Im Irak steigt nach Angaben von Kirchenführern die Zahl der Entführungen von Christen.
In einem dramatischen Appell forderte der katholische Erzbischof von Bagdad, Jean
Benjamin Sleiman, die Regierung auf, sich diesem Problem zu stellen. Meistens gehe
es dabei um Lösegeldforderungen, oft spiele aber auch „religiöser Extremismus“ eine
Rolle, erklärte er der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ (Samstag). „Die Regierung
darf sich nicht nur generell um die politische Situation kümmern, sondern muss auch
diesen Themen Aufmerksamkeit widmen“, so der Kirchenführer. Sleiman berichtete
von einem Gespräch am 19. August mit einem Gemeindemitglied, dessen Schwager und Neffe
kurz zuvor entführt und tot aufgefunden worden waren. Einen Tag vor diesem Gespräch
habe sich in seinem Büro eine Frau gemeldet, die um Geld bat, um die 20.000 Dollar
Lösegeld für ihren entführten 19-jährigen Sohn bezahlen zu können. Zwar würden
von der Entführungswelle unterschiedliche Bevölkerungsgruppen heimgesucht, die Christen
seien aber einem ganz besonderen Risiko ausgesetzt, so Sleiman. Diese Gefahr bestehe
nicht nur in Bagdad, sondern auch in anderen Landesteilen. So hätten Christen im Norden
des Irak bereits Milizen gebildet, um sich und ihre Gemeinden zu schützen. Auch
der vatikanische Außenminister Dominique Mamberti bezeichnete die Lage der Christen
im Irak als dramatisch. Vor Kriegsbeginn 2003 hätten im Irak rund eine Millionen Christen
gelebt, heute seien es gerade noch die Hälfte, sagte er am Freitag bei einem Katholikentreffen
in Rimini.