2008-08-11 10:47:52

Syrien: Großmufti lädt den Papst ein


RealAudioMP3 Das Paulusjahr, das Papst Benedikt Ende Juni ausgerufen hat, ist nicht nur eine römische Angelegenheit – auch in Syrien schlägt es Wellen. Und zwar sozusagen interreligiöse Wellen.

Die Bekehrung des Paulus fand auf dem Weg nach Damaskus statt, an der „Via Recta“, die noch heute schnurgerade in die syrische Hauptstadt hineinführt. Syrien ist zu 90 Prozent islamisch, hat aber eine starke Tradition des Multi-Religiösen. Islamisch-christlichen Dialog „hat es hier immer gegeben“, sagt der Direktor der Großen Omayyadenmoschee, Jamal Mustafa Arab. Und der Großmufti von Syrien, Ahmed Badr Al Deem Hassun, lädt sogar Benedikt XVI. zum Paulusjahr nach Damaskus ein.

„Damaskus ist im Moment die Hauptstadt der arabischen Kultur und gleichzeitig gewissermaßen die Hauptstadt des Paulusjahres. Denn Paulus ist ja gerade hier, auf der Straße nach Damaskus, wie von einem Blitzschlag niedergeworfen und vom Saulus zum Paulus geworden. In diesem Jahr wird der zweitausendste Geburtstag des heiligen Paulus gefeiert, und da würde ich mich sehr freuen, wenn der Heilige Vater im Lauf dieses Paulusjahres unsere Einladung zu einem Besuch in Syrien annehmen würde... oder wenn er zumindest im Vatikan den Großmufti empfangen würde. Vielleicht auch, um eine solche Reise vorzubereiten? Vielleicht können wir dadurch ja dazu beitragen, dass die Blume des Friedens im Nahen Osten kräftigere Wurzeln schlägt.“

Schon jetzt befruchtet das Paulusjahr auf überraschende Weise das ökumenische und interreligiöse Miteinander in Syrien – das sagt der Nuntius in Damaskus, Erzbischof Giovanni Battista Morandini.

„Für mich ist es wirklich ein Zeichen der Zeit, dass Damaskus gerade dieses Jahr zur Hauptstadt der arabischen Kultur bestimmt worden ist. Das schafft uns viele Möglichkeiten, im Paulusjahr auch kulturell viel zu tun. Das gilt natürlich schon unter den christlichen Kirchen untereinander – wir sind sechs katholische Kirchen hier, dazu dann noch die anderen christlichen Konfessionen, und das Gespräch und Nachdenken über Paulus kann uns untereinander annähern „auf unserem Weg nach Damaskus“. Vor allem aber ist die syrische Kultur Jahrtausende alt und lässt sich gut in Dialog mit der christlichen Kultur des Paulus bringen. So werden auch wir selbst den wahren Paulus noch besser kennen lernen.“

Vor etwa zweitausend Jahren verließ Paulus die syrische Hauptstadt noch fluchtartig in einem Korb, abgeseilt von der Stadtmauer, die übrigens heute noch steht. Heute würde der Völkerapostel wohl im Hof der Omayyadenmoschee predigen – nur ein paar Meter von der Stelle entfernt, an der Papst Johannes Paul vor acht Jahren einen Kaffee mit dem Großmufti trank. Vielleicht würde Paulus aber auch in den Vororten der Stadt predigen – da, wo in kleinen Appartements Abertausende von christlichen Irak-Flüchtlingen mit ihren Familien provisorisch untergekommen sind. Für sie hat die Straße nach Damaskus in Basra oder Mossul begonnen, und Damaskus ist ihre Falle, nicht wie bei Paulus nur ein Fluchtpunkt. Sie sind das „Paulusjahr von unten“ – vielleicht fällt in diesen Monaten, in denen man den Völkerapostel feiert, auch für sie etwas ab?

(sk 11.08.2008 sk)








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