Die Welthandelsgespräche
von Doha sind gescheitert. Die Unterhändler brachen sie am Dienstag Abend ab, weil
sich bei den Debatten über Landwirtschafts-Subventionen und Agrarzölle keine Einigung
zeigte. Die Industrie- und die so genannten Schwellenländer werfen sich gegenseitig
vor, nicht genug Kompromissbereitschaft zu zeigen. Das kirchliche Entwicklungshilfswerk
Misereor begrüßt allerdings das Scheitern. Schon im Vorfeld hatte Misereor vor einer
zu schnellen Einigung auf Kosten der Entwicklungsländer gewarnt. Pater Max Cappabianca
OP hat mit der Welthandelsexpertin Nicole Piepenbrink von Misereor in Aachen gesprochen.
Sind
Sie denn jetzt zufrieden mit der Entwicklung?
„Insgesamt kann man sagen,
dass es an diesem Punkt besser war, dass die Verhandlungen gescheitert sind, weil
die Entwicklungsländer sehr starke Zugeständnisse hätten müssen, ihre Märkte für Importe
aus den Industrieländern zu öffnen. Das Papier, das da auf dem Tisch lag, war wirklich
nicht akzeptabel.“
Worum ging es denn eigentlich bei den Verhandlungen
und was stand für die Entwicklungsländer auf dem Spiel?
„Seit sieben Jahren
geht es um ein sogenanntes Landwirtschaftsabkommen, und daran scheiden sich die Geister,
weil auf Grundlage dieses Abkommens die Industrieländer ihren Bauern Subventionen
zahlen dürfen. Das führt dazu, dass sie einen Überschuss produzieren, der dann auf
die Märkte der Entwicklungsländer gelangt und da die eigene Landwirtschaft kaputt
macht. Deswegen fordern die Entwicklungsländer schon seit sehr langer Zeit, dass diese
Subventionen abgebaut werden. Damit tun sich die Industrieländer sehr schwer. Es gab
allerdings in den letzten Tagen bei den Verhandlungen Schritte nach vorne. Gleichzeitig
haben die Entwicklungsländer etwas gefordert, was sich spezieller Schutzmechanismus
nennt: Sie wollten ihre Zölle anheben dürfen, wenn das Land mit ausländischen Nahrungsmitteln
überschwemmt wird. Und da gab es so gut wie keine Zugeständnisse von Seiten der Industrieländer,
diesen Schutzmechanismus wirklich so festzuschreiben, dass er auch praktikabel gewesen
wäre, dass die Entwicklungsländer ihren Lebensunterhalt ihren Kleinbauern wirklich
gesichert und eine Ernährungssicherheit gewährleistet hätten.“
Vor allem
Indien und China haben da opponiert. War denn das ihrer Meinung nach gerechtfertigt?
„Ja
absolut, das ist eine sehr wichtige Forderung. Man muss sich ja vorstellen, dass von
den vielen Menschen die hungern der größte Teil Kleinbauern sind, die also direkt
abhängig von der Landwirtschaft sind. Und wenn unsere Nahrungsmittel deren Märkte
überfluten, dann macht das die Kleinbauernwirtschaft vor Ort kaputt und sie haben
keine Möglichkeit, ein anderes Einkommen zu erzielen. Es geht also darum, direkt Hunger
in der Welt zu bekämpfen, indem man sicherstellt, dass Entwicklungsländer Maßnahmen
ergreifen dürfen, um ihre Landwirtschaft und ihre Kleinbauern zu schützen. Das ist
ein sehr zentraler Punkt, und deswegen ist es auch sehr zu begrüßen, dass sich Indien
dafür stark gemacht hat. Schon im Vorfeld haben über 100 Entwicklungsländer gesagt,
sie unterstützen da China und Indien in ihrem Anliegen.“
Haben Sie denn
bei neuen Verhandlungen möglicherweise nächstes Jahr noch Hoffnung auf einen positiven
Ausgang und was sollte denn dabei herauskommen?
„Das ist schwer einzuschätzen,
denn man muss sich vorstellen, dass die derzeitigen Verhandlungsrunde 2001 ins Leben
gerufen worden ist, dass sie 2003 schon einmal gescheitert ist, dass 2005 erste kleine
Fortschritte erzielt worden sind und dass sie jetzt wieder gescheitert ist. Die Hoffnung,
dass sie beim nächsten Mal nicht scheitert, sind relativ gering, weil die Interessen
so weit auseinandergehen. Was muss geschehen? Das, was schon die ganze Zeit versucht
wird, und weshalb ja diese Verhandlungsrunde auch die DOHA-Entwicklungsrunde heißt:
Es geht darum, wirklich die Interessen der Entwicklungsländer in den Mittelpunkt zu
stellen, so dass sie nicht die Leidtragenden des freien Handels sind, sondern die
Möglichkeit haben, vom Freihandel zu profitieren.“