Staatsbesuch in Paris und Pastoralvisite in Lourdes: Papst Benedikt XVI. erwartet
ein dichtgedrängtes Programm auf seiner zehnten Auslandsreise. Wir haben hier Informationen,
Reportagen und Interviews zur Vorbereitung auf die Reise für Sie zusammengestellt. Frankreich:
Spannungsvolle Erwartung Am Samstag wird Papst Benedikt XVI. im französischen
Marienwallfahrtsort Lourdes erwartet. Lourdes ist einer der berühmtesten Wallfahrtsorte
der Welt. Jahr für Jahr reisen mehrere Millionen Pilger, darunter auch Zehntausende
Kranke und Behinderte, nach Lourdes. Benedikt wird hier u.a. an der traditionellen
Lichterprozession teilnehmen, mehrere Gottesdienste feiern und Kranke besuchen. Als
Korrespondent vor Ort ist unser Kollege Mario Galgano. Er wird in den kommenden Tagen
für uns aus Frankreich berichten. Die Stimmung vo Ort sei erwartungsvoll gespannt,
sagt er im Gespräch mit uns…. Hören Sie hier einen ersten Stimmungsbericht.00:02:06:94
(rv 11.09.2008 mc)
Frankreich: Erwartungen an den Papstbesuch Frankreichs
Katholiken sollten keine „geschlossenen Gruppen“ bilden und Zeiten nachhängen, in
denen die Kirche „mächtig“ war. Vielmehr sollten sie in der Gesellschaft präsent bleiben
- man erwarte sich auf diesem Weg eine Ermunterung durch Papst Benedikt, sagte der
Generalsekretär der französischen Bischofskonferenz, Antoine Herouard, einen Tag vor
der Abreise Papst Benedikts Richtung Paris. „Die Kirche in Frankreich erwartet
sich, dass der Papst sie bestärkt in ihren Bemühungen, in der Gesellschaft präsent
zu bleiben und einen ,missionarischen Geist’ an den Tag zu legen. Heute ist das Christentum
nicht mehr der Bezugspunkt aller Franzosen, auch wenn sich immer noch viele als Christen
deklarieren. Von daher müssen wir zeigen, dass der christliche Glaube ein positives
Angebot ist – ein Angebot, das den Menschen zu einem Weg des Glücks verhelfen soll
und keineswegs dazu, eine geschlossene Gruppe zu sein, die Angst hat und die jenen
Zeiten nachhängt, in denen die Kirche ,mächtig’ war. Es ist keine Frage der Macht.
Sondern es handelt sich darum, die Frohe Botschaft tiefer zu leben und Zeugen in der
Gesellschaft zu sein.“ Nur 24 Stunden hält sich der Papst in Paris auf, und
so bleibt wenig Zeit für ökumenische und interreligiöse Begegnung. Nur mit den Juden
trifft Benedikt XVI. sich - aus Achtung ihrer Sabbatgebote - am Freitag Nachmittag.
Raum für ein Treffen mit Vertretern des Islam bleibt nicht, die sind Freitag Abend
zur Grundsatzrede über die Kultur geladen. Das aber als mangelnde Wertschätzung zu
interpretieren, davor warnt der Vorsitzende des Französischen Rates der Muslime Dalil
Boubakeur im Gespräch mit Radio Vatikan. Seine Erwartungen an den Papstbesuch: „Wir
erwarten in gewisser Weise eine Fortführung der Botschaft Johannes Pauls II., für
die er während seines gesamten Pontifikats stand durch seine Besuche in muslimischen
Ländern: die Beziehung lebendig zu halten und einen auch theologischen Dialog zu führen.
