Dossier: Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
Am Donnerstag Abend ist in Fulda die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischöfe
zu Ende gegangen. Birgit Pottler war für Radio Vatikan vor Ort. Hier finden Sie alle
Berichte zu diesem Thema:
Zollitsch, „Kirche ist mehr als eine Bundesagentur
für Werte“ Der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz hat zu einem engagierten Glaubensbekenntnis in der
Gesellschaft von heute aufgerufen. Christlicher Glaube brauche „neue Strahl- und Formkraft,
sagte Erzbischof Robert Zollitsch am Montag zum Auftakt der Herbstvollversammlung
der Deutschen Bischofskonferenz. Zum ersten Mal leitet der Freiburger Erzbischof Robert
Zollitsch die Versammlung am Traditionsort Fulda. Er war im Frühjahr zum Vorsitzenden
gewählt worden. Kardinal Karl Lehmann aus Mainz war nach mehr als 20 Jahren im Amt
aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten.
In seinem Eröffnungsreferat
forderte Zollitsch einen offensiven Umgang mit dem Glauben. Kirche habe der Welt und
der Gesellschaft etwas zu sagen. Zollitsch kritisierte eine „Gesellschaft in Eile“,
die jenen Menschen, die dem Mobilitätsdruck nicht stand hielten, „nur verminderte
Teilnahme gewährt“. Kirchlich ortete er unterschiedliche Erwartungen von Katholiken,
einen „ausgeprägten Individualismus“ und „mangelnde Einheit“. Zeitgemäße Seelsorge
müsse dem Menschen nachgehen, forderte der Freiburger Erzbischof, der lange Jahre
für die Priesterausbildung und die pastoralen Mitarbeiter seines Erzbistums zuständig
war. In größer werdenden Seelsorgeeinheiten sei „der Ruf der Stunde: zusammenarbeiten,
einander ergänzen, voneinander profitieren“. Die Kirche sei „nützlich“ für die Gesellschaft,
dürfe sich aber nicht auf Dienstleistung als „Bundesagentur für Werte“ reduzieren
lassen. Kirche mache vielmehr „den Dienst Gottes an den Menschen präsent“. Zollitsch
forderte von seinen Mitbrüdern im Bischofsamt „klare Aussagen, prophetische Kritik
und herausfordernde Perspektiven“. Auch hier führe an der Ökumene kein Weg vorbei,
so Zollitsch. Gemeinsam und „einvernehmlich“ würden die Christen mehr wahrgenommen.
Thematischer
Schwerpunkt der Vollversammlung ist ein Studientag „Kirche und Medien“ am Mittwoch.
Dabei geht es vor allem um das geänderte Medienverhalten der Menschen und mögliche
Konsequenzen für die Medienarbeit der katholischen Kirche in Deutschland. „Entscheidungen
werden am Mittwoch aber keine fallen“, betonte Erzbischof Zollitsch vor Beginn der
Versammlung. Zur öffentlichen Diskussion um den Bau von Moscheen wollen die Bischöfe
eine gemeinsame Erklärung verabschieden.
Den Abschluss des viertägigen
Bischofstreffens bildet traditionell ein Gottesdienst im Fuldaer Dom am Grab des Heiligen
Bonifatius. Jeder der 67 Bischöfe lässt sich mit der Reliquie des Apostels der Deutschen
für den Dienst in den Diözesen segnen. (rv 22.09.2008 bp) Zollitsch
fordert Aufnahme von Irak-Flüchtlingen Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz hat die Aufnahme von Christen aus dem Irak in Deutschland
gefordert. „Wir haben eine Verpflichtung, diesen Menschen zu helfen“, sagte der Freiburger
Erzbischof Robert Zollitsch am Montag in Fulda. Angehörige verschiedener Minderheiten,
die während des Krieges geflohen seien und jetzt rechtlos in Nachbarländern wie Syrien
und Jordanien lebten, bräuchten Hilfe. „Wir halten es für eine Pflicht, dass
wir diesen Menschen eine Perspektive geben und ihnen in ihrer Not entgegen kommen.
Es geht uns nicht darum, Christen, die heute im Irak leben, zur Auswanderung zu motivieren.
