UNO: Bischöfe aus G-8-Ländern schreiben an Regierungschefs
Die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der G8-Staaten appellieren an ihre Regierungschefs,
sich stärker für die Reduzierung der weltweiten Armut und für die Bewältigung des
globalen Klimawandels zu engagieren. In einem gemeinsamen Brief an die Teilnehmer
des G-8-Gipfels vom 7. bis 9. Juli in Tōyako (Japan) fordern die Bischöfe dazu auf,
die in Gleneagles 2005 und Heiligendamm 2007 eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten.
Weitergehende Zusagen im Hinblick auf medizinische Versorgung, Bildung und humanitäre
Hilfe seien erforderlich.
Menschliches Leben zu schützen und die Menschenwürde
zu achten, sei „eine religiöse und moralische Verpflichtung“. Ausdrücklich begrüßen
die Bischöfe, dass das Thema Entwicklung und Afrika im Mittelpunkt der Beratungen
des Gipfels stehen. Zugleich rufen sie dazu auf, konkrete Vorschläge zu erarbeiten,
wie die Folgen der weltweiten Nahrungsmittelkrise gemildert und medizinische Versorgung
und Bildung verbessert werden können. Darüber hinaus bedürfe es einer gerechten Welthandelspolitik,
die menschenwürdige Arbeitsbedingungen gewährleistet. Grundlage eines nachhaltigen
Entwicklungserfolgs seien „Hilfe zur Selbsthilfe“ und „Partizipation der Armen im
wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bereich“. Eindringlich
warnen die Bischöfe vor den Folgen des weltweiten Klimawandels vor allem für die Armen.
Sie seien von den negativen Folgen wie möglichen Konflikten, steigenden Energiekosten
und Gesundheitsproblemen besonders stark betroffen, obwohl sie am wenigsten zum Klimawandel
beitragen. Die Folgekosten des Klimawandels dürften die Armen nicht unverhältnismäßig
belasten, sondern müssten von den reichen Bevölkerungsgruppen und Nationen getragen
werden, deren hohe Emissionen ihrem eigenen Wachstum zugute gekommen sind. Arme Bevölkerungsgruppen
und Nationen müssten außerdem „bei der Anpassung an die Folgen des globalen Klimawandels
und bei der Einführung entwicklungsförderlicher und gleichzeitig klimaverträglicher
Technologien unterstützt werden“.
Bereits zum G-8-Gipfel in Heiligendamm hatten
sich mehrere Bischofskonferenzen in einem gemeinsamen Brief an die Staats- und Regierungschefs
gewandt. In diesem Jahr finden sich erstmals alle Bischofskonferenzen aus dem G-8-Bereich
– nämlich Deutschland, England und Wales, Schottland, Frankreich, Italien, Japan,
Kanada, die Russische Föderation sowie die USA – zu einer gemeinsamen Initiative zusammen.
(rv
19.06.2008 mc)
Der Brief im Wortlaut:
Gemeinsamer Brief der Bischofskonferenzen
an die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten 18. Juni 2008
Frau Bundeskanzlerin
Angela Merkel, Bundesrepublik Deutschland Herrn Premierminister Stephen Joseph
Harper, Kanada Herrn Präsident Nicolas Sarkozy, Französische Republik Herrn
Präsident Dmitry Anatolyevich Medvedev, Russische Föderation Herrn Ministerpräsident
Silvio Berlusconi, Italienische Republik Herrn Premierminister Gordon Brown, Vereinigtes
Königreich Großbritannien und Nordirland Herrn Premierminister Yasuo Fukuda, Japan Herrn
Präsident George W. Bush, Vereinigte Staaten von Amerika
Exzellenzen!
Verehrte
Teilnehmer des G-8-Gipfels,
anlässlich des bevorstehenden G-8-Gipfels in Japan
wenden wir uns im Namen der katholischen Bischofskonferenzen an Sie, die Staats- und
Regierungschefs unserer Nationen, und appellieren an Sie, sich noch stärker für die
Reduzierung der weltweiten Armut und die Probleme des globalen Klimawandels zu engagieren.
Der
Heilige Vater, Papst Benedikt XVI., sagte im April bei seiner Ansprache vor der Vollversammlung
der der Vereinten Nationen: „Tatsächlich erfordern die Sicherheitsfragen, die Entwicklungsziele,
die Verringerung der lokalen und globalen Ungleichheiten, der Schutz der Umwelt, der
Ressourcen und des Klimas, dass alle international Verantwortlichen gemeinsam handeln
und bereit sind, in gutem Glauben zu arbeiten, in Achtung vor dem Gesetz, um die Solidarität
mit den schwächsten Regionen des Planeten zu fördern. Ich denke in besonderer Weise
an bestimmte Länder Afrikas und anderer Erdteile, die noch immer am Rande einer echten,
vollständigen Entwicklung bleiben und daher Gefahr laufen, nur von den negativen Folgen
der Globalisierung getroffen zu werden.“
Wir haben eine religiöse und moralische
Verpflichtung, menschliches Leben zu schützen und die Menschenwürde zu achten. Unsere
besondere Sorge gilt daher den ärmsten und schutzbedürftigsten Gliedern der Menschheitsfamilie,
zumal in den Entwicklungsländern. Aufgrund ihrer Erfahrung im Dienste für die Armen
begrüßt die katholische Kirche Ihr Vorhaben, das Thema Entwicklung sowie den afrikanischen
Kontinent in die Mitte Ihrer Beratungen zu stellen.
