Georgien: Papst besorgt wegen Eskalation der Gewalt
Papst Benedikt XVI. verfolgt mit wachsender Sorge die Krise in Ossetien und die militärische
Eskalation zwischen Georgien und Russland. Der Papst bete und hoffe, dass der kriegerische
Konflikt durch Vernunft und diplomatische Wege wieder beendet werden könne, sagte
Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Samstag in „Radio Vatikan“. Der Heilige Stuhl
sei „schockiert“ über die Ereignisse im Kaukasus und darüber, dass nach einigen Jahren
der Ruhe jetzt wieder Gewalt in dieser ohnehin von vielen Spannungen geprägten Region
ausgebrochen sei. „Das ist ein schwieriger Moment. Hoffen wir, dass die Vernunft,
der Wille zum Frieden und zum Verhandeln siegt über die Waffen, die niemals einen
guten Weg darstellen, um Frieden zu schaffen.“ Die Situation in der Kaukasusregion
war eskaliert, nachdem russische Truppen in die von Georgien abtrünnige Provinz Südossetien
einmarschiert waren. Der Kreml unterstützt seit Jahren Südossetien und seine 75 000
Bewohner in der Auseinandersetzung mit dem pro-westlichen Georgien. Es begründete
die Militäraktion mit dem Ziel, von Georgiern ausgehende Gewalthandlungen beenden
zu wollen. Wir haben Giuseppe Pasotto, den Apostolischen Administrator für die Gläubigen
des lateinischen Ritus in Georgien, telephonisch in Tblisi erreicht: „Die Situation
ist eskaliert, aber warum weiß ich nicht. Man müsste die verschiedenen Seiten hören,
denn von hier aus ist es schwierig, die Lage einzuordnen. Man hat gespürt, dass etwas
passieren würde. Manche sagen, von russischer Seite sei alles von langer Hand vorbereitet
gewesen.“ Nach ARD-Angaben ist die südossetische Provinzhauptstadt Tschinwali
weitgehend zerstört. Sprecher des russischen Militärs sagten, Tschinwali sei unter
russischer Kontrolle und keine georgischen Kräfte mehr in der Stadt. Der russische
Staatsrundfunksendung „Voice of Russia“ meldet, dass georgische Truppen mit Streubomben
versucht hätten, die Kontrolle über die Provinzhauptstadt wieder zu erlangen. Dabei
seien 1500 Zivilisten ums Leben gekommen. Dazu Bischof Pasotto: „Die Georgier
sagen, dass das nicht stimmt. Ich verstehe nicht, warum Bombardierungen durchgeführt
werden, manchmal auch auf nicht-militärische Ziele. Ich kann verstehen, dass es zuweilen
schwierige Momente gibt, aber den Konflikt auf diese Weise auszuweiten, dass finde
ich sehr schwierig.“ Derzeit, so heißt es in russischen Quellen weiter, versuche
die russische Seite, Georgien zu einem Waffenstillstand zu zwingen. Konvois mit Hilfsgütern
und mobilen Krankenstationen seien in die Krisenregion unterwegs. Nach georgischen
Angaben sind 30 000 Menschen auf der Flucht. Die Regierung in Tiflis berichtete, die
russischen Luftstreitkräfte hätten militärische Ziele in Tiflis, weitere Anlagen im
Land und die Stadt Gori angegriffen. Vollständig zerstört worden sei, so das georgische
Außenministerium, der Schwarzmeerhafen Poti, der ebenfalls für die Erdölversorgung
Westeuropas bedeutend ist. Berichtet wird ferner von Angriffen auf georgische Stellungen
in der von Georgien abtrünnigen Region Abchasien. Eine Deeskalation ist nicht in Sicht.
Giuseppe Passoto: „Der Patriarch hat dazu aufgerufen, dass abends um 19 Uhr
alle gemeinsam um Frieden beten. Gestern haben wir Vertreter der religiösen und ethnischen
Minderheiten uns getroffen, um eine gemeinsame Erklärung zu verabschieden. Wir haben
den Abbruch der Kampfhandlungen gefordert und die Respektierung jeder einzelnen Person.
Wir haben gefordert, dass andere Staaten nicht die nationale Souveränität verletzen,
und Russland haben wir aufgefordert, eine befriedende Rolle zu spielen.“ Antonio
Mennini, der Apostolische Nuntius in der Russischen Föderation setzt weiter auf Diplomatie: „Ich
bin davon überzeugt, dass es noch einen breiten Handlungsspielraum für eine gerechte
und ehrbare Lösung für alle Seiten gibt. Man muss an den Verhandlungstisch zurückkehren,
denn das ist der einzige Weg, um eine nicht nur dauerhafte, sondern auch für alle
befriedigende Lösung zustande zu bringen.“ (rv)