Wir sind daran interessiert, dass Christen im Irak bleiben. Sie leben dort seit dem
ersten Jahrhundert, und es ist wirklich erschreckend, dass jetzt im 21. Jahrhundert
viele ausgewandert sind. Ich hoffe, dass sich ein Weg findet, dass Deutschland vorangeht
und hier ein Zeichen setzt.“ Darüber habe er mit Innenminister Wolfgang Schäuble
und der Migrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer, gesprochen. Das
Anliegen der katholischen Kirche sei bekannt. „Ich habe festgestellt, dass es
innerhalb der Bundesregierung eine differenzierte Sicht dazu gibt. Wir sind klar der
Meinung, dass wir eine Verpflichtung haben, diesen Menschen zu helfen, und ich bedaure,
dass nicht alle in der Bundesregierung das so sehen. Aber ich habe die Hoffnung, dass
wir eine Lösung finden, denen, die bedrängt sind – im Irak, in Jordanien und in Syrien
– eine Möglichkeit zu geben, bei uns Aufnahme zu finden. Es werden keine riesengroßen
Zahlen sein.“ (rv 22.09.2008 bp)
Zollitsch für Moscheebau mit
Maß Die deutschen Bischöfe
wollen eine gemeinsame Erklärung zur öffentlichen Diskussion über den Bau von Moscheen
in Deutschland verabschieden. Dazu debattieren sie bei ihrer aktuellen Herbst-Vollversammlung
in Fulda. Der Text soll sich besonders an betroffene Kirchengemeinden und kommunale
Verantwortungsträger richten. Dazu der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof
Robert Zollitsch: „Wir wollen einen Impuls an die Gesellschaft geben und zur
Versachlichung der Diskussion in Deutschland beitragen.“ Zollitsch verteidigte
das Recht der Muslime auf freie Ausübung ihrer Religion. Bewusste Konfrontation wies
er jedoch zurück. „Wir sind aufgrund der Religionsfreiheit der Ansicht, dass
dort, wo Menschen leben, sie auch das Recht haben, ihre Religion auszuüben und dass
das, was dazu notwendig ist, dann auch geschehen soll. In welchem Maße – darüber kann
man diskutieren. Es kommt stets auf den Kontext an; ob es etwa darum geht in Konfrontation
zu gehen und ein Stück Macht zu zeigen, oder ob es wirklich um den Bedarf geht, der
örtlich gegeben ist.“ Die Kirche in Deutschland hofft auf das positive Beispiel
der Diskussion für Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit. Vor allem für die
christliche Minderheit in der Türkei erhofft sich Zollitsch mehr Rechte: „Ich
hoffe, dass es Einfluss hat auf die Diskussion in der Türkei, dass man sich dort öffnet
und sagt, die Christen, die dort leben, auch das Recht haben, ihre Kirche zu bauen.
Diese Hoffnung habe ich dezidiert.“ Ab kommenden Montag bereist eine Delegation
der Deutschen Bischofskonferenz die Türkei. Unter Leitung des Kölner Kardinals Joachim
Meisner besuchen zehn Oberhirten auch Tarsus, die Geburtsstadt des Heiligen Paulus.
Meisner hatte sich dort für eine christliche Kirche eingesetzt. Zollitsch kündigte
an, dass die deutschen Bischöfe versuchten, Einfluss auf die Regierung zu nehmen,
Christen im Land die freie Religionsausübung zu gewähren. (rv 22.09.2008 bp) Alte
Messe: Angebot ausreichend, Nachfrage gedeckt Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz hat Berichten widersprochen, die deutschen Bischöfe sorgten
nicht für ein ausreichendes Angebot an Messfeiern im außerordentlichen Ritus. Ein
Jahr nach Inkrafttreten des päpstlichen Motu Proprio „Summorum Pontificum“ wollen
die Bischöfe bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda eine Zwischenbilanz über die
Messfeiern im alten Ritus ziehen. Dazu liegen die Ergebnisse einer Umfrage in den
Diözesen vor. Medienberichten der vergangenen Tage zufolge verschleppten mehrere Diözesen
entsprechende Gesuche von Gläubigen. Erzbischof Robert Zollitsch wies diese Darstellungen
zurück. Zugleich kritisierte er das Verhalten einzelner Anhänger der alten Messe. „Es
ist nun so, dass einige versucht haben, eine Art Agentur zu gründen und sagen, „wir
organisieren dort wo wir meinen, dass es sinnvoll ist, die Messe“. Das entspricht
nicht der Regelung, zuständig sind der Pfarrer und der Bischof. Unsere Umfrage wird
zeigen, dass wir dort, wo berechtigte Wünsche waren, diesen Wünschen entgegengekommen
sind. Die Umfrage wird das, so viel kann ich schon voraus sagen, tatsächlich widerlegen.