Wir zweifeln nicht an dem Willen des Pontifex, den Muslimen zu begegnen und mit ihnen
offenherzig zu sprechen.“ Heute gehe es vor allem um ein gutes Miteinander,
ein Anliegen, das die Muslimen mit den Christen teilen. Boubakeur, der auch Rektor
der Großen Moschee von Paris ist, würdigt Benedikt als einen Papst, der „die großen
Prinzipien des Christentums im Geist des Monotheismus zusammenhält“. „Seine
auch kritischen Wortmeldungen im Geist des Evangeliums sind heute mehr denn je notwendig,
um den Menschen mit sich selber zu versöhnen und ihn von seiner Entfremdung und Entmenschlichung
aufgrund des technischen Fortschritts zu bewahren. Er hilft also, die Beziehungen
zwischen den Gläubigen aller Glaubensrichtungen wieder zu stärken, besonders die zwischen
Christen und Muslimen, die im übrigen einander so nahe stehen.“ (rv 11.09.2008
gs/mc) Frankreich: Der Papst und die Intellektuellen Auf
den Tag genau zwei Jahre nach Regensburg wird Papst Benedikt XVI. am kommenden Freitag
im „Collège des Bernardins“ eine grundlegende Rede über Religion und Kultur halten.
Der Papst habe den umfangreichen Vortrag für Freitag persönlich auf Deutsch ausgearbeitet,
hieß es bei der Vorstellung der Papstreise am Dienstag im Vatikan. Gehalten wird die
Rede auf Französisch. Über den Inhalt gab Vatikansprecher Pater Federico Lombardi
aber nichts Näheres bekannt. Als sicher darf gelten, dass die Rede auf aufmerksame
Zuhörer treffen wird. Denn: Die Geschichte des Dialogs zwischen Glaube und Kultur
in Frankreich ist spannungsvoll. Auf der einen Seite die französische Revolution,
die zum Gründungsmythos des modernen Frankreichs wurde. Sie wird mittlerweile auch
außerhalb der Kirche nicht unkritisch gesehen. Auf der anderen Seite eine in Europa
beispiellose Blüte katholischen Denkens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
In Literatur, Kunst und Musik kam es zu einem fruchtbaren Miteinander, das sowohl
Kirche als auch die Gesellschaft nachhaltig beeinflusste. In Frankreich entstand die
Figur des „katholischen Intellektuellen“, der auf der Basis seiner Überzeugungen,
aber ohne kirchenhörig zu sein, den Glauben in den gesellschaftlichen Diskurs einbringt.
Jacques de Guillebon ist Ende zwanzig und Chef eines kleinen Verlags. Er sieht
eine Art „Wiedergeburt des katholischen Intellektuellen“. „Das französische
Denken erlebt seit einiger Zeit eine gewisse Erschöpfung. Daraus ist ein gewisses
Bedürfnis entstanden, um spirituell und intellektuell überleben zu können: Ein Bedürfnis
nach etwas Fundamentalem und Handgreiflichem, ein Bedürfnis zu den Quellen und den
grundlegenden Texten der großen katholischen Intellektuellen zurückzukehren und zu
versuchen, den Konsumismus und Materialismus zu überwinden. An dieser Stelle kann
man einen Wiedererstehen des katholischen Intellektuellen erleben.“ Nach dem
Zweiten Weltkrieg und noch mehr nach dem II. Vatikanischen Konzil sei die Kirche auseinander
gedriftet. Auf der einen Seite eine Kirche, die versucht mit dem Schritt zu halten,
was man für die moderne Welt hielt – was zu „progressistischen“ Übertreibungen geführt
hat. Am rechten Spektrum hingegen gab es traditionalistische Fixierungen mit der Folge,
dass jene Denker nicht mehr in der Lage waren, mit der Gesellschaft zu kommunizieren.
