Der bevorstehende
50. Todestag von Papst Pius XII. ist ein guter Anlass, gründliche und ideologiefreie
historische Studien über das Wirken des Weltkriegs-Papstes anzuregen, „um jedes bestehende
Vorurteil zu überwinden“. Das sagte Papst Benedikt XVI. an diesem Donnerstag einer
Gruppe der amerikanisch-jüdischen „Pave the way Foundation“. Diese Stiftung hatte
in Rom einen dreitägigen Kongress über den Pacelli-Papst und seine Aktivitäten zur
Rettung von Juden vor dem Holocaust ausgerichtet. Benedikt äußerte sich allerdings
nicht zu einer möglichen Seligsprechung des Papstes.
„Sehr viel wurde über
Pius in diesen 50 Jahren seit seinem Tod geschrieben und gesagt, wobei nicht alle
der Facetten seiner verschiedenen pastoralen Aktivitäten im rechten Licht betrachtet
wurden. Das Ziel Ihres Symposiums war es nun, einige dieser Mängel anzugehen, indem
Sie eine vorsichtige und gut dokumentierte Untersuchung über viele seiner Interventionen
durchführten - besonders über solche zugunsten der Juden, die in jenen Jahren in ganz
Europa verfolgt wurden, gemäß des kriminellen Plans jener, die sie vom Antlitz der
Welt auslöschen wollten.“
Betrachte man Pius „frei von ideologischen Vorurteilen“,
werde sein edler spiritueller und menschlicher Charakter offensichtlich, würdigte
Papst Benedikt seinen Vorgänger. Schätzenswert sei auch die „menschliche Weisheit
und pastorale Intensität“, von denen sich der Pacelli-Papst in den langen Jahren seines
Amtes leiten ließ, „besonders bei der Bereitstellung organisierter Hilfe für das jüdische
Volk“.
„Dank der großen Menge an dokumentiertem Material, das Sie mit Hilfe
wertvoller Zeugen gesammelt haben, bietet Ihr Symposium die Möglichkeit, vollständiger
zu erfahren, was Pius XII. für die vom Nazi- und vom faschistischen Regime verfolgten
Juden erreichte. Auf diese Weise versteht man, dass er, wo immer es möglich war, keine
Mühe scheute, sich zu ihren Gunsten einzusetzen – sei es direkt, sei es durch Anweisungen
an Einzelne oder an Einrichtungen der Katholischen Kirche.“
Benedikt äußerte
Verständnis dafür, dass dieser Einsatz des Papstes nach außen hin „schweigend“ ablief.
„Seine
Interventionen waren geheim und still, weil es in der gegebenen Situation des schwierigen
historischen Momentes nur so möglich war, das Schlimmste zu verhindern und die größtmögliche
Zahl von Juden zu retten.“
Benedikt verwies auch darauf, dass nach dem
Krieg viele jüdische Autoritäten dem Papst für sein Engagement gedankt hatten. So
habe Pius am 29. November 1945 eine Delegation von 80 Überlebenden deutscher Konzentrationslager
in Audienz empfangen, die ihm für seine „Großzügigkeit während der schrecklichen
Periode der nazi-faschistischen Verfolgung dankten“.
Für Papst Pius XII. läuft
seit 1965 ein Verfahren zur Seligsprechung. Die historischen Erhebungen, die so genannte
Positio, umfasst 3.500 Seiten und liegt seit mehreren Jahren vor. Vom Vatikan beauftragte
Historiker, Theologen sowie Bischöfe und Kardinäle der Kongregation für die Selig-
und Heiligsprechungen haben in den verschiedenen Instanzen des Verfahrens die Seligsprechung
des Pacelli-Papstes befürwortet. Die letzte Unterschrift allerdings fehlt: Benedikt
XVI. hat bisher davon abgesehen, grünes Licht für die Seligsprechung zu geben.