2008-07-22 13:52:34

Bosnien-Herzegowina: Nach Karadzic-Festnahme – Kirche fordert Aufarbeitung der Vergangenheit


RealAudioMP3 Nach fast 13 Jahren auf der Flucht ist der Serbenführer Radovan Karadzic in Belgrad verhaftet worden. Dem 63-Jährigen werden vom UNO-Kriegsverbrechertribunal „Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vorgeworfen. Die Bischöfe Bosnien-Herzegowinas haben die Festnahme Karadzics begrüßt und fordern nun eine Aufarbeitung der Kriegsauseinandersetzungen in den 90er Jahren. Nach Ansicht des Generalsekretärs der bosnischen Bischofskonferenz, Ivo Tomasevic, war Karadzic eine Symbolfigur.

„Für uns bosnischen Katholiken ist er trotz allem auch eine Person, für dessen Seelenheil man beten sollte. Doch in den vergangenen Jahren wurde er zu einem Symbol des Krieges hochstilisiert. Er ist ein Sinnbild für die Verbrechen und Ungerechtigkeiten in Bosnien-Herzegowina. Auch die katholische Kirche hat viel gelitten sowie andere Religionsgemeinschaften hier. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen, um die Wahrheit auszusprechen. Denn die Wahrheit ist: In Bosnien-Herzegowina herrscht durch die Verträge von Dayton ein ungerechter Friede. Das Land ist zweigeteilt. Die Infrastrukturen funktionieren nicht. Es herrscht noch Ungerechtigkeit und das ist nicht gut.“

Nun breche eine „neue Zeit“ für sein Land an, so Tomasevic weiter.

„Die katholische Kirche hat eine wichtige Rolle im Friedensprozess. Das galt schon vor, während und nach dem Krieg. Die Festnahme Karadzics bietet eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, welche Fehler in der Vergangenheit gemacht wurden. Vor allem müssen auch die Fehler bei den Friedensverträgen 1995 angeschaut werden, damit Verbesserungen vorgenommen werden können. Ziel sollte ein gerechter Friede für alle sein – ob katholisch oder Mitglied einer anderen Religionsgemeinschaft – damit wir mit voller Hoffnung in die Zukunft blicken können.“

Karadzic war seit Mitte der 90er Jahre auf der Flucht. 1996 war er zum letzten Mal in Bosnien gesehen worden. Nach Darstellung des UNO-Tribunals war er – wie auch sein Militärkommandant Ratko Mladic – von Helfershelfern in der serbischen Armee, Politik und im Geheimdienst gedeckt worden. Die USA hatten 1998 eine Belohnung von fünf Millionen US-Dollar für die Ergreifung des meistgesuchten Serben ausgesetzt. Die in diesem Jahr gestürzte Regierung des nationalkonservativen Vojislav Kostunica soll nach Mutmaßungen des UNO-Tribunals die Verhaftung von Karadzic verhindert haben. Karadzic wird von großen Teilen der serbischen Bevölkerung immer noch als Volksheld angesehen.

(rv/ap 22.07.2008 mg)








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