„Meiner Meinung nach versuchen die jungen katholischen Intellektuellen in Frankreich,
diese alten Gegensätze zu überwinden. Also weder eine totale Flucht in die Welt, noch
in die Fundamentalkritik, die nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Das ist vor
allem Johannes Paul II. zu verdanken und Benedikt XVI.. Johannes Paul II. durch seine
Verurteilung des Kommunismus und seinen Erfahrungen im Osten, wo er ja doch einige
neue Geister geweckt hat. Er hat die Position des Katholiken entkrampft und den Katholiken
in Frankreich einen gewissen Stolz wiedergegeben. Und Benedikt XVI. durch seine wirklich
bewundernswerte intellektuelle Vertiefung dieses neuen Denkens, das mit Johannes Paul
II. seinen Anfang genommen hatte.“ Kritischer sieht dies Michel Cool. Er ist
Journalist, arbeitet beim Französischen Staatsradio und ist Autor eines Buchs mit
dem Titel „Die neuen Denker des Christentums“. Zwar glaubt auch er an ein Wiedererstarken
„katholischen Denkens“, gerade weil die liberale französische Gesellschaft durch die
Marginalisierung des Religiösen sich selber in Gefahr bringt. Allerdings bleibe die
Herausforderung bestehen, eine angemessene Sprache in der heutigen Mediengesellschaft
zu finden. „Tatsächlich gibt es heute das Problem, dass ein gewisser Typ katholischen
Sprechens in unserer Gesellschaft einfach nicht mehr ankommt. Heute ist es nicht mehr
selbstverständlich, Christ zu sein. Es hat auch ein Bruch kultureller Vermittlung
gegeben. Es gibt Denkmuster, Sprachspiele und Konzepte, die dem Menschen des 21. Jahrhunderts
komplett unverständlich bleiben. Das ist die Herausforderung: Man muss in der Lage
sein, die großen Mysterien des Glaubens erklären zu können, die philosophischen Vorstellungen
zu erläutern, die das christliche Abenteuer hervorgerufen haben durch eine Sprache,
die den Menschen von heute verständlich ist . Marcel Gauchet hat einmal gesagt: ‚Passt
auf, die christliche Sprache droht zu einer toten Sprache zu werden.’ Nun ich glaube
nicht, dass das Christentum sterben wird, ganz im Gegenteil. Dennoch ist es sehr
wichtig, dass der katholische Intellektuelle die Sprache des 21. Jahrhunderts sprechen
kann, und das ist meiner Meinung nach keine geringe Herausforderung!“ Die katholischen
Intellektuellen von heute seien allerdings anders als früher. Sie sind bescheidener
geworden und wollen keine globalen Visionen verteidigen, sagt Michel Cool. Auf ihre
Weise wollen sie den Christen eine denkerische Hilfestellung geben, um sich ein eigenes
Weltbild bilden zu können. Katholische Intellektuelle hätten gesellschaftlich ein
wichtige kritische Funktion. „Einen guten katholischen Intellektuellen macht
meines Erachtens diese wunderbare Fähigkeit aus, frei zu bleiben, frei sogar der eigenen
Kirche gegenüber – aber auch frei gegenüber der eigenen Gesellschaft und ein kritisches
Ferment zu sein. Ich denke da an Georges Bernanos und Francois Mauriac: Sie haben
sich niemals dem dominierenden Denken angeschlossen. Diese Männer waren aufmüpfig
und non-konformistisch. Die katholischen Intellektuellen sind eine kritische Instanz:
Das steht in der großen Tradition der Kirchenväter, ja sogar der ersten Apostel.“ Benedikt
XVI. wird seine Rede an die Kulturschaffenden im frisch eingeweihten „Centre des Bernardins“
halten. Das in einem ehemaligen gotischen Zisterzienserkloster untergebrachte Kulturzentrum
steht für diese neue Lust am Debattieren und am gesellschaftlichen Dialog. Das Zentrum
wolle bewusst kein ausschließlich binnenkirchlicher Ort sein, sagt der Kulturdirektor
Vincent Aucant. „Es gibt heute eine echte Neugier für die Religion. Man erwartet
von den Katholiken, dass sie sich zeigen, dass sie sagen, was sie denken. Das sind
