2008-08-31 17:35:09

Bischofssynode: Erwartungen eines Alttestamentlers


RealAudioMP3 Im Herbst beginnt im Vatikan die Weltbischofssynode. Sie steht unter dem Thema „Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche“. Die Themenwahl ist ungewöhnlich, erwarteten viele eher eine Synode zu kontroversen Themen wie dem interreligiösen Dialog oder dem Sektenproblem in vielen Teilen der Erde. XY hat mit dem Schweizer Alttestamentler Adrian Schenker aus Fribourg über seine Erwartungen an die Synode gesprochen

Keineswegs sei es so, dass man einfach nur ein unverfängliches Thema wählen wollte, meint der Pater Schenker. Es herrsche unter Katholiken vielmehr ein bedauerliches biblisches Defizit

„Mir scheint, es ist nach wie vor sehr wichtig, dass die Gläubigen alle einen Zugang zur Heiligen Schrift bekommen, der ihnen hilft, sich im Leben und in der Vielfalt der heutigen Aktualität zurechtzufinden: Das Wort Gottes sollte ja so etwas wie eine Orientierungshilfe sein für das Leben.“

Vor allem die großen Themen kommen seiner Meinung nach zu wenig zum Zuge:

„Die Erschaffung der Welt, die Vorsehung Gottes in der Geschichte, in allem was geschieht, auch die Kenntnis des Lebens Jesu: Das sind Dinge, die so wichtig und zentral sind, dass man die – und die stehen in der Heiligen Schrift! – müsste man verdeutlichen und den Menschen nahe bringen.“

Wichtig wäre, dass die Verkünder, Priester und Laien, gut ausgebildet sind, um die Schätze der Heiligen Schrift erschließen zu können, so Schenker:

„Das ist nicht ganz leicht, weil die Exegese heute ein ganz weites Feld ist, so dass heute viele Menschen Angst haben vor der Heiligen Schrift. Es fällt mir immer wieder auf, wie etwa Studierende die Bibel fast als Gefahr anschauen und auch viele Menschen lieber zu Büchern greifen, die ihnen unmittelbarer von Gott zu sprechen scheinen, als es die Bibel tut. Und hier glaube ich, müsste man die Menschen ermutigen.“

Die Synode werde sicherlich einen katechetisch-pastoralen Schwerpunkt haben. Denn die theologischen Streitfragen seien schon vor und auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil entschieden worden

„Ich bin Alttestamentler, und so weit ich es als Alttestamentler sehe, sind da nicht so viele kontroverese Themen da. Mir scheint eine viel wichtigere Frage: Wie kann man die biblischen Aussagen zum Sprechen bringen. Das sind so reiche und menschlich dichte Aussagen, die in diesen biblischen Büchern enthalten sind – ich denke da an die Psalmen – da ist so viel an menschlicher und geistlicher Erfahrung, an Glaubenserfahrung drin. Das muss zur Geltung gebracht werden. Ich würde sagen, auch in der akademischen Diskussion ist das nicht immer der Fall. Man untersucht sie nach ihrer historischen Bedeutung, nach ihrer literarischen Beschaffenheit, das sind natürlich wichtige Fragen. Aber das ist immer alles noch im Vorfeld. Es muss dazu kommen, dass diese Texte wie bei Gedichten oder bei literarischen Werken, dass man die ganze Kraft, oder ich würde sogar sagen, die ganze Wucht, die da drin steht, dass die zum Strahlen gebracht wird. Da scheint mir ein großer Bedarf zu sein an guter Vermittlung.“


Viele Bischöfe aus den sog. Jungen Kirchen haben schon im Vorfeld angekündigt, auch das Thema Sekten anzusprechen. Denn die arbeiteten gerade mit der Bibel. Pater Schenker:


„Leider ist es so - dass darf man sagen, ohne ungerecht zu sein - ,dass die eine sehr enge Art haben, die Bibel zu lesen. Es geht ja nicht nur darum, dass man daraus Verse zitieren kann, sondern dass man den ganzen Reichtum und Gehalt, der in diesen Texten steht, dass man das zur Geltung bringt, es versteht und daraus lebt.“

Den Umgang mit der Bibel, den müsse man erst geduldig lernen, so der Bibelprofessor.

„Ich habe lange Zeit gebraucht, um wirklich aus ihre zu leben und sie als eine reiche Quelle für mich und mein eigenes Leben zu verstehen. Ich kann mich erinnern, als ich in der Mittelschule war, als wir im Griechischunterricht Platon lasen, da war Sokrates für mich so etwas wie die große Gestalt. Ich war damals ganz begeistert, ich habe damals fast Mühe gehabt von da aus zur Bibel zu kommen und war dann froh zu sehen, dass auch im christlichen Altertum auch die Kirchenväter so etwas erlebt haben und sich überwinden mussten, um aus ihrer klassischen antiken Bildung zur Heiligen Schrift den Weg und den Zugang zu finden. Aber sie haben dann – Augustinus vor allem, aber auch Hieronymus und andere – gesagt, wenn man denn einmal durch dieses Tor der Bibel eingetreten ist, dann sieht man welch ungeheure Weite und Tiefe für den Verstand und für das Gemüt da aufgeht. Und dass das wirklich der Zugang zu Gott ist, weil wir hier Gott begegnen, so wie Gott selber von sich reden wollte und wie er sich selber zu sehen gibt. Wenn man das einmal begreift, dann stellen auch die Schwierigkeiten der Bibel kein so großes Hindernis mehr dar. Denn dann spürt man intuitiv, wo die wirklichen Hauptaussagen der Bibel liegen. Dann wird sie z einem Buch, aus dem man lebt und das einen nährt: Und so ist es mir auch gegangen. Aber es hat Zeit gebraucht!”

(rv 28.08.2008 mc)








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