In der schweren Krise
Boliviens zeigen sich zum ersten Mal leichte Zeichen der Entspannung. Staatschefs
aus Nachbarstaaten Boliviens stärkten bei einem Sondergipfel in Santiago de Chile
ihrem Amtskollegen aus Bolivien, Evo Morales, demonstrativ den Rücken. Sie versprachen
auch, sich für einen Ausgleich zwischen Morales und der bolivianischen Opposition
einzusetzen. In mehreren reichen Provinzen wollen Gegner des Indio-Präsidenten „als
Zeichen guten Willens“ ihre Demonstrationen zeitweilig aussetzen. Die blutigen Unruhen
hängen mit Morales Plänen zusammen, den Indios mehr Teilhabe an den Ressourcen zu
sichern. Umstritten ist auch die von ihm auf den Weg gebrachte Verfassungsreform.
Bei den Unruhen der letzten Tage sind an die zwanzig Menschen ums Leben gekommen.
Die Spaltung Boliviens kommt auch dadurch zustande, dass im reichen Osten eher Menschen
mit europäischen Vorfahren leben, im ärmeren Westen hingegen vor allem Indios. Arturo
Mottola ist Laienmissionar in der Stadt Yacuiba in Süd-Bolivien:
„Der Graben
verläuft zwischen den so genannten Camba und den so genannten Coi, also den Leuten
des Ostens und denen des Westens. Die Unruhen sind auch deshalb so schlimm, weil wir
von einer sehr starken Rechten mit einem Mal zu einer sehr starken Linken übergeschwenkt
sind – und leider sind alle beide, rechts wie links, nicht imstande, miteinander zu
reden.“
Mottola arbeit in Yacuiba mit Straßenkindern.
„Wir haben versucht,
den Kindern und Jugendlichen in unserem Zentrum die Lage zu erklären. Und wir sind
zusammen eine Art Versöhnungsweg gegangen, denn wir haben ja Kinder aus dem Osten
wie aus dem Westen bei uns. Und da haben wir versucht, ihnen zu erklären, dass es
zwischen ihnen wirklich überhaupt keinen Unterschied gibt...“
Die Bischöfe
von Bolivien haben in einem in Cochabamba veröffentlichten Aufruf Stellung zu den
Unruhen genommen – Titel: „Nein zur Gewalt – Ja für eine Verständigung“. Darin betonen
sie, dass in Bolivien ein Wandel notwendig sei, der der armen Bevölkerung zu Gute
komme. Dieser Wandel müsse allerdings das Ergebnis eines breiten Konsenses, des Dialogs
und nicht der Gewalt sein. Angesichts der Gewalt und Unversöhnlichkeit der Konfliktparteien
haben sie für Freitag, 19. September zu einem landesweiten Gebetstag für den Frieden
eingeladen.