gesamtgesellschaftliche Erwartungen. Das erklärt, warum die öffentliche Hand so großzügig
bei der Finanzierung mitgeholfen hat und so viel Geld investiert hat. Das wäre vor
zwanzig Jahren sicher nicht möglich gewesen. Es gibt also eine Erneuerung dieses „Geistes
der Laizität“, und das ist erst ein Auftakt, wie der linksintellektuelle Regis Debray
sagt. Man ist dabei, eine intelligente Laizität zu entwickeln, das heißt eine offene
und neugierige Laizität, und nicht eine Laizität, die das Religiöse auf die Privatsphäre
beschränkt.“ Benedikts XVI. Wortmeldungen zum Thema Glaube und Kultur waren
bisher meist recht prononcierte Forderungen nach einem neuen Miteinander, denn er
ist davon überzeugt: Glaube kann nicht auf die Kultur verzichten, die Kultur aber
auch nicht auf den Glauben. Die Rede am Freitag wird daher dem neuerwachten Dialog
in Frankreich – und sicher auch darüber hinaus – einen wichtigen Impuls geben. (rv
11.09.2008 mc)
Frankreich: Positive Signale der Muslime Der Aufenthalt
des Papstes in Frankreich ist kurz, und so ist keine Zeit für eine spezielle ökumenische
Begegnung. Nur mit den Juden trifft Benedikt XVI. sich - aus Achtung ihrer Sabbatgebote
- am Freitag Nachmittag. Raum für ein Treffen mit Vertretern des Islam bleibt nicht,
die sind am Freitag Abend zur Grundsatzrede über die Kultur geladen. Das aber als
mangelnde Wertschätzung zu interpretieren, davor warnt der Rektor der Großen Moschee
von Paris, Dalil Boubakeur im Gespräch mit Radio Vatikan. Seine Erwartungen an den
Papstbesuch: „Wir erwarten in gewisser Weise eine Fortführung der Botschaft
Johannes Pauls II., für die er während seines gesamten Pontifikats stand durch seine
Besuche in muslimischen Ländern: die Beziehung lebendig zu halten und einen auch theologischen
Dialog zu führen. Wir zweifeln nicht an dem Willen des Pontifex, den Muslimen zu begegnen
und mit ihnen offenherzig zu sprechen.“ Heute gehe es vor allem um ein gutes
Miteinander, ein Anliegen, das die Muslimen mit den Christen teilen. „Es ist
eine Notwendigkeit der Gegenwart, dass Muslime und Christen sich zusammentun, um die
Werte zu verteidigen, die wir zutiefst teilen, um die Zukunft des Menschen zu verteidigen
in einer Welt, die durch die Globalisierung und den ökonomischen Austausch leider
dazu neigt, die Menschlichkeit, diesen uns eigenen Humanismus zu vergessen.“ Boubakeur
würdigt Benedikt XVI. als einen Papst, der „die großen Prinzipien des Christentums
im Geist des Monotheismus zusammenhält“. „Seine auch kritischen Wortmeldungen
im Geist des Evangeliums sind heute mehr denn je notwendig, um den Menschen mit sich
selber zu versöhnen und ihn von seiner Entfremdung und Entmenschlichung aufgrund des
technischen Fortschritts zu bewahren. Er hilft also, die Beziehungen zwischen den
Gläubigen aller Glaubensrichtungen wieder zu stärken, besonders die zwischen Christen
und Muslimen, die im übrigen einander so nahe stehen.“ (rv 11.09.2008 mc)
Vatikan/Frankreich:
Sarkozy und die „positive Laizität“ 00:07:40:97 Papst Benedikt
XVI. reist zu seinem ersten Staatsbesuch nach Frankreich. Präsident Nicolas Sarkozy
lässt es sich nicht nehmen, das Kirchenoberhaupt - abweichend vom sonst üblichen Protokoll
- am Freitag persönlich am Flughafen zu empfangen. Im Elysée-Palast werden die beiden
dann Reden austauschen. Schon lange denkt Sarkozy über eine Änderung des Gesetzes
zur strikten Trennung von Staat und Kirche nach. Die Gesellschaft brauche die Religionen,
betonte der Präsident der Grande Nation vergangenen Dezember bei seinem Antrittsbesuch
im Vatikan. Ein Rückblick. Am 20. Dezember 2007 war Sarkozy im Vatikan zu Gast
