Bischofssynode: Erwartungen eines Alttestamentlers
Im Herbst beginnt
im Vatikan die Weltbischofssynode. Sie steht unter dem Thema „Das Wort Gottes im Leben
und in der Sendung der Kirche“. Die Themenwahl ist ungewöhnlich, erwarteten viele
eher eine Synode zu kontroversen Themen wie dem interreligiösen Dialog oder dem Sektenproblem
in vielen Teilen der Erde. XY hat mit dem Schweizer Alttestamentler Adrian Schenker
aus Fribourg über seine Erwartungen an die Synode gesprochen
Keineswegs sei
es so, dass man einfach nur ein unverfängliches Thema wählen wollte, meint der Pater
Schenker. Es herrsche unter Katholiken vielmehr ein bedauerliches biblisches Defizit
„Mir
scheint, es ist nach wie vor sehr wichtig, dass die Gläubigen alle einen Zugang zur
Heiligen Schrift bekommen, der ihnen hilft, sich im Leben und in der Vielfalt der
heutigen Aktualität zurechtzufinden: Das Wort Gottes sollte ja so etwas wie eine Orientierungshilfe
sein für das Leben.“
Vor allem die großen Themen kommen seiner Meinung nach
zu wenig zum Zuge:
„Die Erschaffung der Welt, die Vorsehung Gottes in der Geschichte,
in allem was geschieht, auch die Kenntnis des Lebens Jesu: Das sind Dinge, die so
wichtig und zentral sind, dass man die – und die stehen in der Heiligen Schrift! –
müsste man verdeutlichen und den Menschen nahe bringen.“
Wichtig wäre, dass
die Verkünder, Priester und Laien, gut ausgebildet sind, um die Schätze der Heiligen
Schrift erschließen zu können, so Schenker:
„Das ist nicht ganz leicht, weil
die Exegese heute ein ganz weites Feld ist, so dass heute viele Menschen Angst haben
vor der Heiligen Schrift. Es fällt mir immer wieder auf, wie etwa Studierende die
Bibel fast als Gefahr anschauen und auch viele Menschen lieber zu Büchern greifen,
die ihnen unmittelbarer von Gott zu sprechen scheinen, als es die Bibel tut. Und hier
glaube ich, müsste man die Menschen ermutigen.“
Die Synode werde sicherlich
einen katechetisch-pastoralen Schwerpunkt haben. Denn die theologischen Streitfragen
seien schon vor und auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil entschieden worden
„Ich
bin Alttestamentler, und so weit ich es als Alttestamentler sehe, sind da nicht so
viele kontroverese Themen da. Mir scheint eine viel wichtigere Frage: Wie kann man
die biblischen Aussagen zum Sprechen bringen. Das sind so reiche und menschlich dichte
Aussagen, die in diesen biblischen Büchern enthalten sind – ich denke da an die Psalmen
– da ist so viel an menschlicher und geistlicher Erfahrung, an Glaubenserfahrung
drin. Das muss zur Geltung gebracht werden. Ich würde sagen, auch in der akademischen
Diskussion ist das nicht immer der Fall. Man untersucht sie nach ihrer historischen
Bedeutung, nach ihrer literarischen Beschaffenheit, das sind natürlich wichtige Fragen.
Aber das ist immer alles noch im Vorfeld. Es muss dazu kommen, dass diese Texte wie
bei Gedichten oder bei literarischen Werken, dass man die ganze Kraft, oder ich würde
sogar sagen, die ganze Wucht, die da drin steht, dass die zum Strahlen gebracht wird.
Da scheint mir ein großer Bedarf zu sein an guter Vermittlung.“
Viele Bischöfe
aus den sog. Jungen Kirchen haben schon im Vorfeld angekündigt, auch das Thema Sekten
anzusprechen. Denn die arbeiteten gerade mit der Bibel. Pater Schenker:
„Leider
ist es so - dass darf man sagen, ohne ungerecht zu sein - ,dass die eine sehr enge
Art haben, die Bibel zu lesen. Es geht ja nicht nur darum, dass man daraus Verse zitieren
kann, sondern dass man den ganzen Reichtum und Gehalt, der in diesen Texten steht,
dass man das zur Geltung bringt, es versteht und daraus lebt.“
Den Umgang mit
der Bibel, den müsse man erst geduldig lernen, so der Bibelprofessor.
„Ich
habe lange Zeit gebraucht, um wirklich aus ihre zu leben und sie als eine reiche Quelle
für mich und mein eigenes Leben zu verstehen. Ich kann mich erinnern, als ich in der
Mittelschule war, als wir im Griechischunterricht Platon lasen, da war Sokrates für
mich so etwas wie die große Gestalt. Ich war damals ganz begeistert, ich habe damals
fast Mühe gehabt von da aus zur Bibel zu kommen und war dann froh zu sehen, dass auch
im christlichen Altertum auch die Kirchenväter so etwas erlebt haben und sich überwinden
mussten, um aus ihrer klassischen antiken Bildung zur Heiligen Schrift den Weg und
den Zugang zu finden. Aber sie haben dann – Augustinus vor allem, aber auch Hieronymus
und andere – gesagt, wenn man denn einmal durch dieses Tor der Bibel eingetreten ist,
dann sieht man welch ungeheure Weite und Tiefe für den Verstand und für das Gemüt
da aufgeht. Und dass das wirklich der Zugang zu Gott ist, weil wir hier Gott begegnen,
so wie Gott selber von sich reden wollte und wie er sich selber zu sehen gibt. Wenn
man das einmal begreift, dann stellen auch die Schwierigkeiten der Bibel kein so großes
Hindernis mehr dar. Denn dann spürt man intuitiv, wo die wirklichen Hauptaussagen
der Bibel liegen. Dann wird sie z einem Buch, aus dem man lebt und das einen nährt:
Und so ist es mir auch gegangen. Aber es hat Zeit gebraucht!”