Die Visa-Problematik
für Kirchenleute in Russland bleibt dramatisch. Die Behörden legen ein neues Visa-Gesetz,
das seit Oktober letzten Jahres in Kraft ist, im Fall katholischer Priester und Ordensleute
besonders streng aus, und das bringt die Gemeinden dort in arge Bedrängnis, hat uns
jüngst Bischof Clemens Pickel von Saratow in Südrussland berichtet.
„Russland
zieht nach - so wie Europa Jahresvisa vergibt, die Person aber nur 90 Tage bleiben
kann oder zweimal 90 Tage, so ist es nun auch bei uns. In fünf Tagen habe ich drei
Anrufe von Priestern bekommen, die das Land verlassen müssen – plötzlich, für drei
Monate. Das ist überraschend, weil die Priester noch normale Jahresvisa für 365 Tage
haben. Aber die örtlichen Behörden halten das neue Gesetz schon für in Kraft, auch
für die eigentlich noch gültigen Visa, und so kommt es, dass einer nach dem anderen
das Bistum verlassen muss. Und ich muss sehen, was ich mit den Pfarreien mache. Ich
habe keine Nachbarpfarreien, die das mitbetreuen können. Wir haben dreihundert, vierhundert,
fünfhundert Kilometer zwischen den einzelnen Pfarrgemeinden, so dass die Gemeinden
jetzt ziemlich in der Sonne stehen…“
Von der restriktiven Visa-Regelung
nicht betroffen sind naturgemäß russische katholische Priester. Freilich gibt es davon
nicht allzu viele. Bischof Pickel:
„Ich habe vier. Wir sind 48 Priester
im Bistum, davon sind vier Russen und 44 Ausländer. Von den Ausländern haben fünf
die Aufenthaltsgenehmigung für immer. Aber knapp 40 sind auf Jahresvisa angewiesen,
und das funktioniert zur Zeit sehr schlecht. Theoretisch könnte man sagen, die können
sich doch über irgendwelche Kanäle eine Aufenthaltsgenehmigung besorgen. Aber in
Russland ist das verbunden mit so genannten Quoten. Am Jahresanfang wird für jedes
Gebiet eine Quote herausgegeben, dann dürfen z.B. 500 Ausländer aufgenommen werden.
Aber die sind gegliedert in Computerleute, Mediziner, Bauarbeiter. Und Kirche ist
da nicht drin! Das heißt für die Behörden, Kirche gehört nicht rein, es ist außerdem
nicht unsere Kirche, denn die katholische Kirche wird als fremde Kirche empfunden.
Deshalb haben wir zur Zeit wirklich ein ernsthaftes Problem.“
Ein Dauerbrenner
ist in Russland das konfliktreiche Verhältnis zur orthodoxen Kirche. Auch wenn Bischof
Pickel hier von Anzeichen einer Entspannung berichtet.
„Ein großes Problem
war es vor sechs Jahren, als der Papst die Diözesen eingerichtet hat – also die Apostolischen
Administraturen umbenannt hat, denn in der Praxis war es nichts weiter als eine Umbenennung.
Damals gab es viele Schwierigkeiten und später dann Funkstille, was aber schon ein
positives Zeichen war. Inzwischen gibt es Dialog auf verschiedenen Ebenen, ich habe
gehört, wie etwa in Sankt Petersburg schon verschiedene Sachen laufen. Bei uns im
Süden Russlands haben wir mehr Provinz, das heißt, manche Sachen im ökumenischen Bereich
sind noch nicht durchgedrungen zu uns. Aber es scheint tatsächlich auf einem guten
Weg zu sein.“ (rv 03.07.2008 gs)