und erklärte sein Verständnis von einer „positiven Laizität“. Jeder habe das Recht,
seinen Glauben zu leben und weiterzugeben, so Sarkozy im anschließenden Gespräch mit
Radio Vatikan. „Es ist immens wichtig, dass die Religionen sich an die neuen
Gegebenheiten in Frankreich anpassen. Die großen Stadtrandgebiete sind religiöse Wüsten
geworden. Das ist nicht gut, und deshalb halte ich Anpassungen des Gesetzes von 1905
für notwendig. Aber ich habe gesagt: Anpassungen kann man auf der Basis eines Konsenses
vornehmen, und nur mit einem derartigen Konsens können wir Entwicklungen vorantreiben.“ Das
Recht, sich zu Wort zu melden, müsse den Religionen im laizistischen Staat zugesichert
werden. „Die großen Religionen, auch der Islam in Frankreich, müssen sich auf
ruhige Weise äußern, mit einer Botschaft der Liebe und des Friedens. Für mich ist
es wichtig, dass sie das tun können. Es fehlt an intellektuellen Christen, an großen
Stimmen, die die gesellschaftlichen Debatten vorantreiben und zeigen, dass das Leben
nicht ein Konsumgut ist, wie jedes andere. Man braucht keine Angst vor den Religionen
zu haben; die großen religiösen Bewegungen sind Zeugen der Hoffnung. Ich sehe nicht,
warum Hoffnung dem republikanischen Ideal widersprechen sollte…“ Christen müssten
darin bestärkt werden, sich öffentlich zu Wort zu melden, so Sarkozy: „Die Botschaft
Christi ist eine sehr ermutigende Botschaft, denn sie verkündet einen verzeihenden
Gott und ein Leben nach dem Tod. Ich denke nicht, dass diese Botschaft voll Mut und
vollkommener Hoffnung gedämpft werden darf.“ Zurückhaltend äußerte Frankreichs
Präsident sich zum Islam. Laut Umfragen bezeichnen sich rund zehn Prozent der Franzosen
als Moslems. „Trotz des Gleichheitsprinzips will ich keinen ,Islam in Frankreich’
sondern einen ,französischen Islam’. Hier geht es um die Frage eines europäisierten
Islams, der mit den Werten der europäischen Gesellschaft vereinbar ist.“ Im
Exklusivinterview von Radio Vatikan und Osservatore Romano äußerte sich Sarkozy auch
zu außenpolitischen Fragen Frankreichs und Europas. Zur Türkei und den Beitrittsverhandlungen
zur EU sagte er: „Ich bin zwar nicht der Pressesprecher des Heiligen Stuhls,
aber wir haben darüber gesprochen: Die Türkei ist nicht in Europa, das ist eine geographische
Tatsache. Die Türkei ist in Kleinasien. Dennoch braucht es enge Verbindungen. Ich
will einen Partnerschaftsvertrag zwischen der Türkei und Europa, keinen Beitritt.
Meiner Meinung nach darf sie nicht in Europa sein, weil sie nicht europäisch ist.“ Der
Elysée-Palast hatte der Audienz im Vatikan große Bedeutung beigemessen. Sarkozy: „Der
Besuch ist wichtig, weil der Papst ein Staatschef ist; der Papst ist ein Religionsführer
und ich fühle mich aus Tradition und im Herzen katholisch. Er ist eine weltweite geistliche
Autorität, und für mich war dieses Treffen anders als mit anderen Staatschefs. … Er
verkörpert eine Botschaft von Frieden, Hoffnung und Versöhnung. Die Welt von heute
braucht das, denn sie ist geprägt von Trennung, Auseinandersetzung und Unverständnis.“ Wie
das Vatikanstatement betonte auch Sarkozy selbst: Das Treffen sei „extrem herzlich“
gewesen. „Er ist ein Mann großer Kultur und intelligent. Er liebt es zuzuhören
und hat große Erfahrung. Mit ihm kann offen reden.“ Eines der Hauptthemen während
des gut 20-minütigen Gesprächs war die Situation im gesamten Nahen Osten. Sarkozy:
„Wir haben im Detail über die Lage im Libanon gesprochen. Ich habe ihm gesagt,
dass Frankreich bis zur letzten Sekunde alles tun werde, um dieses Wunder der Vielfalt
im Libanon zu bewahren.“ Der Patriarch der maronitischen Kirche, Nasrallah Sfeir,
spiele eine wichtige Rolle, so Frankreichs Präsident, „durch die christlichen Gemeinden