Es gibt natürlich Leute, die daran interessiert sind, mehr zu erreichen, als an Bedarf
da ist.“ Nach Abschluss der Bischofsversammlung am Freitag wolle er die Ergebnisse
der Umfrage zu Bedarf und Angebot der Messfeiern im außerordentlichen Ritus vorlegen,
so der Bischofskonferenzvorsitzende Zollitsch. (rv)
Schick, „Menschenrechtsfrage
in China bleibt ungelöst“ Die Kirche in Deutschland
ruft zur Solidarität mit den Christen in China auf. Die Kirche in dem kommunistischen
Land sei nicht frei, obwohl sich die Lage der Christen in den letzten 25 Jahren verbessert
habe, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Ludwig Schick, an diesem Dienstag in Fulda. Die so genannte Untergrundkirche
lebe in der Illegalität und dürfe offiziell gar nicht existieren, der staatlich anerkannte
Teil der Kirche stehe trotz gewisser Freiheiten unter ständiger Kontrolle, betonte
Erzbischof Schick bei der Vorstellung der diesjährigen Initiative „Solidarität für
verfolgte und bedrängte Christen“. „Gegen Verfolgung und Unterdrückung muss
immer wieder die Stimme erhoben und alles getan werden, dass das nicht geschieht,
sondern alle Menschen in Freiheit auch ihre Religion leben können und wirken können.
Das muss auch für die Christen gelten, auch für die Christen in China.“ Die
Katholiken in China müssten geeint sein und geeint wirken, so wie es auch Papst Benedikt
XVI. 2007 in seinem Brief an die Katholiken in China gewünscht hatte. Diese Spaltung
müsse überwunden werden, so Schick. „Weil es diese beiden Gruppierungen gibt,
ist die gewünschte einheitliche Vorgehens- und Handlungsweise noch erschwert. Wenn
die Einheit vorhanden wäre, könnte sicher von der katholischen Kirche auch klarer
gegenüber Regierung oder Partei gesprochen werden, und es könnten auch leichter die
verschiedenen Aktionen im liturgischen, erzieherischen und sozialen Bereich von statten
gehen.“
Mit welchen Schwierigkeiten die Christen in China zu kämpfen haben,
schilderte der Leiter des Chinazentrums in St. Augustin, Pater Anton Weber. Die Religionsfreiheit
werde zwar in der Verfassung gewährleistet, aber dennoch werde der Religion in China
„nicht oder noch nicht“ jenes Maß an Freiheit gewährt, die der internationale Menschenrechtsstandard
fordere. „Es ist bekannt, dass von den Behörden - um Informationen über das
Personal und die Aktivitäten der Kirche zu sammeln - Telefongespräche abgehört werden,
ja dass versucht wird, Laien und kirchliches Personal durch Bestechung als Informanten
zu gewinnen. Priester und Bischöfe müssen regelmäßig an politischen Schulungen teilnehmen,
die Ausbildung an den Priesterseminaren wird überwacht.“ Hier mehr zum Thema:http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=232874 (rv 23.09.2008
bp) Lehmann, „Religionen beten nebeneinander, nicht miteinander” Für eine notwendige
„Unterscheidung der Geister” im interreligiösen Dialog hat sich der Vorsitzende der
Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Karl Lehmann ausgesprochen.
