In der Türkei erreicht
das Kräftemessen zwischen säkularen und religiösen Kräften diese Woche einen Höhepunkt.
Das türkische Verfassungsgericht berät derzeit über ein mögliches Verbot der Regierungspartei
AKP. Die über zwölfstündige Sitzung am Montagabend endete ohne Ergebnis. Ob ein direkter
Zusammenhang zwischen dem Attentat und dem Verbotsverfahren gegen die AKP besteht,
ist aber offen. Die Lage im Land sei sehr angespannt, auch wenn von außen betrachtet
die Lage ruhig erscheint, sagt der Apostolische Vikar für Anatolien, Bischof Luigi
Padovese, gegenüber Radio Vatikan:
„Die Türken warten mit großer Spannung
auf den Beschluss des Obersten Gerichtshof. Das Grundproblem in der Türkei ist, dass
das Land eine Laizität erlebt, die sich in gewisser Hinsicht gegen eine demokratische
Öffnung stemmt und dabei offene Frage hinterlässt.“
In der türkischen Öffentlichkeit
sei eine verschärfte Polarisierung zwischen religiösen Anhängern und Vertretern eines
säkularen Staates zu beobachten. Der Anschlag am Sonntag habe dies noch weiter verschärft.
Bischof Luigi Padovese:
„Es handelt sich ja um das folgenschwerste Attentat
in der Türkei seit fünf Jahren. Wer dahinter steckt, ist weiterhin unklar. Doch das
Ziel ist hingegen offensichtlich: Es geht darum, im Land ein Gefühl der Unsicherheit
zu verbreiten. Es wird vermutet, dass hinter den Anschlägen die kurdischen Separatisten
der PKK stehen. Aber dies ist nicht mehr die einzige Richtung, in die die polizeilichen
Untersuchungen gehen. Es gibt also noch viele offene Fragen, die einer Antwort harren.“
Die
türkische Polizei fahndet derzeit nach einem Mann in einem schwarzen T-Shirt. Der
Verdächtige sei wenige Sekunden vor der verheerenden Explosion der zweiten Bombe die
Straße hinunter gerannt, berichtete die Zeitung „Yenisafak“.