Sardinien: Der Papst bei den Hundertjährigen – Appell für Haiti
Benedikt XVI. auf
Sardinien: In der Hauptstadt Cagliari feierte er eine Messe mit über 100.000 Menschen
von der ganzen Insel. Dabei würdigte er die reiche christliche Tradition Sardiniens
- und erinnerte auch an seinen Vorgänger Pontian, der zur Zeit der ersten Christenverfolgungen
Zwangsarbeit in sardischen Bergwerken leisten musste. Eindringlich bat Benedikt die
Sarden, dem Glauben auch in Zeiten von Arbeitslosigkeit und Krise der Familien treu
zu bleiben. Am Abend will der Papst u.a. an einem Jugendtreffen teilnehmen, bevor
er wieder nach Rom zurückfliegt.
Nicht nur traditionelle Dudelsack-Klänge begrüßten
Benedikt auf der Insel der „Querköpfe“; auch einige Menschen, die hundert Jahre oder
noch älter sind, darunter Italiens ältester Priester, schüttelten dem Papst die Hand.
In keiner Region Europas werden die Menschen so alt wie auf Sardinien, wo es eine
richtiggehende „Ruta dei Centenari“, also „Straße der Hundertjährigen“ gibt. Sardinien
hat anderthalb Millionen Einwohner, zu Ferienzeit schwillt diese Zahl allerdings auf
das Siebenfache an – und sie alle stehen seit einer Weihe vor genau hundert Jahren
unter dem besonderen Schutz Unserer Lieben Frau von Bonaria. Benedikt war nach Cagliari
gekommen, um dieses Gnadenbild zu ehren, das der Legende nach im 14. Jahrhundert aus
dem Meer gefischt wurde. Beifall kam auf, als der Papst Maria im sardischen Dialekt
begrüßte – als „Mutter, Tochter, Frau Unseres Herrn“.
„Das schönste Schauspiel,
das ein Volk bieten kann, ist zweifellos das seines Glaubens“, meinte Benedikt in
seiner Predigt. „Ich kann euren Glauben fast mit Händen greifen... Das Christentum
kam nicht mit dem Schwert der Konquistadoren hierhin oder von außen auferlegt, sondern
es ist dem Blut der Märtyrer erwachsen... Möge euch dieser Glaube weiter beleben und
eure Werte inspirieren: die Würde, die Reserviertheit, die Nüchternheit, das Pflichtgefühl.“
Benedikt
erinnerte daran, dass allein 350 Kirchen oder Kapellen auf Sardinien Maria gewidmet
sind: „Sie ist die Mamma“. Ein „Volk von Müttern“ finde sich wieder „im einfachen
Mädchen von Nazareth und seinem Ja.“ Maria möge den Sarden also helfen, damit die
Jugendlichen nicht einem „diffusen Nihilismus“ verfallen und damit die schwächelnden
Familien aus der Krise herausfänden. „Sie helfe euch dabei, die Welt der Arbeit, der
Wirtschaft, der Politik zu evangelisieren, die eine neue Generation engagierter christlicher
Laien brauchen.“ Das hörte sich auf dem Platz von Cagliari auch die ältere politische
Generation Italiens an, vertreten durch Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der eine
Mitte-Rechts-Regierung führt.
Die „Hymne von Bonaria“ stimmten die Menschen
auf dem Platz an, als Benedikt XVI. dem hölzernen Gnadenbild symbolisch ein neues
Schiff in seine rechte Hand drückte. In seinem Weihegebet vertraute der Papst Maria
vor allem die Familien auf der Insel an: „Zuviele Scheidungen, viele Trennungen –
höre, oh Mutter, das Leiden deiner Söhne, die nach einer geeinten Familie rufen, damit
diese sie zur Liebe erziehe.“ Realismus schien auch beim Angelusgebet Benedikts auf,
als er auf einmal für alleinerziehende Mütter betete: „für die, die mit ihrem Mann
zusammen die Kinder in einem harmonischen Familien-Kontext aufziehen, und für die,
die aus vielerlei Gründen allein sind mit dieser harten Aufgabe“.
Zum Schluß
der Messfeier in Cagliari noch ein Blick in das ferne Haiti: „Ich denke an die liebe
Bevölkerung auf Haiti, die in den letzten Tagen durch drei Wirbelstürme hart geprüft
worden ist. Ich bete für die leider zahlreichen Opfer und für die Obdachlosen. Ich
bin der ganzen Nation nahe und hoffe, dass so schnell wie möglich die nötigen Hilfen
eintreffen.“
Es war an diesem Sonntag die elfte inneritalienische Pastoralvisite
von Papst Benedikt. Sardinien besuchte er als dritter Papst der Neuzeit - nach Paul
VI. und Johannes Paul II.