Gleichzeitig wandte er sich gegen das gemeinsam gesprochene Gebet von Angehörigen
verschiedener Religionen. Zwischen den Partnern des interreligiösen Dialogs brauche
es eine ebenbürtige Anerkennung nach dem klassischen Grundsatz „ein Gleicher redet
mit einem Gleichen”, sagte Lehmann an diesem Mittwoch in Fulda bei der Vorstellung
der zweiten aktualisierten Auflage der Arbeitshilfe „Leitlinien für das Gebet bei
Treffen von Christen, Juden und Muslimen”. „Aber dies bedeutet nicht eine Gleichschaltung
und Gleichwertigkeit, schon gar nicht eine Gleichgültigkeit der Religionen untereinander.
Ich muss zunächst einmal den Gesprächspartner auf derselben Ebene annehmen auf der
ich selber bin, deswegen gibt es auch einen Vorschuss der Annahme des Anderen. Vielmehr
muss die Überzeugung vom Wahrheitsanspruch des eigenen Glaubens mit der Bereitschaft
und Öffnung zum Dialog mit den anderen Religionen einhergehen.”
Die
Arbeitshilfe richtet sich an die Verantwortlichen in Gemeinden, Schulen, Verbänden
und Krankenhäusern. Ihnen sollen konkrete Anregungen und Hilfen für religiöse Begegnungen
mit Angehörigen anderer Religionen an die Hand gegeben werden. Anders als früher spreche
man nicht mehr von „Feier” und „multireligiös”, um Missverständnissen vorzubeugen. „Die
auf dem Weltgebetstreffen in Assisi 1986 von Papst Johannes Paul II. formulierte Aussage,
nicht gemeinsam zu beten, sondern im Beisein des anderen und jeder für sich aus seiner
eigenen Tradition heraus, wird weiterhin als Grundlage des Textes unverändert und
durchgängig vertreten.” (rv/pm 24.09.2008 bp)
Keine Lösung
für Irakflüchtlinge in Sicht Europa soll in Verhandlungen
über die Aufnahme von Irakflüchtlingen treten. Diese Forderung der katholischen Kirche
bekräftigte jetzt der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Ludwig Schick. Die EU-Innenminister haben nach wiederholter Debatte auch
an diesem Donnerstag keinen Beschluss zur Aufnahme irakischer Flüchtlinge gefasst.
Eine Entscheidung wird nach Angaben der EU-Kommission wohl erst Ende November fallen.
Erzbischof
Ludwig Schick: „Unsere wichtigste Aufgabe ist im Augenblick, die Regierung
dazu zu bewegen, der Aufnahme näher zu treten. Wir möchten, dass die Regierungen in
Europa und auch die Deutsche da vorangehen.“ Die deutschen Bischöfe und die
Bundesregierung stünden im Kontakt, betonte Schick. Es sei jedoch nicht rechtens,
die Verantwortung an Kirchengemeinden abzutreten. „Wir möchten, dass ein größeres
Kontingent aufgenommen wird. Wir sind dann mit unseren Gemeinden und Strukturen bereit
zu helfen, dass die Menschen hier gut ankommen und Lebensmöglichkeiten haben. Aber
zunächst sind die Regierungen aufgefordert.“ Was die deutsche Kirche unter
einem „größeren Kontingent“ versteht, kann auch Weltkirchenbischof Schick nicht präzisieren.
Noch fehlten genaue Kenntnisse über die Situation der Flüchtlinge in den Nachbarländern
des Irak.„Wie viele es genau sind, wissen wir nicht, weil im Augenblick die Dinge
nicht richtig vorangebracht werden. Die Regierungen sind noch nicht so weit, dass
sie Verhandlungen mit den Staaten aufnehmen. Erst dann würden die Flüchtlingszahlen
offen liegen und erst dann kann auch über die Aufnahmezahlen gesprochen werden.“
Nach
Angaben der EU-Kommission wird Anfang November eine europäische Abordnung in die Region
reisen, um gemeinsam mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen den Bedarf
zu ermitteln. Erst danach könne der Rat über eine gemeinsame Herangehensweise entscheiden,
sagten Diplomaten in Brüssel. (rv/pm 25.09.2008 bp)
Gemeinsame
Erklärung: Moscheedebatte muss versachlicht werden Die katholischen Bischöfe
haben das Recht der Muslime auf den Bau von Moscheen in Deutschland betont. Religiöse
Gebäude dürften jedoch nicht „zum Ausdruck von Machtansprüchen oder Rivalität“ missbraucht
werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die an diesem Freitag in Fulda zum
Ende ihrer Herbstvollversammlung veröffentlicht wurde.
Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verwies auf die im Grundgesetz
verankerte Religionsfreiheit. Die Genehmigung zum Moscheebau in Deutschland könne
nicht von der Situation in muslimischen Ländern abhängig gemacht werden, sagte Zollitsch. „Zur
Religionsfreiheit gehört das Recht – auch der Muslime in unserem Land – ihre Religion
auszuüben und dementsprechend auch Moscheen zu bauen. Wir haben die Religionsfreiheit
und stehen dazu, bitten aber zugleich die Muslime, dass sie sich in ihren Heimatländern
dann ebenfalls für die Religionsfreiheit einsetzen.“
Mit ihrer Orientierungshilfe
wollen die deutschen Bischöfe zur Versachlichung der Diskussion in der Gesellschaft
beitragen. Erste Adressaten des vierseitigen Papiers sind die Kirchengemeinden, um
Hilfen für das Gespräch mit Muslimverbänden und politisch Verantwortlichen zu erhalten.
Die Moscheevereine werden zur Zusammenarbeit und zur offenen Diskussion aufgerufen. „Es
ist schade, dass Religion immer wieder Anlass für Spannungen ist. Unser Anliegen ist
das Gegenteil: Wir wollen dazu beitragen, dass Religion zum Brückenbau beiträgt und
zur besseren Verständigung.“
Entschieden verwehren sich die Bischöfe dagegen,
Sorge und Ängste der Bevölkerung zu instrumentalisieren… „auch politisch zu
instrumentalisieren. Debatten über den Bau von Moscheen sind grundsätzlich legitim,
denn man soll über solche Fragen auch sprechen. Kritik und das kritische Gespräch
sind erlaubt, aber Hetze ist nicht erlaubt.“
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz
legt Wert auf die konkreten Umstände, in denen Moscheen errichtet werden. Die Frage
der Größe und angeschlossenen islamischen Einrichtungen spiele eine Rolle, ebenso
die Auswirkungen auf städtebauliche und soziale Fragen. „Man darf dann auch
darüber sprechen, ob, wenn solche Zentren sehr groß werden, das eher der Ghettobildung
dient, denn der Integration. Ich persönlich forciere sehr Predigten in deutscher Sprache,
denn das ist eine Übersetzung in unseren Kontext hier in Deutschland. Wir wollen helfen,
dass die Menschen kein Ghetto bilden, weder in der eigenen Sprache noch in der eigenen
Wirtschaft. Wir haben ja auch Wert darauf gelegt, dass Imame, die aus der Türkei kommen,
vorher dort Deutsch lernen, aber wir merken auch, dass da noch einiges nachgeholt
werden muss.“
Bei einer Reise in die Türkei werde die deutsche Bischofskonferenz
in der nächsten Woche noch einmal das Thema Religionsfreiheit ansprechen. Unter Leitung
des Kölner Kardinals Joachim Meisner brechen zehn deutsche Bischöfe zu einer Wallfahrt
auf den Spuren des Apostels Paulus auf. Unter anderem besuchen sie Tarsus, die Geburtsstadt
des Heiligen. Zollitsch: „Wir werden dort in Erinnerung rufen, dass es möglich
sein muss, dass Christen zur der Kirche, die in Tarsus steht und zu einem Museum deklariert
wurde, pilgern und dort Gottesdienst feiern können.“
Die Bischofskonferenz
hatte bereits 1982 und 1993 eine Arbeitshilfe „Christen und Muslime in Deutschland“
vorgelegt. Eine Neufassung 2003 ging dann auch detailliert auf den Moscheebau ein.
