Zu Beginn seines Besuchs
in Frankreich hat Benedikt XVI. den Dialog zwischen Kirche und Staat gewürdigt. In
der ersten Ansprache im Pariser Elysée-Palast erinnerte der Papst an den wichtigen
Beitrag der Religion für die ethischen Normen der Gesellschaft. Bei offiziellen Empfang
am Sitz des Staatspräsidenten beklagte das Kirchenoberhaupt die wachsende Distanz
zwischen Arm und Reich und rief zu konkreten Maßnahmen gegen den Klimawandel auf.
Mit Blick auf die Europa-Politik warnte Benedikt XVI. vor „der Gefahr eines Widererstehens
alten Misstrauens“. Frankreich aufgrund seiner Geschichte sei in der derzeitigen EU-Ratsspräsidentschaft
dazu berufen, „Europa zu helfen,…den Frieden aufzubauen“.
Kernsätze der Ansprache:
Gegenwärtig
erfreut sich die Kirche in Frankreich einer Ordnung der Freiheit. Das Misstrauen der
Vergangenheit hat sich allmählich in einen sachlichen und positiven Dialog verwandelt,
der sich zunehmend festigt. … Wir wissen, dass einige Bereiche des Dialogs noch offen
sind, die wir mit Entschiedenheit und Geduld nach und nach in Angriff nehmen und bereinigen
müssen.
Ich bin überzeugt, dass in dieser geschichtlichen Zeit, in der die
Kulturen sich immer mehr verflechten, ein neues Nachdenken über den wahren Sinn und
die Bedeutung der Laizität notwendig geworden ist. In der Tat ist es grundlegend,
einerseits auf die Unterscheidung zwischen politischem und religiösem Bereich zu bestehen,
um sowohl die Religionsfreiheit der Bürger als auch die Verantwortung des Staates,
die er ihnen gegenüber hat, zu gewährleisten, und sich andererseits deutlicher der
unersetzlichen Funktion der Religion für die Gewissensbildung bewusst zu werden und
des Beitrags, den die Religion gemeinsam mit anderen zur Bildung eines ethischen Grundkonsenses
innerhalb der Gesellschaft erbringen kann.
Besorgt bin ich über die soziale
Situation der westlichen Welt, die leider durch eine schleichend wachsende Distanz
zwischen Reichen und Armen gekennzeichnet ist. Ich bin sicher, dass es möglich ist,
gerechte Lösungen zu finden, die über die notwendige unmittelbare Hilfe hinaus zum
Kern des Problems vordringen, um die Schwachen zu schützen und ihre Würde zu fördern.
In
einem wesentlich weiteren Rahmen beunruhigt mich auch der Zustand unseres Planeten.
Mir scheint der Moment gekommen, konstruktivere Vorschläge zu machen, um das Wohl
der kommenden Generationen zu gewährleisten.
Die Präsidentschaft der Europäischen
Gemeinschaft stellt für Ihr Land eine Gelegenheit dar, die Bedeutung, die Frankreich
gemäß seiner edlen Tradition den Menschenrechten und ihrer Förderung zum Wohl der
einzelnen wie der Gesellschaft zumisst, zu bezeugen. Insbesondere angesichts der Gefahr
eines Wiedererstehens alten Misstrauens, von Spannungen und Gegensätzen zwischen den
Nationen, was wir heute mit Sorge beobachten, ist Frankreich dazu berufen, Europa
zu helfen, innerhalb seiner Grenzen und auf der ganzen Welt den Frieden aufzubauen.
… Dabei ist andererseits daran zu erinnern, dass "die nationale Identität selbst nur
durch die Öffnung zu anderen Völkern und durch die Solidarität mit ihnen verwirklicht
werden kann" (Nachsynodales Schreiben Ecclesia in Europa, Nr. 112).