Beim Europäischen
Patentamt (EPA) in München steht eine Grundsatzentscheidung zur Patentierbarkeit menschlicher
embryonaler Stammzellen an. Am Dienstag und Mittwoch findet vor der Großen Beschwerdekammer
des EPA eine Anhörung zu einem bisher nicht genehmigten Patent der US-Firma „Wisconsin
Alumni Research Foundation“ statt. Kritiker erwarten, dass der Ausgang des Musterprozesses
für alle weiteren anhängigen Fälle verbindlich sein wird. Dabei geht es nach den Angaben
um rund 100 weitere Patentanmeldungen. Der Mainzer Moraltheologe Johannes Reiter
bezeichnete es als problematisch, dass das EPA ethische Grundsatzentscheidungen von
dieser Tragweite fällen könne. Die katholische Kirche habe nichts gegen Patente, außer
sie berühren die Würde des Menschen. Johannes Reiter:
„Die Entscheidung
des Europäischen Patentamtes über das Stammzellpatent ist insofern eine Grundsatz-
und Richtungsentscheidung, als sie erkennen lässt, wie die Gesellschaft künftig mit
Leben und insbesondere mit menschlichem Leben umgehen wird. Auch wird ersichtlich,
welchen Schutz und welche Würde sie dem Leben zuerkennt. Die Menschenwürde und vor
allem ihre Verletzung sind der Prüfstein des Fortschritts.“
Derzeit werden
110 Patentanmeldungen in der Stammzellenforschung geprüft, für 68 weitere Patente
ist eine Prüfung beantragt.
„In der Patentierung embryonaler menschlicher
Stammzellen sehe ich einen klaren Verstoß gegen die Menschenwürde und zwar aus zwei
Gründen: Erstens wird die Menschenwürde getroffen durch das Gewinnungsverfahren der
Stammzellen, da Embryonen hierfür getötet werden müssen. Zweitens wird mit der Patentierung
von embryonalen Stammzellen die Menschenwürde getroffen, insofern der menschliche
Körper bzw. Teile davon zu einer bloßen Sache und zu einem Verfügungsgut und Gegenstand
kommerziellen Gewinnstreben werden.“
Die katholische Kirche hat hierzu
eine klare Meinung, hält der Moraltheologe fest.
„Leben als solches gehört
allen und kann nicht patentiert werden. Auch der menschliche Körper ist keine patentierbare
Erfindung. Er verdankt sich den Eltern und letztlich dem Schöpfergott, ohne den es
kein Leben geben kann. Das sieht übrigens auch das Patentrecht so. Denn das Patentrecht
schließt ebenso Verfahren aus, die gegen die so genannten Guten Sitten verstoßen und
rechnet dazu das Klonen von menschlichen Lebewesen und Eingriffe in die menschliche
Würde. Meiner Meinung nach müsste auch die Patentierung embryonaler Stammzellen unter
das Patentierungsverbot fallen.“
Bei der Entscheidung des Münchner Patentamtes
geht es um ein Patent, das der US-Forscher James Thomson bereits im Januar 1995 beantragt
hatte. Bislang war er damit gescheitert. Die Große Beschwerdekammer des EPA ist die
letzte Instanz. Ihr Spruch kann vor keinem anderen Gericht angefochten werden.