Vatikan: Bertone, „Kirche muss verständlich reden“
Wahre Laizität bedeutet
für die Kirche, sich im demokratischen Diskurs verständlich zu machen. Das hat am
Donnerstag Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone betont. Er sprach bei einem Festakt
zum 60-jährigen Bestehen der italienischen Verfassung. Man müsse eine wünschenswerte
gesunde Laizität von einer radikalen und antiklerikalen unterscheiden, so Bertone.
„Die
Kirchen zu hindern, ihre Position zu allen Themen zu äußern, ist nicht ein Akt von
Laizität, sondern ein Scherbengericht, und das nur, weil ihr Wertesystem nicht der
dominierenden Kultur entspricht. Alle diejenigen, die starke Werte vertreten, müssen
sich also um eine gesunde Laizität bemühen, gleich ob es sich um die katholische Kirche
handelt oder um andere Kulturen oder Religionen. Und das bedeutet, sich bemühen um
eine Übersetzung der eigenen Werte in jene ,universelle Sprache’ der demokratischen
Auseinandersetzung. Das ist Basis und Quelle für eine wahre Laizität und für wahre
Demokratie.“
Die italienische Verfassung von 1948 sei „laikal“, aber nicht
„laizistisch“, so Bertone. In einem Klima gesunder „Laizität“ sei es auch möglich
gewesen, die konkordatären Übereinkünfte zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl in
die Verfassung einzubeziehen und so eine „fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Kirche
und Staat“ zu ermöglichen. Bertone würdigte in diesem Zusammenhang die neuen Akzente,
die der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy gesetzt habe. Bedauerlich sei,
dass die beiden großen Reden des französischen Präsidenten zu diesem Thema - eine
im römischen Lateranpalast und eine in der saudiarabischen Hauptstadt Riad - in Frankreich
vielfach „Erstaunen und Entrüstung“ hervorgerufen hätten. In beiden Reden gebe es
Elemente, die auf eine positive Entwicklung des Begriffs der „Laizität“ hoffen ließen,
die in Frankreich vielfach noch von den antiklerikalen, ja antireligiösen Vorurteilen
der Dritten Republik gepägt seien.
Bei dem Festakt auf dem Kapitol sprachen
neben Bertone außerdem der frühere italienische Premierminister Giulio Andreotti,
der Linkspolitiker Massimo d’Alema sowie der Bürgermeister von Rom, Gianni Alemanno
von der Alleanza Nazionale. Die italienische Verfassung trat am 1. Januar 1948 in
Kraft.