Schon lange vor der aktuellen Diskussion in Deutschland warnten die Bischöfe darin
vor Missbrauch religiöser Bauten. (rv 26.09.2008 bp)
Neues
zur Sexualmoral Die deutschen Bischöfe
wollen sich erneut mit der Sexualmoral der katholischen Kirche befassen. 40 Jahre
nach Veröffentlichung der Enzyklika „Humanae Vitae“ und dem Nein zur künstlichen Empfängnisverhütung
sei eine neue Verständnishilfe für die Menschen, gerade auch für die Jugend wichtig,
erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, zum Abschluss der
Herbstvollversammlung am Freitag in Fulda. „Es geht darum, wie helfen wir zu
einer angemessenen Auseinandersetzung, die nicht nur einseitig die Spannung zwischen
Lehramt und Gewissen bringt, oder einseitig nur auf Familienplanung hinweist, sondern
wie die Frage nach Personalität, Liebe, Partnerschaft, Ehe und Treue heute neu dargestellt
werden kann und wie wir dies heute verkünden können, denn wir spüren eine Neubesinnung
auf das personale Geschehen, und das scheint uns sehr wichtig zu sein.“
Die
Herbstvollversammlung der Bischöfe habe dazu der Glaubenskommission einen Auftrag
erteilt. Der Anstoß dazu sei jedoch nicht aus Rom, sondern aus dem Kreis der Bischöfe
selber gekommen, so Zollitsch. „Es wurde auch angesprochen, dass wir manche
problematische Tendenzen im schulischen Sexualkundeunterricht sehen, wenn es etwa
nur darum geht, technische Möglichkeiten der Emfpängnisverhütung zu vermitteln, ohne
das personale Geschehen miteinzubeziehen. Auch durch die heutige Reproduktionsmedizin
kommen Fragen auf, wo wir uns um der Würde des Menschen willen zu Wort melden sollen.“
In
der Enzyklika „Humanae Vitae - Über die rechte Ordnung der Weitergabe des menschlichen
Lebens“ vom 25. Juli 1968 befasste sich Paul VI. mit einer ganzheitlichen Sicht des
Menschen, der ehelichen Liebe und der Würde von Mann und Frau. Heftig kritisiert werden
bis heute Passagen, die jegliche Form der künstlichen Empfängnisverhütung ablehnen
und katholischen Ehepaaren nur natürliche Methoden der Verhütung erlauben. Die deutschen
Bischöfe reagierten Ende August 1968 mit ihrer „Königsteiner Erklärung“ auf das päpstliche
Rundschreiben. In dem Dokument widersprachen sie der Enzyklika nicht, versuchten aber,
pastorale Hilfen zu geben und die persönliche Gewissensentscheidung der Eheleute zu
respektieren.
Beide Dokumente behielten ihre Gültigkeit, betonte der Vorsitzende
der Bischofskonferenz. Bis zum Frühjahr soll die Glaubenskommission jedoch unter Federführung
von Kardinal Karl Lehmann neue weiter gehende Überlegungen aus heutiger Sicht präsentieren.
Zollitsch: „Es geht nicht um eine Revision, sondern um eine Weiterführung angesichts
der Fragen, die sich zusätzlich gestellt haben.“ (rv 26.09.2008 bp)
Abschlussbericht:
Bischöfe zur Alten Messe, zu Ökumene und Ehe Am Donnerstag Abend
ist in Fulda die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischöfe zu Ende gegangen. Erstmals
stand sie unter Leitung des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch. An diesem Freitag
präsentierte er die Ergebnisse der Beratungen vor der Presse.
Neben der
erwarteten gemeinsamen Erklärung zum Moscheebau in Deutschland – Radio Vatikan berichtete
– thematisierte Zollitsch die Messfeiern im außerordentlichen Ritus. Der Bedarf in
Deutschland sei gedeckt, sagte Zollitsch mit Verweis auf eine in allen deutschen Diözesen
durchgeführte Umfrage. „Das Ergebnis zeigt, das Motu Proprio von Papst Benedikt
aus dem Jahr 2007 wird aktiv aufgenommen und auch aktiv umgesetzt, wo Leute da sind,
die sich dafür interessieren.“ War es 2006 noch in nur 31 Orten möglich, die
Messe im außerordentlichen Ritus zu feiern, hat sich die Zahl inzwischen verdreifacht.
98 Orte bieten diese Messe an. Die Zahl der Priester hat sich nach Angaben der Bischöfe
verdoppelt. Zollitsch: „Das zeigt deutlich, wo Bedarf da ist, reagieren wir
positiv. Aber der Bedarf ist auch nicht so groß, dass man noch viel mehr Orte braucht.
