2008-09-05 13:39:23

Botschafter Horstmann: Zum Dialog von Glaube und Vernunft


RealAudioMP3 Glaube und Vernunft - das ist eines der grossen Themen im Pontifikat von Benedikt XVI., und es treibt auch den deutschen Vatikanbotschafter Hans-Henning Horstmann um. Mit einem Kongress in Rom will der Diplomat am Monatsende Religion und Wissenschaft neu ins Gespräch miteinander bringen. Einzelheiten hören Sie in seiner Audio-Kolumne für Radio Vatikan von diesem Freitag.
 Sehr verehrte Hörerinnen, sehr verehrte Hörer,

Das Verhältnis von Glauben und Vernunft, Religion und Wissenschaft ist seit der griechischen Antike ein zentrales Thema der europäischen Kultur. Viele Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftler haben sich mit dieser Thematik seit Jahrhunderten beschäftigt. Es ist zugleich eine zentrale Frage in der Theologie von Papst Benedikt XVI., der seine jahrzehntelangen Überlegungen hierzu in seiner Regensburger Vorlesung von 2006 zusammengefasst hat. Seine Gedanken haben der Debatte neuen Schwung gegeben.
Die katholische Kirche hatte auf dem Gebiet der Wissenschaften über Jahrhunderte hinweg die Meinungshoheit über Forschung und Lehre, bis mit der Reformation und dem Humanismus sowie der Aufklärung die Wissenschaft eine neue Eigenständigkeit gegenüber den Lehren der katholischen Kirche gewann. In der Folge ist es ihr oft schwer gefallen, ihre Positionen aufzugeben, die durch die Forschungsergebnisse der Naturwissenschaften unhaltbar geworden waren. Die Wissenschaft folgte ihrerseits immer wieder der Versuchung, auch das letzte Wesen der Dinge erklären zu wollen.
Die Geschichte der Wissenschaft, ausgehend von den alten Griechen wie Pythagoras oder Euklid zu den Entdeckungen Galileo Galileis, über das Zeitalter der Aufklärung bis hin zu den molekularbiologischen Forschungen von heute zeigt: der Mensch ist neugierig, er will Neues entdecken, versucht ständig, sich selbst und die Welt zu erforschen; er will wissen, um zu verstehen.
Am Beispiel von Naturwissenschaften wie der Medizin, die heute in der Lage ist, Krankheiten zu heilen, die noch vor wenigen Jahrzehnten als unheilbar galten, wird deutlich, welch großen Wert die Wissenschaft für den Menschen hat. Auch vermeintlich banale Gegenstände des alltäglichen Lebens zeigen die Bedeutung der Wissenschaft für den Menschen: z.B. Auto, Computer, Telefon, Radio.
Die Förderung der Wissenschaften in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Innovative Erfindungen und Patente prägen die deutsche Zivilisation und Kultur. Zu Recht können wir uns „Wissenschaftsnation“ nennen. Im deutschen Grundgesetz ist die Freiheit der Wissenschaft in Artikel 5, Absatz 3 festgeschrieben: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung“.
Die Freiheit der Wissenschaft stößt dort an ihre Grenzen, wo sie die Freiheit und Würde des Einzelnen verletzt. Es ist daher lebenswichtig, dass moderne Naturwissenschaftler sich in ihrem Handeln ihrer moralischen und gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind.
„Die Tragweite der Wissenschaft heute - Glaube und Vernunft auf dem Prüfstand“ ist das Thema einer Konferenz, die am 26. und 27. September in der Päpstlichen Universität Gregoriana stattfindet. Sie wird von der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl und der Carl Friedrich von Weizsäcker-Stiftung veranstaltet. Auf ihr werden Wissenschaftler und Theologen von Rang aus ganz Europa zusammenkommen und ihre Gedanken austauschen.
Das Programm dieser Konferenz beginnt mit einer Annäherung an das Thema unter vier Aspekten: der Ökonomie, der Naturwissenschaft, der Philosophie und der Theologie; es schließt mit einer Diskussion, die drei Fragen in Anlehnung an Kant ausdrücklich in den Blick nimmt: Was sollen wir wissen? Was müssen wir tun? Was dürfen wir hoffen?
Ich bin zuversichtlich, dass wir impulsgebende Referate und fruchtbare Diskussionen erleben werden. Einzelheiten zum Programm und zu den Teilnehmern können unter www.vatikan.diplo.de eingesehen werden.
Wissenschaftliche Forschungsergebnisse werden auch künftig unser Leben prägen. Die katholische Kirche und ihr Oberhaupt Papst Benedikt XVI., der sich als Professor der Theologie ausgiebig mit dem Thema „Glaube und Vernunft“ auseinander gesetzt hat, stellen eine wichtige moralische Instanz dar, die in der Lage ist, der Wissenschaft ihre ethischen Grenzen zu verdeutlichen. Religion und Wissenschaft müssen auch in Zukunft im Dialog stehen, sich gegenseitig ernst nehmen und ergänzen. Die gegenwärtige Debatte über die medizinische Definition des Todes zeigt beispielhaft die Notwendigkeit, die Ergebnisse der Wissenschaft auch an den Grundwerten der Religion zu messen.
(rv 05.09.2008 sk)







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