D: „Ökumenischer Schulterschluss“ gegen Sterbehilfe
Für gemeinsames Agieren
und Argumentieren gegen Sterbehilfe hat die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann
plädiert. Die katholische und die Evangelische Kirche in Deutschland verträten hier
gleiche Positionen. Beim ARD-Talk „Hart aber fair“ kam es am Mittwochabend zum
erwarteten Schlagabtausch zwischen Landesbischöfin Margot Käßmann und dem früheren
Hamburger Justizsenator Roger Kusch zum Thema Sterbehilfe. Kusch hatte nach eigenen
Angaben eine nicht lebensbedrohlich erkrankten 79-jährige Frau beim Suizid begleitet.
Der Fall hatte bei Vertretern aus Politik, Kirche und Gesellschaft scharfen Protest
ausgelöst. Käßmann kritisierte die Suizidbegleitung und Kuschs öffentliche Stellungnahmen
dazu. Sterbebegleitung brauche Zeit, Geduld und Liebe. Es mache sie „abgrundtief traurig“,
dass so reißerisch mit einem Leben umgegangen worden sei. Kusch warf der evangelischen
Bischöfin in der Sendung vor, mit ihrer Haltung die „Autonomie des Einzelnen“ infrage
zu stellen. Sie erwecke den Eindruck, die christliche Religion habe ein Patenrezept
für die Probleme der Menschen am Lebensende. Maßgeblich für ihn bei seinem Angebot
zur Sterbehilfe sei „Respekt vor den Maßstäben meines Mitmenschen“.
Ein gesetzliches
Verbot von Sterbehilfe sei zwar ein deutliches Zeichen der Gesellschaft, reicht aber
nicht aus, bekräftigte Käßmann bereits vor der Sendung im Gespräch mit dem Kölner
Domradio: „Für mich ist das gesetzliche Verbot ein Zeichen der Gesellschaft
zu sagen, wir wollen nicht, dass Geschäfte mit der Angst vor dem Tod gemacht werden.
Aber das ist nur ein Zeichen. Andererseits brauchen wir viel stärker eine Diskussion
über würdevolles Sterben und ich denke vor allen Dingen auch darüber, dass ein Leben
auch etwas wert ist, wenn es nicht leistungsfähig ist, wenn es nicht 100-prozentig
gesund ist und überall mithalten kann. Und eine Diskussion über die Pflegesituation,
die macht mir wirklich sorgen, das muss ich sagen, ich verstehe auch die Angst vieler
Menschen! Wir wissen als Kirchen ja im Moment gar nicht mehr, wie wir in der ambulanten
Pflege bleiben sollen, weil wir die Preise da nicht halten können, wenn wir Tarife
zahlen. Da ist wirklich etwas zu tun und da muss dringend etwas verändert werden,
damit Menschen nicht so viel Angst vor Pflegebedürftigkeit haben.“ Dass evangelische
und katholische Repräsentanten unisono Kuschs Handeln verurteilen, sei ein wichtiger
Schritt für das christliche Miteinander in Deutschland: „Ich denke, das ist
ökumenisch wirklich ein Schulterschluss, das ist gar keine Frage. Wir sind in vielen
Dingen viel einiger, ich denke immer, es verbindet mehr als uns trennt.“ (dr
10.07.2008 bp)