Papst Benedikt XVI.
sorgt sich über den offenbar neu aufkommenden Nationalismus, der sich am Kaukasuskonflikt
entzündete. Ohne einzelne Länder zu benennen, warnte er beim Angelusgebet in Castel
Gandolfo davor, „neuen Situationen mit alten Systemen“ zu begegnen und rief den Vereinten
Nationen ihre Rolle als Schlichter in Erinnerung.
„Bitter müssen wir feststellen,
dass das Klima des Vertrauens und der Zusammenarbeit zwischen den Nationen sich zu
verschlechtern droht. Wie soll man in den gegenwärtigen Umständen nicht an die Mühe
der Menschheit erinnern, ein gemeinsames Gewissen zu bilden und eine „Familie der
Nationen“ zu sein, wie es Papst Johannes Paul II. das Ideal der UNO-Vollversammlung
benannt hat?“
Es gelte, so der Papst,
„die Rückkehr zu nationalistischen
Frontstellungen abzuwenden, die zu anderen Zeiten solch tragische Konsequenzen gezeitigt
haben.“
Die jüngsten Vorkommnisse hätten in vielen Menschen das Vertrauen
geschwächt, dass ähnliche Erfahrungen definitiv der Vergangenheit angehörten. Benedikt
riet dazu, in dieser Lage dennoch nicht pessimistisch, sondern aktiv zu werden,
„damit
die Versuchung zurückgewiesen werde, neuen Situationen mit alten Systemen zu begegnen.
Gewalt ist abzulehnen! Die moralische Kraft des Rechtes, ausgewogene und transparente
Verhandlungen, um die Kontroversen zu schlichten – angefangen bei jenen, die mit dem
Verhältnis zwischen territorialer Unversehrtheit und Selbstbestimmung der Völker zu
tun haben - , Treue zum eigenen Wort, Suche nach dem Gemeinwohl: Das sind die Wege,
die man gehen muss, um den heutigen und zukünftigen Generationen Zeiten der Eintracht
sowie moralischen und zivilen Fortschritt zu sichern.“
Wie am Samstag
bekannt wurde, hat Papst Benedikt über die Caritas rund 85.000 Euro für Flüchtlinge
des Georgien-Konflikts gespendet. Sowohl die georgische Regierung als auch das orthodoxe
Patriarchat des Landes hätten die katholische Kirche um humanitäre Hilfe gebeten,
sagte der Apostolische Administrator für die lateinischen Katholiken im Kaukasus,
Bischof Giuseppe Pasotto. Im orthodoxen Georgien habe für Aufsehen gesorgt, dass sich
das katholische Kirchenoberhaupt so entschieden zu dem Konflikt geäußert habe, so
Pasotto. Benedikt XVI. hatte bereits an den beiden vergangenen Sonntagen zum Frieden
in Georgien aufgerufen. -
Die Kirche darf sich nicht mit einer einzelnen Nation
oder Kultur identifizieren, sondern muss „die Kirche aller Völker sein“. Das sagte
Benedikt XVI. vor dem Angelusgebet in Castelgandolfo. Er sehe sein Amt in der Nachfolge
des Heiligen Petrus als Dienst für die Einheit aller Menschen. „Vor der enormen Verantwortung
dieser Aufgabe werden mir immer mehr die Verpflichtung und die Bedeutung des Dienstes
für Kirche und Welt bewusst, den der Herr mir anvertraut hat“, so Benedikt XVI. in
seiner kurzen italienischen Ansprache. Auf Deutsch sagte der Papst:
„Ganz
herzlich grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher. Heute heiße ich besonders
die Mitglieder der „Geistlichen Familie Das Werk“ willkommen, die in diesen Tagen
eine Pilgerreise auf den Spuren des heiligen Paulus unternehmen. In der zweiten Lesung
des heutigen Sonntags rühmt Paulus die Weisheit Gottes, die in seiner unendlichen
Liebe ihren Ursprung hat. Der Herr schenkt uns seine Liebe und damit schenkt er sich
selbst. Wir sind eingeladen, Gottes Helfer zu sein und seine Güte in der Welt sichtbar
zu machen. – Der Heilige Geist begleite euch auf euren Wegen.“ (rv 24.08.2008
gs)