ist der die Stimme des Papstes in der ganzen Welt präsent, vor allem im Libanon, der
viele Gläubige zählt“. Im stets schwelenden Krisenherd Nahost verfolgen Frankreich
und der Heilige Stuhl ähnliche Ziele, Sarkozy sagt: vor allem in der Palästinenserfrage:
„Der Vatikan und Frankreich wollen Frieden, wir denken, dass jetzt der Moment gekommen
ist, Frieden mit zwei Staaten zu schaffen: einem modernen Palästinenserstaat, demokratisch
und existenzfähig, und einem Staat Israel, dessen Sicherheit garantiert ist.“ Der
Papst sei mit den bei der Geberkonferenz in Paris beschlossenen Finanzhilfen sehr
zufrieden, so Sarkozy: „Denn die Not lässt den Terrorismus wachsen. Wir haben aber
auch über die Schwächen der Konferenz gesprochen, und der Papst hat seine Sorge zum
Ausdruck gebracht, ob es weitere Konferenzen geben werde.“ Das habe er, Sarkozy
Benedikt bestätigt. Bei seinem Besuch in Rom hatte Sarkozy in der Lateranbasilika
den Titel des Ehrendomherrn angenommen. Damit knüpfte er an eine seit 1604 bestehende
Tradition an. Nur in der schlimmsten Phase des Kirchenkampfes zwischen 1905 und 1921
wurde die Tradition unterbrochen. Seit de Gaulle nahmen alle französischen Staatspräsidenten
den Titel des Ehrenkanonikus der Lateranbasilika an, doch nur Valery Giscard d`Estaing
und François Chirac kamen zuvor auch zu einer Zeremonie. (rv 11.09.2008 bp)
Frankreich:
Das Programm im einzelnen 00:07:32:71 24 Stunden und Paris und knappe
zwei Tage in Lourdes – ein dicht gedrängtes Programm wartet in Frankreich auf Papst
Benedikt XVI. Es ist, erläutert Vatikansprecher P. Federico Lombardi, die zehnte
Auslandsreise des deutschen Papstes, die siebente innerhalb Europas, wenn man die
Türkei dazurechnet. Der Schwerpunkt liegt auf der pastoralen Seite, also auf den Feiern
zum 150. Jahrestag der Marienerscheinungen in dem französischen Nationalwallfahrtsort.
Der „politische“ Teil der Reise in Paris sei dazugekommen: „Benedikt war als
Papst noch niemals in Frankreich, und so ist es normal, dass er auch die Hauptstadt
besucht. Sowohl der neue Erzbischof von Paris, Andre Vingt Trois als auch Präsident
Sarkozy hatten ihn ausdrücklich nach Paris eingeladen, letzterer bei seinem Vatikanbesuch
im Dezember letzten Jahres.“ Im Gefolge des Papstes reisen wie üblich die
wichtigsten Kurienleute aus dem Gastland. Im Fall Frankreichs sind das die Kardinäle
Paul Poupard, Jean-Louis Tauran und Roger Etchegaray, die beiden letzteren bewährte
Diplomaten, außerdem Erzbischof Dominique Mamberti als vatikanischer Außenminister.
In Paris hält Benedikt eine Ansprache vor Präsident Sarkozy und 6-700 französischen
Autoritäten. „Wenn man an die Ansprachen des Präsidenten Sarkozy im Lateran
denkt, steht zu erwarten, dass es thematisch um das Thema der Beziehungen zwischen
Staat und Kirche und die Laizität geht.“ Vom der ökumenischen und interreligiösen
Warte aus gibt es bei Papstreisen meist drei Treffen: mit den Juden, den Moslems und
mit Vertretern anderer christlicher Konfessionen. So auch in Frankreich. „Im
Lauf des Tages in Paris kommt es zu Begegnungen mit jeder dieser drei Gruppen. Die
Vertreter de Judentums sind die ersten, weil es Freitagnachmittag ist und der Beginn
des Sabbat bevorsteht. Eine Gruppe von 20 Personen jüdischen Glaubens besucht den
Papst in der Nuntiatur für ein kurzes Treffen.“ Danach geht es ins College
de Bernardin. „Kardinal Lustiger, der langjährige Erzbischof von Paris, hat
aus diesem College ein wichtiges Zentrum des kulturellen Dialogs gemacht. Das Treffen
zwischen Papst und den Vertretern der Kultur ist quasi die Wiedereröffnung nach einer
Phase der gründlichen Restaurierung. Überdies fasst die Aula des College de Bernardin.