Es ist von entscheidender
Bedeutung, dass Sie zu den weit reichenden, in Gleneagles 2005 und Heiligendamm 2007
eingegangenen Verpflichtungen stehen und weiter gehende Zusagen machen. Im Jahr 2005
versprachen die reichsten Länder der Welt, bis zum Jahr 2010 weitere 50 Milliarden
Dollar jährlich an Entwicklungshilfe zu leisten, die Hälfte davon für Afrika. Dieses
Versprechen muss eingehalten werden. Weitere Zusagen im Hinblick auf die medizinische
Versorgung, Bildung und humanitäre Hilfe sind notwendig. Der UN-Gipfel im September
2008, bei dem die Millenniumsentwicklungsziele auf der Tagesordnung stehen, bietet
eine einmalige Gelegenheit, die internationale Staatengemeinschaft noch stärker zu
mobilisieren.
Die globale Nahrungsmittelkrise, welche die armen Länder unverhältnismäßig
stark erschüttert, und die furchtbaren Geißeln HIV/AIDS, Malaria und andere Krankheiten
machen ein gemeinsames Vorgehen noch dringlicher. Wir bitten Sie nachdrücklich, konkrete
Vorschläge zu erarbeiten, wie die Folgen der weltweiten Nahrungsmittelkrise für die
armen Länder gemildert und die medizinische Versorgung und Bildung verbessert werden
können. Darüber hinaus bedarf es einer gerechten Welthandelspolitik, die menschenwürdige
Arbeitsbedingungen gewährleistet. Damit der Erfolg dieser Bemühungen nachhaltig ist,
müssen die Armen Träger ihrer eigenen Entwicklung sein. „Hilfe zur Selbsthilfe“ und
Partizipation der Armen im wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen
Bereich sind wesentliche Grundlagen der Entwicklung.
Wieder steht der weltweite
Klimawandel auf der Agenda des Gipfels, ein Thema, das für uns Gläubige von besonderem
Interesse ist, wissen wir uns doch zum Schutz der Schöpfung Gottes verpflichtet.
Als katholische Bischöfe sorgen wir uns besonders um die Folgen des Klimawandels für
die Armen. Sie haben den geringsten Anteil an den menschlichen Aktivitäten, die den
weltweiten Klimawandel verstärken. Doch ist davon auszugehen, dass sie unverhältnismäßig
stark unter dessen negativen Folgen zu leiden haben, wie mögliche Konflikte, steigende
Energiekosten und Gesundheitsprobleme. Dies gilt für unsere eigenen Länder genauso
wie für Afrika und die Entwicklungsländer in anderen Teilen der Welt. Die Kosten der
Maßnahmen zur Vermeidung der negativen Folgen des Klimawandels und der Anpassung an
die geänderten Bedingungen sollten die Armen nicht ungebührlich belasten, sondern
von den reichen Bevölkerungsgruppen und Nationen getragen werden, deren hohe Emissionen
ihrem eigenen Wachstum zugute gekommen sind. Mit geeigneten Mechanismen sollten die
armen Bevölkerungsgruppen und Nationen bei der Anpassung an die Folgen des globalen
Klimawandels und bei der Einführung entwicklungsförderlicher und gleichzeitig klimaverträglicher
Technologien unterstützt werden.
Beim G-8-Gipfel werden Sie viele Themen behandeln,
die für das Leben und die Würde des Menschen von höchster Bedeutung sind. Möge Ihr
Treffen vom Geist der Zusammenarbeit geleitet sein und konkrete Maßnahmen zur Reduzierung
der Armut und Milderung der Probleme des Klimawandels erbringen, die dem universalen
Gemeinwohl dienen. Dafür beten wir.
Hochachtungsvoll
Erzbischof
Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Kardinal
André Vingt-Trois, Erzbischof von Paris Vorsitzender der Bischofskonferenz von
Frankreich
Kardinal Angelo Bagnasco, Erzbischof von Genua Vorsitzender der
Bischofskonferenz von Italien
Erzbischof Peter Takeo Okada, Erzbischof von
Tokio Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz von Japan
Erzbischof
James Vernon Weisgerber, Erzbischof von Winnipeg Vorsitzender der Kanadischen Konferenz
der katholischen Bischöfe
Kardinal Keith Patrick O’Brien, Erzbischof von Edinburgh
und St. Andrews Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz von Schottland
Bischof
Joseph Werth, Bischof der Diözese der Verklärung in Nowosibirsk Vorsitzender der
Katholischen Bischofskonferenz der Russischen Föderation
Kardinal Cormac Murphy-O'Connor,
Erzbischof von Westminster Vorsitzender der Bischofskonferenz von England und Wales
Kardinal
Francis George, Erzbischof von Chicago Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz
der Vereinigten Staaten