F: Kernsätze der Papstansprache an die französischen Bischöfe
Papst Benedikt XVI.
hat in einer Grundsatzrede an die Bischöfe Frankreichs einige wichtige Herausforderungen
für die Kirche des Landes benannt. Er unterstrich u.a. die Unersetzlichkeit des Weiheamtes,
erneuerte sein Nein zur Homoehe und ermutigte, die Signale der französischen Regierung
für eine „neue Laizität“ aufzugreifen. Lesen Sie hier die Kernsätze seiner Ansprache:
Die Aufgabe des Bischofs
Eure vor allem geistliche Sendung
besteht darin, die notwendigen Bedingungen dafür zu schaffen, daß die Gläubigen „mit
einer Stimme durch Jesus Christus dem Vater lobsingen“ (ebd., 4,2) können und auf
diese Weise ihr Leben zu einer Opfergabe für Gott machen.
Die Katechese
Ihr seid zu Recht überzeugt davon, daß die Katechese von grundlegender
Bedeutung ist, um in jedem Getauften den „Geschmack an Gott“ und das Verständnis für
den Sinn des Lebens wachsen zu lassen. … Eine sorgfältige Vorbereitung der Katecheten
wird eine unverkürzte Weitergabe des Glaubens ermöglichen, nach dem Vorbild des heiligen
Paulus, dem größten Katecheten aller Zeiten, auf den wir während dieses 2000-Jahr-Jubiläums
seiner Geburt mit besonderer Bewunderung blicken. „Verkünde das Wort, tritt dafür
ein, ob man es hören will oder nicht … in unermüdlicher und geduldiger Belehrung“
(2 Tim 4,2).
Berufungspastoral
Um diese Aufgabe wirksam zu erfüllen,
braucht Ihr Mitarbeiter. Aus diesem Grund verdienen es die Berufungen zum Priestertum
und zum geweihten Leben, mehr denn je ermutigt zu werden. Liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
hört nicht auf, zum Priestertum oder zum geweihten Leben einzuladen, genauso wie Petrus
auf Geheiß des Meisters seine Netze auswarf, obwohl er die ganze Nacht gearbeitet
hatte, ohne etwas zu fangen.
Unersetzlichkeit des Weiheamtes
Man
wird nicht oft genug wiederholen können, daß das Priestertum für die Kirche unentbehrlich
ist, im Interesse der Laien selbst. Die Priester sind ein Geschenk Gottes an die Kirche.
In dem, was die ihnen eigene Sendung betrifft, können die Priester ihre Aufgaben nicht
den Gläubigen übertragen. … Wendet Eure Aufmerksamkeit ihrer menschlichen, intellektuellen
und spirituellen Bildung zu sowie auch ihrem materiellen Unterhalt. Bemüht Euch trotz
der Last Eurer Tätigkeiten, Euch regelmäßig mit ihnen zu treffen und sie als Brüder
und Freunde zu empfangen.
Umstrittenes Motu Proprio
Im Motu
Proprio Summorum Pontificum wurde ich dazu geführt, die Bedingungen für die Ausübung
dieser Aufgabe zu präzisieren im Hinblick auf die Möglichkeit der Benutzung sowohl
des Meßbuchs des seligen Johannes XXIII. (1962) als auch des Meßbuchs Papst Pauls
VI. (1970). Einige Früchte dieser neuen Anordnungen haben sich schon gezeigt, und
ich hoffe, daß die unerläßliche Beruhigung der Gemüter Gott sei Dank voranschreitet.
Ich kann die Schwierigkeiten ermessen, denen Ihr begegnet, aber ich zweifle nicht
daran, daß Ihr in absehbarer Zeit zu für alle befriedigenden Lösungen gelangen könnt,
damit das nahtlose Gewand Christi nicht weiter zerrissen wird.
Die Familie
– Wiederverheiratete Geschiedene - Nein zur Homoehe
Es gibt sicher ein
Problem, das überall von besonderer Dringlichkeit ist: die Situation der Familie.
