die Sozial- und
Entwicklungspolitik:
„Der Markt ist – wenn er denn effizient ausgestaltet
und mit entsprechenden Rahmenbedingungen versehen ist – das Instrument, das es uns
am ehesten erlaubt, die moralischen Ansprüche, die wir an wirtschaftliches Geschehen
stellen, dann auch tatsächlich effizient einzulösen. Das hat positive Auswirkungen,
denken wir beispielsweise nur an die Entwicklungspolitik.“