In seiner ersten Rede in Australien hat Benedikt XVI. das historische Unrecht gegenüber
der australischen Urbevölkerung angesprochen und zu Versöhnung und gegenseitigem Respekt
aufgerufen. Zugleich lobte der Papst die „mutige Entscheidung der australischen Regierung,
die in der Vergangenheit begangenen Ungerechtigkeiten gegen die indigenen Völker anzuerkennen“.
Benedikt XVI. nahm am Donnerstagvormittag (Ortszeit) sein Besuchsprogramm in Sydney
auf. Generalgouverneur Michael Jeffery und Premierminister Kevin Rudd empfingen ihn
mit einer offiziellen Begrüßungszeremonie im Garten des Government House. Das Kirchenoberhaupt
war nach einem dreitägigen Erholungsaufenthalt in Kenthurst am Mittwochabend in Sydney
eingetroffen. Hier Auszüge aus der ersten Ansprache des Papstes in deutscher Übersetzung:
Sehr
geehrte Damen und Herren! liebe australische Freunde!
Mit großer Freude
grüße ich Sie heute. Ich möchte dem Generalgouverneur, Generalmajor Michael Jeffery,
und Premierminister Kevin Rudd danken für die Ehre, die sie mir durch ihre Anwesenheit
bei dieser Feier erweisen, und dafür, daß sie mich so freundlich willkommen geheißen
haben. Wie Sie wissen, konnte ich seit meiner Ankunft in Australien am vergangenen
Sonntag einige Ruhetage genießen. Ich bin sehr dankbar für die mir entgegengebrachte
Gastfreundschaft. Nun freue ich mich darauf, heute abend am „Willkommen im Land“ von
Seiten der indigenen Bevölkerung teilzunehmen und dann die großen Ereignisse zu feiern,
die das Ziel meines Apostolischen Besuchs in diesem Land sind: den 23. Weltjugendtag.
(…) Seit dem ersten Weltjugendtag im Jahr 1986 ist ersichtlich, daß eine große
Zahl von Jugendlichen die Gelegenheit schätzt, zusammenzukommen, um ihren Glauben
an Christus zu vertiefen und miteinander eine freudige Erfahrung der Gemeinschaft
in seiner Kirche zu teilen. Sie verlangen danach, Gottes Wort zu hören und mehr über
ihren christlichen Glauben zu lernen. Sie sind begierig, an einem Event teilzunehmen,
der die großen Ideale in den Blick nimmt, die sie inspirieren, und sie kehren nach
Hause zurück erfüllt von Hoffnung und erneuert im Entschluß, zum Aufbau einer besseren
Welt beizutragen. Für mich ist es eine Freude, bei ihnen zu sein, mit ihnen zu beten
und gemeinsam mit ihnen die Eucharistie zu feiern. Der Weltjugendtag erfüllt mich
mit Vertrauen für die Zukunft der Kirche und für die Zukunft unserer Welt. Es
scheint besonders angebracht, den Weltjugendtag hier zu feiern; denn die Kirche in
Australien ist sowohl die jüngste unter den Kirchen auf den verschiedenen Kontinenten
als auch eine der am meisten kosmopolitischen. Seit der ersten europäischen Siedlung
hier im späten 18. Jahrhundert ist dieses Land nicht nur zu einem Zuhause von Generationen
von Europäern, sondern von Menschen aus jedem Winkel der Erde geworden. Die riesige
Vielfalt der australischen Bevölkerung verleiht einer im Vergleich zum Großteil der
restlichen Welt noch jungen Nation heute eine besondere Lebendigkeit. Doch vor der
Ankunft westlicher Siedler lebten schon über Jahrtausende nur die Aborigines und die
Inselbewohner der Torresstraße in diesem Land. Ihr altehrwürdiges Vermächtnis bildet
einen wesentlichen Teil der kulturellen Landschaft des modernen Australien. Dank der
mutigen Entscheidung der australischen Regierung, die in der Vergangenheit an der
indigenen Bevölkerung begangenen Ungerechtigkeiten anzuerkennen, ist man nun dabei,
konkrete Schritte zu unternehmen, um zu einer auf gegenseitigem Respekt gegründeten
Versöhnung zu gelangen. Zu Recht suchen Sie, das Auseinanderklaffen zwischen indigenen
und nicht indigenen Australiern hinsichtlich der Lebenserwartungen, der Ausbildungsziele
und der wirtschaftlichen Chancen zu überwinden! Dieses Beispiel der Versöhnung gibt
all jenen Völkern in der ganzen Welt Hoffnung, die danach verlangen, daß ihre Rechte
bestätigt werden und ihr gesellschaftlicher Beitrag anerkannt und gefördert wird.
Die Siedler, die aus Europa hierher kamen, umfaßten immer einen bedeutenden Anteil
an Katholiken, und wir dürfen zu Recht stolz sein auf den Beitrag, den sie zur Entstehung
der Nation geleistet haben, insbesondere in den Bereichen der Bildung und des Gesundheitswesens.
Eine der herausragenden Gestalten der Geschichte dieses Landes ist die selige Mary
MacKillop, an deren Grab ich im weiteren Verlauf dieses Vormittags noch beten werde.
Ich weiß, daß ihre Ausdauer angesichts der Widrigkeiten, ihr Aufruf zur Gerechtigkeit
zugunsten der ungerecht Behandelten und ihr konkretes Beispiel von Heiligkeit zu einer
Inspirationsquelle für alle Australier wurden. (…) Im heutigen säkularisierteren Umfeld
leistet die Gemeinschaft der Katholiken weiter einen wichtigen Beitrag für das Leben
der Nation, nicht nur durch die Bildung und im Krankendienst, sondern besonders dadurch,
daß sie die geistliche Dimension jener Fragen aufzeigt, die in der gegenwärtigen Diskussion
im Vordergrund stehen. Angesichts der vielen tausend Jugendlichen, die in diesen
Tagen Australien besuchen, ist es angebracht, darüber nachdenken, welche Welt wir
den zukünftigen Generationen hinterlassen. Nach den Worten Ihrer Nationalhymne ist
dieses Land „reich an Geschenken der Natur, an üppiger und seltener Schönheit“. Die
Wunder der Schöpfung Gottes erinnern uns an die Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen
und die Güter der Erde verantwortlich zu verwalten. In diesem Zusammenhang stelle
ich fest, daß Australien sich ernstlich engagiert, um sich seiner Verantwortung in
der Sorge um die natürliche Umwelt zu stellen. Auf gleiche Weise hat dieses Land gegenüber
der menschlichen Umwelt großzügig internationale Operationen zur Friedenserhaltung
unterstützt, indem es zur Lösung von Konflikten im Pazifikraum, in Südostasien und
anderswo beigetragen hat. Aufgrund der vielen in Australien vertretenen religiösen
Traditionen ist dies hier ein besonders fruchtbarer Boden für den ökumenischen und
interreligiösen Dialog. (…)Das Thema, das für den Weltjugendtag 2008 gewählt wurde,
ist den Worten entnommen, die Jesus selbst an seine Jünger gerichtet hat, wie sie
in der Apostelgeschichte angeführt sind: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen
Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein …
bis an die Grenzen der Erde“.(…) Die Papst-Ansprachen in voller Länge sind nachzulesen
auf der Homepage des Vatikans www.vatican.va und in den jeweiligen Ausgaben des Osservatore
Romano. (rv 17.07.2008 bp)