Es geht auch nicht darum, künstlich Bedarf zu schaffen, denn das ist nicht unsere
Aufgabe. Ich bin froh, dass wir diese Umfrage haben und ich werde darüber auch nach
Rom berichten. Wenn Gesprächsbedarf ist, bin ich gerne bereit, Rede und Antwort zu
stehen, das gehört mit dazu.“
Erneut wies Zollitsch Presseberichte zurück,
der Vatikan sei enttäuscht über die Haltung der deutschen Bischöfe und eine restriktive
Umsetzung der päpstlichen Weisung zur allgemeinen Zulassung der Messe im erneuerten
Ritus von 1962. Er berichtete von einer eigenen Unterredung mit Camille Perl, dem
Vizepräsidenten der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“, die für Kontakte zu Traditionalisten
und Belange des tridentinischen Ritus zuständig ist. „Ich kann diese Meldungen
nicht verstehen. Wir waren bei der zuständigen Stelle in Rom, haben ausführlich über
die Situation gesprochen. Man sagte uns ganz klar, dass man eine Regelung im Einvernehmen
mit den Bischöfen wolle. Wenn über Rom versuche gemacht würden, solche Dinge zu erreichen,
schicke man das regelmäßig an die Bischöfe. Es gab keine Kritik am Verhalten von irgendeinem
der deutschen Bischöfe.“ Ziel – auch darin sei man mit Ecclesia Dei einer
Meinung – sei nicht etwa, die Traditionalisten zurück zu gewinnen, sondern Menschen,
die diese Messe schätzen, eine Beheimatung in der Kirche zu geben.
Zollitsch
kündigte außerdem eine Fortsetzung des theologischen Gesprächs mit der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) an. Fünf Jahre will man sich
Zeit nehmen für das Thema „Gott und die Würde des Menschen.“ Die Teilnehmer des Dialogs
sollen noch benannt werden. An der Ökumene führe kein Weg vorbei, hatte Zollitsch
schon im Eröffnungsreferat zur Vollversammlung betont. Gemeinsam und „einvernehmlich“
würden die Christen mehr wahrgenommen. An diesem Freitag erklärte er: „Wir hoffen,
dass es uns gelingt, im Gespräch zu stärkeren gemeinsamen Positionen zu kommen, denn
sie erreichen mehr Menschen. In einer Demokratie geht es ja auch darum, Menschen zu
überzeugen, dass das, was wir vertreten das Richtige ist und möglichst viele dann
auch dafür zu gewinnen.“
Weiteres Thema: Die kirchliche Trauung ohne
vorhergehende standesamtliche Trauung. Die Vollversammlung hat sich nach, so Zollitsch,
„intensiver Diskussion dazu entschieden“, im Rahmen der kirchlichen Ehevorbereitung
ein „Nihil obstat“ (lat.: „es steht nichts dagegen“) für Brautpaare einzuführen, die
vor der kirchlichen Trauung nicht bürgerlich heiraten. Sie müssen eine Erklärung abgeben,
dass sie über das Fehlen rechtlicher Wirkungen einer kirchlichen Trauung im staatlichen
Bereich belehrt worden seien. Entsprechende Formulierungsvorschläge werden derzeit
erarbeitet. (rv 26.09.2008 bp)
Sachlich, offen, spannend.
Die Bischofskonferenz aus Korrespondentensicht Vier Tage lang debattierten,
beteten und studierten die deutschen Bischöfe in Fulda. Auf der Tagesordnung ihrer
Herbstvollversammlung standen eine gemeinsame Erklärung zum Moscheebau, ein Studientag
zum Thema Medien und zahlreiche Einzelfragen zu Liturgie und Ökumene. Am Freitag stellte
der neue Vorsitzende Robert Zollitsch die Ergebnisse vor. Birgit Pottler war für Radio
Vatikan vor Ort, Pater Max Cappabianca hat sie nach ihren Eindrücken gefragt. Ein
Fazit der Vollversammlung aus Korrespondentensicht? Es scheint ein sachliche,
stringente und einmütige Versammlung gewesen zu sein, diese erste unter dem Freiburger
Erzbischof. Robert Zollitsch steht für präzise Zusammenfassungen, kurze Einführungen
und große Offenheit für Fragen und Diskussion. So hat er sich den Journalisten gegenüber
präsentiert, und das hat sicher auch die Versammlung der Bischöfe geprägt. Kardinal
Lehmann ist dabei aber keineswegs in die kontrollierende, beobachtende „Ex-Vorsitzenden“-Rolle
geschlüpft, sondern scheint voll und ganz in seinen neuen Aufgaben in der Glaubenskommission
aufzugehen. Zollitsch betonte die gute Atmosphäre der Versammlung und die große Gemeinsamkeit.