700 Personen, doppelt so viel wie das ursprünglich vorgesehene Institut de France.“
Diese Grundsatzrede des Papstes fällt übrigens genau auf den zweiten Jahrestag
der der Regensburger Rede. Unter den Zuhörern in Paris wird auch eine Delegation der
muslimischen Gemeinschaft sein. Für ein eigenes Treffen mit den Moslems bleibe dem
Papst in 24 Stunden Paris leider keine Zeit, sagte Lombardi. „Normalerweise,
wenn solche Anfragen kommen, bemüht sich der Vatikan immer eine Lösung zu finden und
dabei auf spezifische Probleme einzugehen. Deshalb kommt er zu einem kurzen Treffen
mit den Juden am Nachmittag, eher der Sabbat beginnt. Für die Moslems ist die Begegnung
mit dem Papst im Rahmen des Treffens mit der Kultur vorgesehen, während die ökumenische
Begegnung in der Kathedrale stattfindet. Wäre mehr Zeit gewesen, hätte man gewiss
ausgiebigere Treffen arrangieren können. Es gab große Bemühungen, alle drei Gruppen
zu berücksichtigen, die den Papst treffen wollen.“ Der Papst habe das Original
dieser Rede auf Deutsch geschrieben, werde aber alle Ansprachen auf Französisch halten.
Worüber Benedikt vor den Vertretern der Kultur und den Moslems sprechen werde, wisse
er nicht, sagte Lombardi. „Paris ist Sitz der UNO-Kulturorganisation UNESCO.
Daher ist es selbstverständlich, dass Repräsentanten an dem Treffen mit dem Papst
teilnehmen. Es ist gut möglich, dass die Rede des Papstes über die Kultur nicht auf
Frankreich als solches beschränkt bleibt, zumal Frankreich auch gerade die EU-Ratspräsidentschaft
innehat.“ Am Samstag Morgen besucht der Papst das Institut de France. Dieses
umfasst fünf Akademie, von denen der Papst in einer Mitglied ist: der für Moral- und
Politikwissenschaften. In dieser Funktion hat er Andrei Sacharows Platz erhalten.
Denn die Mitgliedschaft gilt auf Lebenszeit. „Benedikt ist der einzige Papst,
der dieser Institution als Mitglied angehört, und das will die Institution gebührend
berücksichtigen. So wird Benedikt während seines kurzen Besuches eine Plakette enthüllen,
die darüber informiert.“ Auf der Esplanade des Invalides, die 200.000 Menschen
fasst, zelebriert Benedikt eine große Messe. Nach einem Mittagessen mit den Bischöfen
von Ile de France reist er Richtung Lourdes weiter, wo er gegen 18 Uhr ankommt. „Das
erste, was der Papst in Lourdes macht, ist die einleitende Etappe des Lourdes-Pilgerweges,
der eigens fürs Jubiläum angelegt worden ist. Er besteht aus vier Stationen, die an
das christliche Leben der Heiligen Bernadette abschreiten: Das Taufbecken in der Pfarrkirche,
der Cachot, wo Bernadette mit ihrer Familie in großer Armut lebte, die Grotte und
am Ende das Hospiz, in dem sie die Erstkommunion empfing. Die ersten drei Etappen
dieses Pilgerwegs legt der Papst noch am Samstag zurück, und zwar schweigend, es sind
keine Reden vorgesehen. Er spricht aber die Gebete, die auch die Pilger an diesen
Stationen sprechen.“ In Lourdes findet an jeden Abend eine Lichterprozession
statt. Papst Benedikt wird sie gegen neun Uhr in Empfang nehmen und eine Ansprache
meditativen Charakters halten. In Lourdes wohnt der Papst übrigens in einem Pilgerhaus
von Schwestern auf dem Hügel auf der anderen Seite des Flusses und der Grotte. Die
große Sonntagsmesse in Lourdes steht, wie Lombardi unterrichtete, liturgisch im Zeichen
des Festes Kreuzerhöhung, das am 14. September gefeiert wird. „Das ist die
Messe, die für Frankreich und die Welt gedacht ist. Die Fürbitten sind also in ganz
unterschiedlichen Sprachen. Alle Bischöfe Frankreichs werden bei der Messe anwesend
sein. Am Nachmittag treffen sich die Oberhirten mit dem Papst, der eine Rede an sie
halten wird. Dabei wird Benedikt wohl auf die Probleme der Kirche in Frankreich zu
