2008-07-24 13:26:18

Vatikan: 40 Jahre Humanae Vitae


RealAudioMP3 Vor 40 Jahren veröffentliche Papst Paul VI. seine letzte und bis heute bekannteste Enzyklika: „Humanae Vitae“. Mit ihr legte die Katholische Kirche zum ersten Mal ihr „Nein“ zur künstlichen Empfängnisregelung fest. Das Schreiben löste einerseits Unverständnis aus, selbst innerhalb der Kirche. Viele sehen in „Humanae Vitae“ aber auch einen prophetischen Text, ein Bollwerk, mit dem sich der Papst gegen die Verdinglichung der menschlichen Sexualität und ihre Umdeutung zum reinen Trieb-Befriedigungsmittel stemmte.
40 Jahre nach der Veröffentlichung von „Humanae Vitae“ zeigt sich aus der Sicht vieler Beobachter: Mit seinem Pessimismus hatte Paul VI. recht. Sein Nachfolger Benedikt XVI. findet deshalb, dass die Inhalte des Lehrschreibens heute wichtiger denn je sind.
„Im Gegenteil, gerade im Licht neuer wissenschaftlicher Entdeckungen ist ihre Lehre aktueller denn je und provoziert eine Reflexion über die ihr innewohnenden Werte. Das Schlüsselwort, um angemessen ihre Inhalte zu verstehen, bleibt die Liebe. In einer Kultur, in der das Haben über das Sein dominiert, droht das menschliche Leben seinen Wert zu verlieren. Wenn die Ausübung der Sexualität sich in eine Droge verwandelt, die den Partner den eigenen Sehnsüchten und Interessen unterwirft, ohne die Zeiten der geliebten Person zu respektieren, dann geht es nicht mehr nur darum, das wahre Verständnis von Liebe zu verteidigen, sondern zuallererst um die Würde der Person überhaupt. Als Gläubige können wir niemals zulassen, dass die Vorherrschaft der Technologie den Wert der Liebe und die Heiligkeit des Lebens zerstört.“
Das sagte Benedikt im Mai diesen Jahres vor Teilnehmern einer vatikanischen Tagung über „Humanae Vitae“. Das Dokument, vom Papst unterzeichnet am 25. Juli 1968, sollte so etwas sein wie die theologische Antwort auf die Pille. Seit acht Jahren war die hormonelle Verhütung damals verfügbar. In der Zwischenzeit war sie zum Symbol der so genannten „sexuellen Befreiung“ geworden. Ihre möglichen medizinischen Nebenwirkungen und ihre soziologischen Auswirkungen auf Verhaltensweisen ganzer Generationen waren damals noch nicht bekannt. Viele Paare empfanden die Pille, also eine unaufwendige und sichere Form der Verhütung, einfach als großen Fortschritt.
In dieser Lage wollte Paul VI. die Auffassung der Kirche über die menschliche Fortpflanzung darlegen. Eine Kommission aus Bischöfen und Moraltheologen hatte Vorschläge unterbreitet, wie der Vatikan die neuen pharmazeutischen Möglichkeiten unter ethischen Gesichtspunkten bewerten könnte. Heute überraschend: die Mehrheit der päpstlichen Ratgeber sprach sich GEGEN ein ausdrückliches Verbot der künstlichen Empfängnisverhütung aus. Paul VI. entschied anders. Mit seiner Enzyklika legte er fest, dass die Kirche die Entscheidung von Eltern ernst nimmt, „aus guten Gründen auf weitere Kinder zu verzichten“ - Stichwort „verantwortungsbewusste Elternschaft“. Doch dafür sei nicht der Gebrauch von Verhütungsmitteln zulässig, sondern allein die natürliche Empfängnisregelung. Im Hintergrund dieser Differenzierung steht die christliche Auffassung von ganzheitlicher Liebe. Papst Benedikt XVI. im Mai 2008:
„Vierzig Jahre nach der Veröffentlichung der Enzyklika ist nicht nur ihr Lehrinhalt unverändert wahr, es zeigt sich auch die Weitsicht, mit der das Problem behandelt worden ist. Die eheliche Liebe wird nämlich als ein ganzheitlicher Prozess beschrieben und bleibt nicht bei einer Trennung von Leib und Seele stehen; auch ist diese Liebe nicht allein Gefühlen unterworfen, die oft flüchtig und fragwürdig sind, sondern sie nimmt die Einheit der Person ernst und die Tatsache, dass die Eheleute alles miteinander teilen, wenn sie sich gegenseitig schenken im Versprechen einer treuen und exklusiven Liebe, die Frucht einer wirklich freien Wahl ist. Das werdende Leben ist immer eine unschätzbare Gabe – Immer wenn wir sein Entstehen erleben, sehen wir die schöpferische Kraft Gottes am Werk, der dem Mensch vertraut und der ihn so dazu beruft, die Zukunft mitzugestalten in der Kraft der Hoffnung.“
Dass das Nein der Kirche zur Pille und zu jeder anderen künstlichen Form der Empfängnisverhütung bei den Katholiken auf der ganzen Welt heute schwere Akzeptanzprobleme hat, stellen Soziologen und auch katholische Moraltheologen umstandslos fest. Vereinzelt sei zwar eine Rückkehr zur vorehelichen Enthaltsamkeit und zur natürlichen Familienplanung beobachtbar, doch im Allgemeinen sei die Distanz zur kirchlichen Sexualethik in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen, sagt etwa der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff. Gerade Jugendliche sehen Sexualität heute als Privatsache, in der kirchliche Verbote keinen Raum hätten. Welche Antwort gibt Papst Benedikt XVI.? Dass persönliche Verantwortung zu einer demokratischen Gesellschaft gehört, etwa.
„Ich hoffe wirklich sehr, dass man sich ganz besonders der Jugendlichen annimmt, damit sie den wahren Sinn der Liebe lernen und sich durch eine angemessene Erziehung auf die Sexualität vorbereiten, ohne sich von flüchtigen Botschaften abbringen zu lassen, die das Erreichen des Wesens der Wahrheit behindern, um die es hier geht. Sich falsche Vorstellungen über die Liebe zu machen oder sich Illusionen hinzugeben, was die ursprüngliche Verantwortung angeht, die wahrzunehmen man aufgerufen ist, wenn man seine Sexualität ausübt, gereicht einer Gesellschaft nicht zu Ehre, die für sich die Prinzipien von Freiheit und Demokratie in Anspruch nimmt. Die Freiheit muss sich mit der Wahrheit verbinden und die Verantwortung mit der Kraft zur Hingabe an den anderen, die auch Opfer einschließt; ohne diese Elemente kann die Gemeinschaft der Menschen nicht wachsen, und ständig lauert die Gefahr, sich in einem Zirkel erstickenden Egoismus’ einzuschließen.“
(rv/kipa 24.07.2008 gs)










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