Keine Frage sei unausgesprochen geblieben und die Bischöfe hätten bei jeder Entscheidung
einen Konsens gefunden. Das scheint mir bemerkenswert, schließlich standen ja durchaus
Punkte auf der Tagesordnung, Moscheebau und Alte Messe zum Beispiel, zu denen sie
im Vorfeld mitunter unterschiedliche Positionen hatten. Der Vorsitzende
war klar die wichtigste Neuerung dieser Vollversammlung. Gab es auch thematisch neue
Aspekte oder gar Überraschungen? Überraschend war zunächst aus Journalistensicht
die Ankündung, über die katholische Sexualethik und die als „Pillenenzyklika“ in Misskredit
geratene Enzyklika „Humanae Vitae“ nachzudenken. Gegen solche - so Zollitsch - einseitigen
Interpretationen wollen die Bischöfe neue Überlegungen einbringen, vor allem jungen
Menschen eine Verständnishilfe bieten und dabei den ganzen Komplex von personaler
Liebe, Partnerschaft, Treue ansprechen, anstatt sich auf ein Nein zur Empfängnisverhütung
reduzieren zu lassen. Das betont Zollitsch. Er wollte dieses Thema und für die Bischöfe
war es daher wohl auch alles andere als überraschend, doch im schriftlichen Pressebericht
zum Abschluss tauchte es nicht auf. 1968 hatte der deutsche Episkopat ja mit der so
genannten „Königsteiner Erklärung“ in Fragen der Empfängnisverhütung die Gewissensentscheidung
der Eheleute stärker betont. Kardinal Meisner fordert seit Jahren laut eine Korrektur.
Die soll es laut Zollitsch jedoch nicht geben. Bis zum Frühjahr muss jetzt Kardinal
Lehmann, der ja selbst als langjähriger Episkopatsvorsitzender mit dieser Diskussion
konfrontiert war, mit der Glaubenskommission einen Kompromiss erarbeiten. Wirklich
neu waren für viele Bischöfe die technischen Neuerungen der Medienwelt. Einen Tag
lang informierten sie sich über Medienverhalten und Möglichkeiten. Zeitung, Radio,
Fernsehen - das kennen wir, hieß es, aber im Internet da waren viele wohl noch nicht
„wirklich drin“. Den Herren machte es Freude, sie sponnen Ideen und warten jetzt gespannt
auf bewegte Bilder von Gottesdiensten im Netz - oder zumindest auf erste Vorschläge
ihrer Medien- und Finanzexperten. Was war also die Quintessenz dieser
Vollversammlung, was die wichtigste Entscheidung? Wie geht es weiter? Die Quintessenz:
Wir müssen nach vorne schauen und uns nicht vor gesellschaftlichen Neuerungen, ob
sie uns nun gefallen oder nicht, verschließen. Vom ersten bis zum letzten Tag riefen
die Bischöfe in ihren Predigten und Erklärungen zum mutigen Glaubensbekenntnis auf,
zum Bekenntnis und Engagement in der Öffentlichkeit. Die wichtigste Entscheidung mit
Außenwirkung war zunächst die Orientierungshilfe zur Diskussion um den Moscheebau.
Doch die Fragen nach der Sexualmoral und dem Medienauftritt werden die Bischöfe und
damit die Kirche in Deutschland ja auch in Zukunft beschäftigen. Zollitsch hat ja
zu neuen Schritten in der Seelsorge aufgerufen, um die Menschen besser zu erreichen.
Von seinen Bischofskollegen, so sagt er, hat er „sehr viel Zustimmung erfahren“. Ich
bin gespannt - auf diesen neuen Weg der Verkündigung und auf die Reaktionen. (rv
27.09.2008 bp)