sprechen kommen: Pastoralkrise, Berufungskrise, missionarischer Neuaufbruch in der
säkularen Gesellschaft.“ Der Sonntag endet für den Papst mit dem Abschluss
der eucharistischen Prozession, an der zahlreiche Kranke teilnehmen werden. Auch hier
ist eine Ansprache vorgesehen, die, so Lombardi, einen gebetsartigen Charakter haben
wird. Montag Vormittag steht für Benedikt die vierte und letzte Etappe des Jubiläums-Pilgerweges
an. Darauf begibt er sich zum Vorplatz der Basilika de Notre Dame du Rosaire und feiert
die Messe für die Kranken. Es ist der 15. September, der Gedenktag der Schmerzhaften
Muttergottes. Im Lauf dieser Messe wird der Papst, gleich nach der Predigt, rund zehn
Personen das Sakrament der Krankensalbung spenden. Bereits um 12 Uhr am Montag
reist Papst Benedikt aus dem französischen Nationalheiligtum ab. Am Flughafen verabschiedet
ihn Premierminister Fillon. Um 15 Uhr landet der Papst in Ciampino, von wo er direkt
in seine Sommerresidenz Castelgandolfo zurückkehrt. (rv 10.09.2008 gs)
Papstbotschaft
an Frankreich: „Bete für den Weltfrieden" 00:02:04:61 Papst Benedikt
XVI. will als „Bote des Friedens und der Brüderlichkeit“ nach Frankreich reisen. In
einer Botschaft an das Volk und alle Bewohner „dieser geliebten Nation“ sagte das
Kirchenoberhaupt am Ende der Generalaudienz an diesem Mittwoch: „Euer Land ist
mir nicht unbekannt. Mehrmals hatte ich die Freude dort zu sein und seine reiche Tradition
der Gastfreundschaft und der Toleranz zu erfahren, gleiches gilt für die Stärke des
christlichen Glaubens und seine hohe menschliche wie geistliche Kultur.“ Benedikt
XVI. reist vom 12. bis 15. September nach Paris und Lourdes; es ist sein erster Frankreichbesuch
als Papst. Es sei ihm nach der Station in der Hauptstadt eine große Freude, sich unter
die Menge der Pilger zu mischen, die sich im Jubiläumsjahr der Marienerscheinungen
auf die Spuren der Heiligen Bernadette Soubirous machen. Am Ort der ersten Erscheinung,
in der Grotte von Massabielle, wolle er für die Kirche und den Weltfrieden beten,
so Papst Benedikt in seiner Botschaft weiter. „Zu Füßen unserer lieben Frau
werde ich intensiv für die Anliegen der ganzen Kirche beten, in besonderer Weise für
die Kranken und die Vernachlässigten, aber auch für den Frieden in der Welt. Maria
soll Euch allen, aber vor allem den jungen Menschen, eine Mutter sein, die stets für
die Bedürfnisse ihrer Kinder sorgt, ein Licht der Hoffnung, das eure Wege erhellt
und euch führt.“ Benedikt bat um Gebet für das Gelingen der Reise. Alle Franzosen,
ihre Familien und Gemeinschaften, vertraute er der Fürsprache der Mutter Gottes von
Lourdes und dem Segen Gottes an. (rv 10.09.2008 bp)
Damals, vor vier
Jahren: Johannes Paul II. in Lourdes 00:06:58:51 Vor gut vier Jahren
war zum letzten Mal ein Papst in Lourdes: Der todkranke Johannes Paul II. betete an
der Grotte von Massabielle. Es war die letzte Auslandsreise des „Eiligen Vaters“ –
Bilder, die sich vielen Christen tief ins Gedächtnis gebrannt haben. Nach amtlichen
Angaben füllten an die 300.000 Menschen an den zwei Tagen des Papstbesuchs den Heiligen
Bezirk; 1000 Priester, 100 Bischöfe, 15 Kardinäle, Abertausende Wallfahrer. Sie alle
erlebten den Abschied Johannes Pauls von der Weißen Dame aus der Grotte. Als Kranker
unter Kranken war er zur Quelle gereist. „Ich spüre mit Ergriffenheit, dass ich ans
Ziel meiner Pilgerfahrt gekommen bin“, sagte Johannes Paul, und viele Journalisten
hörten heraus: Dieser rastlose Pilgerpapst sah sich am Ziel seiner irdischen Pilgerschaft
überhaupt. Acht Monate später war Johannes Paul tot. Stefan Kempis erinnert in
diesem Audio-Beitrag an den August 2004. (rv)