Am Sonntag feiert
die Gemeinde Mosbach im Badischen das „Fest der Maueröffnung“. Es werden dazu erwartet
der Freiburger Weihbischof Bernd Uhl und Oberkirchenrat Gerhard Vicktor als Vertreter
des evangelischen Landesbischofs in Karlsruhe. Doch geht es dabei nicht um die Berliner
Mauer, sondern um die in der dortigen Stiftskirche St. Juliana. Pater von Gemmingen
berichtet:
300 Jahre lang war die von Evangelischen und Katholiken gemeinsam
genutzte Kirche durch eine Mauer am Lettner geteilt. Jetzt wurde ein Durchbruch geschaffen
– ein historischer Moment, sagt Klaus Bader. Er ist der katholische Pfarrer:
„Der
Wert besteht vor allem in der Symbolik, denn die Tür wird jetzt nicht immer offen
sein, sondern sie wird zu bestimmten ökumenischen Anlässen geöffnet, aber es ist für
uns eine Meilenstein der Ökumene in unsern beiden Gemeinden.“
Das meint
auch sein evangelischer Amtsbruder Dirk Keller.
„Wir haben die Türen gegenseitig
auf, von außen gesehen: Zwischen uns passt keine Hand und kein Blatt. Und das ist
so schön und so gut die Entwicklung, dass die Tür in der Tat insofern eine konsequente
Weiterentwicklung unserer Zusammenarbeit in Mosbach ist.“
Es gab auch kritische
Stimmen, die sagen, die Ökumene sei noch nicht so weit. Doch das lassen die Mosbacher
nicht gelten. Auch stimme das Gerede von einer ökumenischen Eiszeit nicht. Pfarrer
Keller:
„Was bei uns in der evanglischen Kirche eine ganz gute Entwicklung
ist, dass wir uns wieder rückbesinnen auf unsere Aufgaben und unsern Auftrag. Wozu
ist evangelische Kirche in Deutschland in den Ortsgemeinden notwendig und gut? Das
hat aus meiner Sicht weniger mit ökumenischer Abgrenzung zu tun, als vielmehr mit
einer Selbstverortung in unserer Gesellschaft. Ich muss ihnen sagen, ich
habe das nie als Abgrenzung gegen katholische Kirche erlebt, sondern in der Tat: Was
ist unser evangelischer Beitrag in der Öffentlichkeit, in unserem Land und hier in
unserer Stadt Mosbach.“
In der Ökumene gibt es keinen Weg zurück, sagt
auch der katholischer Amtsbruder Klaus Bader.
„Wir versuchen hier an der
Basis möglichst vieles zusammen zu tun, was uns möglich ist. Natürlich ist in manchen
Dingen uns die Hände gebunden, wir haben hier auch keine Interkommunion, das ist ja
nicht erlaubt auf kirchlicher Ebene. Aber alles andere was uns möglich ist, das wollen
wir tatsächlich tun: Gemeinsam Bibelabende durchführen. Wir könnten sagen, dass wir
versuchen hier in unserer Stadt, die etwa halb protestantisch und halb katholisch
ist, ein gemeinsames Zeugnis abzulegen. Denn immerhin sind auch bei uns schon zwanzig
Prozent nicht getauft.“
Das „Fest der Maueröffnung“ beginnt am Sonntag
um 10.00 Uhr mit einer Heiligen Messe hüben und einem evangelischen Gottesdienst drüben.
Etwa gegen 10.50 Uhr werden die beiden Türen im mittleren Bogen geöffnet. Delegationen
beider Gemeinden reichen sich in der Tür die Hand und besuchen den jeweils anderen
Kirchenraum. Pfarrer Keller freut sich schon sehr auf den historischen Moment:
„Also
das wird was ganz Tolles. Also ich sage ihnen: Als wir mit der Handwerker die Tür
geöffnet haben, das war vor einigen Wochen, das war schon eine Gänsehaut, als der
Pfarrer Bader und ich noch in der offenen Baustelle durch die geöffnete Tür uns die
Hand gereicht haben als Ausdruck von Gemeinschaft und gegenseitigem Respekt. Und nun
ist dieser offizielle Akt am Sonntag mit Weihbischof aus Freiburg und Bischofsstellvertreter
aus Karlsruhe und großer Öffentlichkeit – also das ist mindestens genauso soviel Gänsehaut
wie bei dem ersten Durchgriff durch die Mauer. Da ist ganz viel Emotion drin, das
ist wirtklich so!“
Seit der Reformation im 16. Jahrhundert war die Stadtkirche
in Mosbach evangelisch und die katholische Messe verboten. 1685 verkündete der katholische
Kurfürst Philipp Wilhelm die volle Religionsfreiheit und ordnete an, dass die Protestanten
und die Katholiken sich die Stiftskirche St. Juliana, in der ab 1698 katholische Gottesdienste
wieder erlaubt waren, teilen mussten. Da dies jedoch nicht immer einvernehmlich zu
regeln war, wurden 1708 die Konfessionen räumlich getrennt, indem man den bestehenden
Lettner mit seinen drei Bögen komplett zumauerte: die Katholiken bekamen den Chorraum,
die evangelische Gemeinde erhielt das Kirchenschiff. Am 27. Juli wird jetzt nach 300
Jahren diese mehr als ein Meter dicke Trennmauer geöffnet und mit zwei Türen durchlässig
gemacht.