Wir wissen, daß Ehepaare und Familien heute wahrhaften Stürmen entgegentreten. … Seit
mehreren Jahrzehnten haben in verschiedenen Ländern Gesetze die Natur der Familie
als Urzelle der Gesellschaft relativiert. Oft versuchen die Gesetze eher, sich den
Lebensgewohnheiten und Forderungen von Einzelpersonen oder Sondergruppen anzupassen,
als das Gemeinwohl der Gesellschaft zu fördern. … Zu Recht haltet Ihr – auch um den
Preis, gegen den Strom zu schwimmen – an den Prinzipien fest, die die Stärke und die
Größe des Ehesakramentes ausmachen. … Besonders schmerzlich ist das Problem der wiederverheirateten
Geschiedenen. Die Kirche, die sich dem Willen Christi nicht widersetzen kann, hält
unverbrüchlich an dem Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe fest, bringt aber zugleich
große Zuneigung denjenigen Männern und Frauen entgegen, denen es aus verschiedenen
Gründen nicht gelingt, es zu befolgen. Deshalb können Initiativen, die die Segnung
von illegitimen Verbindungen anstreben, nicht zugelassen werden.
Jugendliche
Obwohl sie in einer Welt leben, die sie hofiert und ihren niedrigen Instinkten
schmeichelt, und sie auch selbst die große Last eines schwer anzunehmenden Erbes tragen,
bewahren die Jugendlichen eine Frische des Geistes, die meine Bewunderung hervorgerufen
hat. … Während seiner ersten Reise nach Frankreich hat mein verehrter Vorgänger eine
Ansprache an die Jugendlichen Eures Landes gerichtet, die nichts von ihrer Aktualität
verloren hat und die damals mit unvergeßlicher Begeisterung aufgenommen wurde. „Der
moralische Permissivismus macht die Menschen nicht glücklich“, rief er im Parc-des-Princes
unter stürmischem Beifall aus. Der gesunde Menschenverstand, der die natürliche Reaktion
seiner Zuhörerschaft bewirkt hat, ist nicht tot.
„Neue Laizität“
Die
Hervorhebung der christlichen Wurzeln Frankreichs wird jedem Bewohner dieses Landes
erlauben, besser zu verstehen, woher er kommt und wohin er geht. Folglich muß … ein
neuer Weg gefunden werden, um im Alltag die grundlegenden Werte, auf denen die Identität
der Nation aufgebaut ist, auszulegen und zu leben. Euer Präsident hat auf diese Möglichkeit
hingewiesen. Die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen für das alte Mißtrauen oder
sogar für Feindseligkeit verschwinden allmählich. Die Kirche beansprucht für sich
nicht die Stelle des Staates. Sie will sich nicht an die Stelle des Staates setzen.
Interreligiöser Dialog
Der Zweck des ökumenischen sowie des
interreligiösen Dialogs, die sich sicherlich ihrer Natur und ihrer jeweiligen Zielsetzung
nach voneinander unterscheiden, ist die Suche und die Vertiefung der Wahrheit. Es
handelt sich um eine edle und für jeden gläubigen Menschen verpflichtende Aufgabe,
weil Christus selbst die Wahrheit ist. … Sicher ist es notwendig, die verschiedenen
unternommenen Initiativen aufmerksam zu verfolgen und diejenigen zu erkennen, die
die gegenseitige Kenntnis und Achtung sowie den Dialog fördern, und andere, die in
eine Sackgasse führen, zu vermeiden. Der gute Wille allein reicht nicht aus. Ich bin
überzeugt, daß es zunächst des Zuhörens bedarf, um dann zur theologischen Diskussion
überzugehen und schließlich zur Bezeugung und Verkündigung des Glaubens selbst zu
gelangen (vgl. Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung, 3. Dezember
2007, 12).
Frankreich braucht eine spirituelle Befreiung
Jetzt
ist es vor allem notwendig, für eine spirituelle Befreiung tätig zu sein. Der Mensch
hat es immer nötig, befreit zu werden von seinen Ängsten und Sünden. Der Mensch muß
unaufhörlich lernen oder wieder lernen, daß Gott nicht sein Feind ist, sondern sein
gütiger Schöpfer. Der Mensch braucht das Wissen, daß sein Leben einen Sinn hat und
daß er am Ende seines irdischen Daseins erwartet wird, um auf ewig an der Herrlichkeit
Christi im Himmel teilzuhaben. Eure Sendung besteht darin, den Eurer Sorge anvertrauten
Teil des Gottesvolkes zur Erkenntnis dieses herrlichen Zieles zu führen.