Zehn Tage vor der Eröffnung der Olympischen Spiele zieht Amnesty International eine
düstere Bilanz der Menschenrechtslage im Gastgeberland China. „Die chinesische Regierung
hat ihr Versprechen, die Spiele für die Verbesserung der Menschenrechte zu nutzen,
gebrochen“, sagte Dirk Pleiter, China-Experte von Amnesty International in Deutschland.
Die Strategie der „stillen Diplomatie“ des Internationalen Olympischen Komitees (IOC)
sei nicht erfolgreich gewesen. Amnesty begrüße, dass das IOC sich zu seiner Verantwortung
für die Einhaltung der Menschenrechte bekennt. „Wir erwarten aber, dass das IOC Klartext
spricht, wenn die chinesischen Behörden die olympischen Werte verletzen“, sagte Pleiter.
Auch die ausländischen Staats- und Regierungschefs, die zur Eröffnungsfeier nach Peking
reisen, sollten sich öffentlich für den Schutz von Menschenrechten aussprechen und
sich für konkrete Fälle inhaftierter Menschenrechtsverteidiger einsetzen. In einem
an diesem Montag veröffentlichten Bericht bilanziert Amnesty die Menschenrechtssituation
mit Blick auf die Unterdrückung von Menschenrechtsverteidigern, Todesstrafe, Medienzensur
und der sogenannten Verwaltungshaft. Mit Verhaftungen, Hausarrest und „Säuberungen“
haben demnach die chinesischen Behörden viele Menschenrechtsaktivisten mundtot gemacht
und sie „von der Bildfläche verschwinden lassen“. Bekannte Menschenrechtsverteidiger
wie Hu Jia oder Ye Guozhu sitzen laut Amnesty weiterhin im Gefängnis, weil sie Kritik
an den Olympischen Spielen geäußert hatten. Aus China würden weiterhin Jahr für Jahr
mehr Todesurteile bekannt als aus allen anderen Ländern dieser Erde zusammen, beklagt
Amnesty. (pm 28.09.2008 bp)