Wir berichten am Montag
bei Radio Vatikan immer aus der Weltkirche – und wir tun das meist aus Rom. Außer
bei Papstreisen können wir nur selten selbst vor Ort sein. Unser Kollege Pater Max
Cappabianca OP hatte jetzt die Gelegenheit, Anfang Juli in den Fernen Osten nach Singapur
zu reisen und dort die – noch recht junge Kirche – zu besuchen. 12 Stunden war er
mit dem Flugzeug von München nach Singapur unterwegs. Hören und lesen Sie hier, was
er dort gleich nach seiner Ankunft erlebt hat... Im Dominikanerkloster im Norden
der Stadt gleich eine erste Überraschung. Die Mitbrüder waren im Aufbruch begriffen
zur Kathedrale Singapurs: Gleich würde das Requiem für den emeritierten Erzbischof
Gregory Yong beginnen. Ob ich denn mitkommen wolle. Ich würde auf einen Schlag die
gesamte Erzdiözese kennen… Natürlich bin ich trotz Jetlag und schwül-tropischem Klima
mitgeganen. Die Kathedrale zum Guten Hirten liegt mitten im Geschäftsviertel der Finanz-
und Handelsmetropole gelegen. Des tropisch-schwülen Klimas wegen gibt es keine normalen
Kirchenfenster, sondern Lamellen und überall riesige Ventilatoren, die für etwas Kühlung
sorgen. Britische Vergangenheit Die Liturgie ist sehr gepflegt – berühmt
ist der Chor der Kathedrale. Zwar wurde schon im 16. Jahrhundert hier ein Bischofssitz
gegründet – aber erst unter dem Gregory Yong wurde es zum Erzbistum und Metropolitansitz.
Wie Dreiviertel der Bevölkerung war der erste Erzbischof der Stadt er chinesischer
Herkunft. Sein Nachfolger Nicholas Chia sagt, sein Vorgänger habe die Kirche weitergebracht
und aufgebaut. Zwar sei er vor sieben Jahren in Ruheestand gegangen, aber immer noch
seien die Menschen ihm dankbar für sein geistliches Wirken. Auch in der Liturgie zeigt
sich die koloniale Vergangenheit Singapurs. Die junge Stadt ist erst vor zweihundert
Jahren unter den Engländern großgeworden, noch heute spürt man das überall: Unter
anderem daran, dass auch die Chinesen hier neben Mandarin meist ein sehr gepflegtes
britisches Englisch pflegen. Auf den Straßen hört man aber auch Tamil und Malaisisch. Eine
andere Art des Kircheseins Mit dabei bei dem Beerdigungsgottesdienst: Vier
Mitglieder der Fokolargemeinschaft, unter ihnen auch zwei Deutsche: Christa Overbeck
und Monika Grotz. Die beiden Frauen sind Mitte Dreißig Jahre alt und unterrichten
an der deutsch-europäischen Schule in Singapur: Die einzige Chance, um eine dauferhafte
Aufenthaltsgenehmingung zu kriegen. Christa Overbeck fühlt sich wohl hier und erlebt
eine ganz andere Art von Kirche-Sein. „Man spürt hier noch sehr stark das
Ursprüngliche des Christentums. Wenn Sie hier sonntags in die Kirche gehen und sie
merken, die Kirchen sind voll. Es gibt viele Taufen: Jedes Jahr Hunderte! Wir merken
in Malaysia und Indonesien sehr starke Resonanz und dieser Wunsch, das Christentum
echt leben zu wollen.“ Achtzig Prozent der gut 170.000 Katholiken gehen Sonntags
in die Kirche. Allerdings sind nur 3,9% der gut vier Millionen Einwohner überhaupt
Christen. Die meisten sind Buddhisten, Hindus oder Moslems. Das Miteinander der Religionen
ist hier Alltag: „Ich habe eine Kollegin, die ist Hindu. Wir haben mehrere
Kollegen, die sind Moslems; und wir arbeiten zusammen und das geht gut. Auch von der
Fokolarbewegung haben wir viele Leute, die vom Buddhismus her früher schon zum Christentum
gefunden haben und die unsere Erfahrung weitergeben.“ DieIdeale
jungerDominikaner aus Myanmar Noch viel mehr als in Europa ist das
Zusammenleben verschiedener Menschen und Kulturen Alltag – auch innerhalb der Kirche.
Die Dominikaner haben seit dem Jahr 2000 eine Niederlassung hier – sie dient als Stützpunkt
für die apostolische Arbeit der Brüder in der Stadt, aber auch als Ausbildungsstätte
für Postulanten – das sind Ordensinteressenten – aus ganz Fernost. Derzeit sind vier
Ordenskandidaten hier, sie lernen Englisch und die Ordensspiritualität der Dominikaner
kennen. Einer von ihnen ist Bert. Bert erzählt, dass er schon manchmal Heimweh hat
nach Zuhause. Seine Eltern sind Bauern in einem kleinen Dorf im Innern des Landes.
Am Dominkanerorden schätzt er das Gemeinschaftsleben und die Diskussionskultur. Er
selber will einmal ein guter Prediger werden. Angesprochen auf die schwierige Lage
unter dem Militärregime in Myanmar legt er eine fast buddhistische Haltung an den
Tag: Man müsse vor allem Gottes Willen suchen – und seinen Plan für das Land kenne
man wahrscheinlich einfach noch nicht. Den Hörern von Radio Vatikan legte er ans Herz: „Ich
möchte dazu ermutigen, den Geboten Gottes gemäß zu leben“, sagt er. „Gott und
einander zu lieben und den Armen zu helfen, den Bedürftigen.“ Am 10. Juli hieß
es für mich dann wieder Abschied von Singapur nehmen. Ich habe eine kleine, aber sehr
lebendige Kirche erlebt. Die sozial praktisch engagiert ist, sich aber doch vor allem
als eine spirituelle Gemeinschaft erlebt. Die Kirche ist weltweit und sie ist immer
wieder neu eine junge Kirche. (rv 28.07.2008 mc)