2008-08-28 13:28:45

Italien: Lampedusa, Synonym für illegale Einwanderung


Das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer hält an. Vor Malta sind gestern mindestens 70 Afrikaner ertrunken, als ihr Schlauchboot mit Wasser vollief. Auch auf Lampedusa, der kleinen Mittelmeerinsel zwischen Tunesien und Sizilien, stranden jeden Tag weitere Migranten – unter ihnen immer mehr Frauen und Kinder. Und jeden Sommer werden es mehr. Allein vergangenes Wochenende sind 600 Afrikaner auf Lampedusa an Land gegangen. Der italienische Journalist und Menschenrechtler Gabriele del Grande, Gründer der Beobachtungsagentur „Fortress Europe“, beschreibt die Entwicklung des Flüchtlingsproblems folgendermaßen:

„Seit Anfang 2008 erleben wir einen Rückgang bei den Neuankünften in Spanien. Das Gegenteil gilt für Italien und Griechenland. Was die Opfer betrifft, haben wir es mit mehr Toten im Kanal von Sizilien zu tun. 400 dokumentierte Fälle gab es hier bisher in diesem Jahr – 2007 waren es insgesamt 560 Ertrunkene. Natürlich handelt es sich um eine ungefähre Zahl. Niemand kann überprüfen, wie viele Schiffbrüche es im Mittelmeer gibt. Wir können nur davon mit Sicherheit ausgehen: Wenn die Zahl der Flüchtlinge steigt, die es bis zu uns schaffen, dann steigt auch die Zahl der Ertrunkenen im Kanal von Sizilien.“

 
Um die Flüchtlingsströme eindämmen und kontrollieren zu können, gründete die Europäische Union 2004 die Grenzschutzagentur Frontex. Aus menschenrechtlicher Sicht, sagt Gabriele del Grande, ist die Arbeit von Frontex zweifelhaft:

„Im Moment ist es bei den Frontex-Patrouillen so, dass sie im Kanal von Sizilien wenig oder gar nichts tun. Die Ziele von Frontex sind nicht erreicht, was etwa das Zurückdrängen der Boote an die libysche Küste betrifft - was übrigens ein schweres Risiko für die Immigranten ist. Frontex vergisst manchmal, dass an Europas Grenzen nicht nur Wirtschaftsflüchtlinge reisen, sondern eben auch politische Flüchtlinge. 90 Prozent aller illegalen Einwanderer, die sich heute in Italien aufhalten, sind regulär mit einem Touristenvisum im Flugzeug eingereist. Über das Meer kommen nur zehn Prozent der illegalen Einwanderung, aber 60 Prozent der rund 15 Millionen politischen Asylsuchenden. Diese Menschen nach Libyen oder in noch strengere Länder zurückzudrängen, heißt, sie in Länder abzuschieben, wo sie das Leben riskieren.“

Gabriele del Grande hat nach monatelangen Recherchen entlang der Routen der Flüchtlinge in Nordafrika ein Buch verfasst. „Mamadous Fahrt in den Tod. Die Tragödie der irregulären Migranten im Mittelmeer“ zeichnet die Schicksale und Beweggründe von Flüchtlingen nach. Das Buch ist im Loeper Literaturverlag erschienen.
 
(rv 28.08.2008 gs/wh)








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